Idealismus - Fichte, Schelling, Schopenhauer
J. G. FICHTE begründet einen subjektiven oder »ethischen« Idealismus, dem zufolge die Außenwelt nur ein im und durch das Ich Gesetztes, ein Produkt geistiger Tätigkeit ist. Zugleich ist die Welt das »versinnlichte Material unserer Pflicht«, das Objekt des sittlichen Handelns. Kein Objekt ohne Subjekt. Es gibt kein Ding an sich (Gr. d. g. Wiss. S. 131). Sein ist Vom-Ich-gesetzt-sein (l.c. S. 137). Nur eines »Anstoßes« bedarf das Subjekt zu seiner (sonst rein immanenten, Form und Stoff der Erfahrung produzierenden) Erzeugung und Gestaltung der Außenwelt (l.c. S. 266). Die Idealität von Zeit und Raum wird aus der Idealität der Objekte erwiesen, nicht umgekehrt wie bei Kant (l.c. S. 135). Aber der Idealismus »kann nie Denkart sein, sondern er ist nur Spekulation. Wenn es zum Handeln kommt, drängt sich der Realismus uns allen und selbst dem entschiedensten Idealisten auf« (Philos. Journ. 5. Bd., H. 4, S. 322). Nach SCHELLING gibt es keine andere Realität als die des Ich (Syst. d. tr. Ideal. S. 63). Der transzendentale Idealist behauptet, das Ich empfinde »unmittelbar nur sich selbst, seine eigene aufgehobene Tätigkeit. Er unterläßt nicht zu erklären, warum es dessenunerachtet notwendig sei, daß wir jene nur durch die ideelle Tätigkeit gesetzte Beschränktheit als etwas dem Ich völlig Fremdes anschauen« (l.c. S. 115). Die Außenwelt ist das Produkt unbewußter Produktionen des Ich. Später wandelt Schelling seine Anschauung in die des objektiven Idealismus um. Einen Ideal-Realismus, nach welchem die Außendinge Erscheinungen von »Realen« (s. d.) sind, lehrt HERBART, in anderer Form tritt der gemäßigte Idealismus auf bei SCHLEIERMACHER, J. H. FICHTE ULRICI, A. LANGE, LOTZE, FECHNER, WUNDT, RIEHL u. a. Den Vorstellungscharakter und die subjektive Bedingtheit der Außenwelt als solchen betont SCHOPENHAUER. Die Welt ist unsere Vorstellung, ist nur als Vorstellung da, d.h. »durchweg nur in Beziehung auf ein anderes, das Vorstellende« (W. a. W. u. V. I. Bd., § 1). »Ein Objekt an sich - ist ein erträumtes Unding« (ib.). »Kein Objekt ohne Subjekt« (l.c. § 7). »Die ganze Welt der Objekte ist und bleibt Vorstellung, und eben deswegen durchaus und in alle Welt durch das Subjekt bedingt: d.h. sie hat transzedentale Idealität« (l.c. § 5). »Demnach drängt sich von selbst die Annahme auf, daß die Welt, so wie wir sie erkennen, auch nur für unsere Erkenntnis da ist, mithin in der Vorstellung allein, und nicht noch einmal außer derselben« (l.c. II. Bd., C. 1). Die Maya unserer Erkenntnisfunktionen verbirgt uns das wahre Sein, welches Wille (s. d.) ist. Aber »bei aller transzendentalen Idealität behält die objektive Welt empirische Realität: das Objekt ist zwar nicht Ding an sich, aber es ist als empirisches Objekt real. Zwar ist der Raum nur in meinem Kopf; aber empirisch ist mein Kopf im Raum« (l.c. II. Bd., C. 2). O. LIEBMANN erklärt: wir können nicht wissen, ob das percipi die einzig mögliche Art der Existenz überhaupt sei (Analys. d. Wirkl.2, S. 29). Einen dem Fichteschen verwandten Idealismus lehren, in verschiedener Weise, BERGMANN und EUCKEN. H. COHEN faßt den Idealismus kritizistisch auf, aber nicht im Sinne des Bewußtseinsmonismus, sondern im »geschichtlichen« Sinne (Log. S. 507). Während der Psychologismus (s. d.) vom Bewußtsein ausgeht, geht der Idealismus »von den sachlichen Werten der Wissenschaft, den reinen Erkenntnissen aus« (l.c. S. 510). So ist er der »wahrhafte Realismus« (l.c. S. 511). Solch einen »methodischen« Idealismus vertreten auch NATORP (Platos Ideenlehre S. 150, 158 f.), K. VORLÄNDER u. a. - Nach HUSSERL ist der Idealismus »die Form der Erkenntnistheorie, welche das Ideale als Bedingung der Möglichkeit objektiver Erkenntnis überhaupt anerkennt und nicht psychologistisch wegdeutet« (Log. Unt. II, 108). Eine idealistische Erkenntnistheorie lehren HAMILTON, A. BAIN, HODGSON, FERRIER, MANSEL, BRADLEY u. a. So auch die »Immanenzphilosophen« (s. d.): SCHUPPE (Idealismus- »naiver Realismus«, s. d.), REHMKE, LECLAIR, KAUFFMANN, SCHUBERTSOLDERN u. a., für die alles Sein im Bewußt-Sein besteht, wobei meist ein allgemeines, überindividuelles »Bewußtsein überhaupt« als Subjekt der Außenwelt angenommen wird. Empiristisch ist der Idealismus bei J. ST. MILL, TAINE, E. LAAS (s. Positivismus), NIETZSCHE, auch (als erkenntnistheoretischer Monismus, der keine Dualität von Innen- und Außenwelt kennt) bei R. AVENARIUS, E. MACH, H. CORNELIUS (mehr Kant sich annähernd). Vgl. WILLMANN, Gesch. d. Idealism. I - III. - Vgl. Realismus, Ideal-Realismus, Monismus, Objekt, Subjekt, Sein, Raum, Zeit, Qualität, Solipsismus, Sittlichkeit.