Erfahrung - Empirismus
Der Empirismus betont in verschiedener Weise die Erfahrung als Quelle wahren Wissens. J. ST. MILL leitet aus Erfahrung und Induktion (s. d.) alle Erkenntnis ab. COMTE lehrt einen Positivismus (s. d.), der alle metaphysischen Zutaten der Phantasie abstreifen will. LEWES bestimmt: »Experience is the registration of feelings and the relations of their correlative objekts« (Probl. of Life and Mind I, 100). Nach E. DÜHRING ist Erfahrung die »unmittelbare Erprobung des tatsächlichen Verhaltens« (Log. S. 84). Auf sinnliche und innere Erfahrung führt CZOLBE alle Erkenntnis zurück (Gr. u. Urspr. d. m. Erk. S. 5). Ähnlich auch ÜBERWEG, C. GÖRING. Nach LIPPS ist Erfahrung »Bewußtsein von etwas« (Gr. d. Log. S. 3). Reine Erfahrung, mit Elimination aller »Zutaten« des Denkens, gilt als wissenschaftliches Ideal bei einer Reihe von Denkern, die an HUME erinnern. So bei R. AVENARIUS. In der »ursprünglichen« Erfahrung liegt »das, was wirklich durch den Gegenstand inhaltlich gegeben ist., und alles das, was etwa das erfahrende Individuum in den Gegenstand hineingedacht haben möchte, völlig ungeschieden zusammen« (Phil. als Denk. S. 27). Die »Zusätze« des Denkens sind zu »eliminieren« (l.c. S. 40). »Reine« Erfahrung ist ein »Ausgesagtes«, »welches in allen seinen Komponenten rein nur Bestandteile unserer Umgebung zur Voraussetzung hat« (»Synthetischer« Begriff der reinen Erfahrung). Sie ist die Erfahrung, »welcher nichts beigemischt ist, was nicht selbst wieder Erfahrung wäre, welche mithin in sich selbst nichts anderes als Erfahrung ist« (»Analytischer« Begriff der Erfahrung, Krit. d. r. Erfahr. I, S. 4 f.). Im weiteren Sinne ist reine Erfahrung jeder Inhalt einer »Aussage«, jeder »E-Wert« (s. d.), im engeren ein als »ein Sachhaftes« bezeichneter Wert (l.c. II, 363 f.). Jede Erfahrung enthält als »Vorgefundenes« ein ( erfahrendes) »Zentralglied« und ein »Gegenglied« der »Umgebung« sowie die »Aussagen« des ersteren über das letztere (l.c. I, 13; Weltbegr. S. 9). Die Erfahrung wird verfälscht durch die (zu eliminierende) »Introjektion« (s. d.). Der »natürliche Weltbegriff« (s. d.) ist zu restituieren. Ähnlich lehren CARSTANJEN, J. PETZOLD, R. WILLY. Reine Erfahrung ist auch das Ideal von E. MACH; ökonomisch geordnete Erfahrungen bilden die Erkenntnis. Ähnlich lehrt auch H. CORNELIUS; nach ihm besteht das Wissen »in der Zusammenfassung unserer bisherigen Erfahrungen und der darauf gegründeten Erwartungen für die Zukunft«. Alle weiteren Elemente sind »dogmatisch.« (s. d.) (Einl. in d Philos. S. 256). Die Theorie, welche in der »äußeren« Erfahrung der Sinne eine unmittelbare Erfahrung von Physischem sieht, ist zurückzuweisen; denn unsere sinnlichen Erlebnisse als solche sind nicht, wie das Physische, unabhängig von uns, stehen auf gleicher Stufe mit den Erlebnissen der »inneren« Erfahrung (l.c. S. 179). OSTWALD bestimmt als das Wesentliche der Erfahrung die Fähigkeit, durch die Voraussicht einer näheren oder ferneren Zukunft zweckmäßig zu handeln, wozu wir durch Vergleichen gelangen (Vorles. üb. Naturphil.2, S. 16 f.). Vgl. Empirismus, Erkenntnis, Erfahrungsurteile, Wahrnehmung, Induktion.