Kontemplation

Kontemplation: Betrachtung, Schauen, Beschaulichkeit, ruhiges geistiges Anschauen des Übersinnlichen, des Geistigen, Göttlichen in der Seele und im All, besonders als Mittel mystischer Erkenntnis (Buddhismus, christiche Mystik). SENECA spricht von der »contemplatio veri« als einem Teile der Tugend. PLOTIN lehrt, es gäbe im Zustande der Ekstase (s. d.) ein Schauen (opsis) des göttlichen Einen (Enn. VI, 9, 3), zu dem man sich nur durch Abkehr vom Sinnlichen erheben kann. So auch die Mystiker. Nach BERNHARD VON CLAIRVAUX ist die »contemplatio« »verus certusque intuitus animi de quacunque re, sive apprehensio rei non dubia« (De consid. II, 2). Nach RICHARD VON ST. VICTOR gibt es sechs Stufen der Kontemplation, deren höchste eine »alienatio mentis« (Verzückung) ist (De cont. V, 2; ähnlich BONAVENTURA). »Contemplationem dicimus, quando veritatem sine aliquo involucro umbrarumque vel animi in sua puritate videmus« (l.c. V, 14). Nach BOVILLUS entsteht die Kontemplation, »quamdiu reservatas in memoria species speculatur intellectus repraesentante atque offerente eas illi memoria« (De intell. 7, 7). Ähnlich lehrt LOCKE, eine Kontemplation finde statt, wenn die Vorstellung eine Zeitlang wirklich gegenwärtig behalten werde (Ess. II, ch. 10, § 1). Nach SCHOPENHAUER verhält sich der Mensch in der Anschauung des Schönen »rein kontemplativ« (W. a W. u. V. I. Bd., § 39, vgl. Ästhetik). - Die Unterscheidung einer »notitia contemplativa« und »n. practiva« schon bei ALBERTUS MAGNUS (Sum. th. I, 35, 2), einer »philosophia contemplativa« und »ph. activa« schon bei SENECA (Ep. 95, 10). Das kontemplative Leben wird besonders von PLATO ARISTOTELES, PLOTIN, SPINOZA, SCHOPENHAUER hoch gewertet. Vgl. Anschauung (intellektuelle), Intuition.


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