Gemüt ist der Inbegriff, die Einheit von Gefühlsdispositionen, die Fähigkeit, gefühlsmäßig erregt zu werden. Das Gemüt ist die fühlende Seele im Unterschied von der Intelligenz, dem denkenden Bewußtsein.
Ursprünglich hat Gemüt die Bedeutung der Innerlichkeit der Seele, die mit dem Fühlen zusammenhängt. ECKHART: »Ein Kraft ist in der Seele, die heißet das Gemuete, die hat Got geschaffen mit der Seele Wesen, die ist ein Ufenhalt geistlicher Forme und vernünftiger Bilde« (bei EUCKEN, Terminol. S. 211). J. BÖHME sagt: »Er (der Geist) hüllet und schauet den Glanz im Gemüte, welcher ist der Seele Wagen, darauf sie fährt in dem ersten Principio« (Von den drei Prinzip. IV, 17). KANT nennt das Bewußtsein (Bewußtseinsvermögen) auch »Gemüt«. »Im Gemüt a priori liegen« (Kr. d. r. Vern. S. 49); »die Art, wie das Gemüt durch eigene Tätigkeit affiziert wird« u.s.w. KRUG bemerkt schon: »Intelligenz (mens, nous) bezieht sich eigentlich mehr auf das Theoretische, Gemüt (animus, thymos) mehr auf das Praktische im Menschen« (Fundam. S. 145). BOUTERWEK versteht unter Gemüt den »innersten Sinn« (Apodikt. I, 274). ESCHENMAYER erklärt: »Das Gemüt ist das Vermögen der Neigungen und Eigenschaften. Was wir Dankbarkeit, Achtung, Liebe, Wohlwollen, Großmut u. s. u. nennen, das erzeugt und bildet sich nur im Gemüte.« Dieses gehört zur »Willensseite« der Seele und ist eines der wichtigsten Vermögen im Menschen (Psychol. S. 88). J. E. ERDMANN nennt Gemüt die Resultante der verschiedenen Neigungen (Psychol. Briefe S. 359). TROXLER: »Die Einheit von Geist und Herz bezeichnen wir mit dem Namen Gemüt« (Naturlehre d. menschl. Erk. 1828, S. 2`Z). HILLEBRAND nennt Gemüt »die innerste Sammlung aller individuellen Beziehungen in dem unmittelbaren Bewußtsein der Selbstindividualität« (Philos. d. Geist. I, 192). Nach E. REINHOLD bedeutet »Gemüt« »die Sphäre oder Fähigkeit der intellektuellen, der den Charakter der menschlichen Intelligenz kundgebenden Empfindungen oder Gefühle« (Lehrb. d. philos. propäd. Psychol. S. 222 ff.). Nach J. H. FICHTE ist das Gemüt das »stete, bleibende, 'Sich-fühlen' des Subjekts in der Gesamtheit seiner besonderen Gefühle und Stimmungen« (Psychol. II, 149). HERBART versteht unter Gemüt die Seele, »sofern sie fühlt und begehrt« (Lehrb. z. Psychol.3, S. 29). Es hat seinen Sitz im Geiste, d.h. Fühlen und Begehren sind zunächst »Zustände der Vorstellungen« (ib.). WAITZ versteht unter Gemüt den »Inbegriff derjenigen psychischen Vorgänge, die dem Innern des Subjektes als solchem angehören und nicht über dasselbe hinausreichen« (Lehrb. d. Psychol. S. 273). TÖNNIES bestimmt das Gemüt als »Mut, als Wille zur freundlichen oder feindseligen Betätigung« von Gesinnung (Gem. u. Gesellsch. S. 119). REHMKE nennt Gemüt »die teils im Bewußtseinsindividuum, teils in dessen Leibe gegebene besondere Bedingung für das Auftreten bestimmter Gemütszustände des Bewußtseinsindividuums, d. i. bestimmter ›Gefühle‹ und Stimmungen« (Zur Lehre vom Gemüt S. 121). Gemütszustand ist »die augenblickliche Beschaffenheit, die sich als das einheitliche Zusammen von einem besondern Gefühl und verschiedenem besonderen Gegenständlichen darstellt« (l.c. S. 113). Nach JODL ist das Gemüt »die Gesamtheit des von dem Vorstellen und Denken abhängigen Eisbeins« (Lehrb. d. Psychol. S. 641). Vgl. Herz.