Erlangte Einsicht


So sehr Winckelmann überhaupt auf ein gewisses Ansehn vor der Welt achtete, so sehr er sich einen literarischen Ruhm wünschte, so gut er seine Werke auszustatten und sie durch einen gewissen feierlichen Stil zu erheben suchte, so war er doch keinesweges blind gegen ihre Mängel, die er vielmehr auf das schnellste bemerkte, wie sich's bei seiner fortschreitenden, immer neue Gegenstände fassenden und bearbeitenden Natur notwendig ereignen mußte. Je mehr er nun in irgendeinem Aufsatze dogmatisch und didaktisch zu Werke gegangen war, diese oder jene Erklärung eines Monuments, diese oder jene Auslegung und Anwendung einer Stelle behauptet und festgesetzt hatte, desto auffallender war ihm der Irrtum, sobald er durch neue Data sich davon überzeugt hielt, desto schneller war er geneigt, ihn auf irgendeine Weise zu verbessern.

Hatte er das Manuskript noch in der Hand, so ward es umgeschrieben; war es zum Druck abgesendet, so wurden Verbesserungen und Nachträge hinterdrein geschickt, und von allen diesen Reuschritten machte er seinen Freunden kein Geheimnis: denn auf Wahrheit, Geradheit, Derbheit und Redlichkeit stand sein ganzes Wesen gegründet.

 


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