Ein besonderes Vermögen ist das Bewußtsein nach TH. REID und DUGALD STEWART. Nach MAASS ist das Bewußtsein jederzeit von der Vorstellung, deren wir uns bewußt sind, verschieden. LOTZE erklärt das Bewußtsein als »jenes einfache transitive Wissen, welches alle Vorstellungen, Gefühle und Bestrebungen dergestalt durchdringt, daß von ihnen allen ohne dieses Gewußtwerden gar nicht die Rede sein könnte« (Kl. Schr. II, 124). FROHSCHAMMER nennt das Bewußtsein »Empfindung der Empfindung und ihrer Arten«, »das innere Licht oder Leuchten, in welches und durch welches wir in Anschauungen (Sinneswahrnehmungen), Vorstellungen und Begriffen das Obiektive, Gegenständliche, das andere uns Gegenüberstehende innerlich nachbilden« (Monad. u. Weltph. S. 39 f.). Es ist der »Zustand der Seele, welcher beharrt, gleichsam stillsteht im wechselnden Strom der Vorstellungen, Gefühle und Willensstrebungen« (Die Phant. S.163). SCHELLING nimmt vor dem Bewußtsein eine Tätigkeit an, »die nicht mehr selbst, sondern nur durch ihr Resultat in das Bewußtsein kommt« und die nichts anderes ist als »die Arbeit des Zu-sich-selbst-kommens, des Sich-bewußt-werdens selbst« (WW. I, 10, S. 93). Nach HEINROTH ist das Bewußtsein »die fortwährende Bestrahlung des Selbst von Lichte« (Psychol. S. 28). Das Ich erzeugt nicht das Bewußtsein, ist schon an dieses gebunden (l.c. S. 29 ff.). Nach FORTLAGE ist das Bewußtsein eine zum Vorstellungsinhalt ganz neu hinzukommende Eigenschaft oder Form (Syst. d. Psych. I, 54, 58 ff., 386; II, 1). Es geht aus einer »Triebhemmung« hervor (l.c. I, 62, 53, 81, 108). J. H. FICHTE bestimmt das eigentliche Geschehen als unbewußt. Das Bewußtsein ist nur eine Eigenschaft, ein Zustand des Geistes, keine ursprüngliche Tätigkeit, es geht aus dem Triebe hervor (Psychol. I, 152 f., 157, 162, II, 39; I, 81 ff., 170, I, 97, 200). Es gibt noch ein zweites, übersinnliches, transzendentales Bewußtsein (I, 97 ff., 533, II, 52). STEINTHAL betrachtet das Bewußtsein als »eine zur Vorstellungstätigkeit der Seele oder zu den gebildeten Vorstellungen hinzutretende Energie der Seele« (Einl. in d. Sprachw. S. 132). E. v. HARTMANN erblickt im Bewußtsein gleichfalls einen sekundären Zustand, eine »Erscheinung des Unbewußten« »das Individualbewußtsein ist nach Form und Inhalt unproduktiv, rein rezeptiv und bloß ein passives Produkt, Begleiterscheinung oder Nebenerfolg unbewußter Vorgänge« (Die mod. Psych. S. 122). Als Bewußtheit hat das Bewußtsein keine Grade (l.c. S. 75 f.). Metaphysisch ist es »die Stupefaction des Willens über die von ihm nicht gewollte und doch empfindlich vorhandene Existenz der Vorstellung« (Phil. d. Unb.3, S. 404). L. NOIRÉ meint: »Das Bewußtwerden geht aus dem Schmerze, aus der Hemmung der Willenstätigkeit hervor« (Einl. u. Begr. e. mon. Erk. S. 195, 198). Daß das Bewußtsein kein ursprünglicher Zustand, sondern Produkt einer Tätigkeit der Seele sei, betont auch ULRICI (Leib u. Seele 318, 323 f.). - Secundären Charakter hat das Bewußtsein als »Epiphänomenon« bei HUXLEY, MAUDSLEY (Physiol. of mind2, 1876, C. 4), LEWES (The physical basis of mind 1877, C. 4), SERGI, RICHET, DESPINE (vgl. dagegen: FOUILLÉE, L'évol. des idées-forces p. 158 ff.), RIBOT, der es als »surajouté«, als Begleiterscheinung eines Nervenprocesses (Les mal. de la volonté p. 8; vgl. Mal. de la personnal. u. Psychol. Angl.2, p. 423), bestimmt, bei den Vertretern des psychophysischen Materialismus (s. d.), in anderem Sinne auch bei LIPPS (Grundt. d. Seel. S. 30, 356). Auch NIETZSCHE bemerkt: »Das Nervensystem hat ein viel ausgedehnteres Reich: die Bewußtseinswelt ist hinzugefügt« (WW. XV, 263). Das Bewußtsein ist nichts Aktives, Schöpferisches, nur ein Mittel zur Lebenssteigerung, ein Überschuß, ein Produkt des »Willens zur Macht« (WW. XV, 263, 266, 314 f., V, 292). (Dies erinnert an SCHOPENHAUER, für den alles Bewußtsein ein Erzeugnis des »Willens zum Leben« ist.) RIEHL: »Unser bewußtes Leben ist nur ein kleiner Ausschnitt unseres Lebens« (Zur Einf. in d. Phil. S. 160). »Nicht irgend einer einzelnen Energieform... entspricht das Bewußtsein; sein obectives Gegenstück ist eine Struktur, der Bau des Nervensystems, genauer, die durch diese Struktur ermöglichte, durch sie geleitete Zusammenordnung von Energien« (l.c. S. 159). Der Begriff eines »Atombewußtseins« ist sich selbst widersprechend (ib.). Das Bewußtsein ist entstanden, »ja eigentlich ist es in jedem Augenblick neu entstehend, es ist ein Prozess, eine Aktivität, kein Sein« (l.c. S. 161). JODL betont gleichfalls den sekundären Charakter des Bewußtseins (Lehrb. d. Psych. S. 67, 84, 86 ff.). Es ist eine intermittierende Funktion (S. 119), keine besondere Qualität, sondern die »Eigenschaft, welche das Wesen der psychischen Phänomene ausmacht« (S. 111). Das allgemeinste Merkmal des Bewußtseins ist »die Innerlichkeit eines lebenden Wesens, welches sich in der Entgegensetzung von Objekt und Subjekt oder eines Inhalts und des auffassenden Wesens oder seiner Tätigkeit kundgibt« (S. 91). Zu unterscheiden sind primäre, sekundäre, tertiäre Bewußtseinserregungen (S. 139 u. ff.).