2. Objekt und Außenwelt
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In verschiedener Weise wird das Außenweltsbewußtsein auf ein Denken (Urteilen, Schließen), bezw. auf das kausale Denken zurückgeführt. GÜNTHER erklärt: »Nur weil der Geist sich selber als kausales Prinzipseiner eigenen Tätigkeiten in und aus diesen findet, kann er nicht nur, er muß sogar für alle Erscheinungen, die er nicht auf sich als den Realgrund ihres Daseins beziehen kann, einen andern Realgrund außer ihm selber voraussetzen und dies mit derselben Gewißheit, mit welcher er sich selber als Wurzel zuvor gefunden hat« (Eur. u. Her. S. 185). H. RITTER bemerkt: »An dem Ich scheint das Nicht-Ich, und weil die forschende Vernunft bei diesem Schein nicht stehen bleiben kann, muß sie über sich hinausgehen und ein Nicht-Ich als wahr anerkennen« (Syst. d. Log. u. Met. I, 161). Die Empfindung, welche zunächst subjektiv ist, enthält doch einen Hinweis auf das Objekt (l. c. S. 189). Die in der Empfindung, als einem Momente des Denkens, liegende Hemmung treibt uns, den Gegenstand zu ihr hinzuzudenken. »Das Hinzudenken der erscheinenden Sache zu der Erscheinung setzt einen Grund der Erscheinung« (l. c. S. 193, 195 f.). V. COUSIN bemerkt: »Nous savons qu'il existe quelque chose hors de nous, parce que nous ne pouvons expliquer nos perceptions sans les rattacher à des causes distinctes de nous-memes« (Cours d'hist. de la philos. au 18ième siècle, 8ième leç.). Nach ROSMINI-SERBATI besteht das Gegenstandsbewußtsein in einem Urteil (giudizio), dem »verbo della mia mente«, welches ist eine »efficacia della mia volontà, che fissa e determina la cosa pensata, assentendo a credere quella cosa sussiste« (Nuovo saggio II, p. 19 f., 112 f.). »Ogni senso riceve un azione. - Un azione fatta in noi, della quale noi non siamo gli autori, suppone un diverso da noi. - Dunque ogni senzo percepisce un diverso da noi« (l. c. p. 239, 343 ff.). (Dagegen betont MAMIANI die unmittelbare Erfassung des außer der Seele Seienden durch diese, Conf. I, 150 ff.) Nach CHR. KRAUSE sehen wir nicht das äußere Objekt, sondern nur Lichtbeschaffenheiten unseres Auges. Wir fassen erst unsere Empfindungen zusammen und schließen, es sei eine (Mit-)Ursache dieser außer uns da. Phantasie und Denken (Kategorien) bestimmen aus dem Materiale der Empfindungen das Objekt, auf welches wir apriorische Begriffe übertragen (Vorles. üb. d. Syst. S. 68 ff., 72, 89, 110, 406). CZOLBE betont »Nicht Kants vor aller Erfahrung bestehendes angeborenes Kausalverhältnis veranlaßt uns..., daß wir unseren subjektiven Wahrnehmungen als eine ihrer Ursachen eine objektive Körperwelt supponieren, sondern unmittelbar sinnlich wahrgenommene und als Analoga benutzte, mechanische Kausalverhältnisse« (Gr. u. Urspr. d. m. Erk. S. 76). Die Objekte nehmen wir nicht wahr, wir erschließen sie nur (l. c. S. 62). Weil wir in unseren sinnlichen Wahrnehmungen das Gesetz vom zureichenden Grunde finden, sind wir genötigt, auf etwas außer oder hinter denselben zu schließen (l. e. S. 101). Indem alle anderen Wahrnehmungen die Wahrnehmung unserer Person umgeben, d.h. neben oder außerhalb dieser liegen, »sind wir allein durch solche Unterscheidung zum Bewußtsein unserer Außenwelt gekommen, welche, rein Subjektiv, sich von der... objektiven Körperwelt wesentlich unterscheidet« (l. c. S. 63). Nach J. H. FICHTE wird jedes »mittelbare Objekt weder empfunden noch angeschaut, sondern durch einen Denkakt einer Empfindungsgruppe zugrunde gelegt, die dadurch zum ›objektiven Phänomen‹, zum Bild der Sache wird« (Psychol. I, 375. II, 241 f.). Nach M. CARRIERE setzen wir zu unseren Empfindungen und Vorstellungen eine Ursache voraus. »Nur unter der Voraussetzung einer Außenwelt erklärt sich uns die Innenwelt, der Unterschied von Vorstellungen und Empfindungen, die wir hervorrufen, von anderen, die sich uns aufdrängen und aufnötigen ohne unser Wissen und Wollen, ja gegen dies letztere« (Sittl. Weltordn. S. 107). »Die Subjektivität bringt zum Bewußtsein, was die Objektivität ist,« indem die Denkgesetze auch Naturgesetze sein müssen (l. c. S. 108). J. BAUMANN bemerkt: »Wir gehen alle von Anfang an von dem Satze aus: wessen wir uns durch unsere leiblichen Organe, überhaupt durch Vermittlung unseres Körpers bewußt werden, das ist nicht bloße Vorstellung, nicht bloß Gedachtes« (Philos. als Orient. S. 229). Diese Realität ist aber zunächst nur ein zur Empfindung Hinzugedachtes, ein Produkt des Vorstellens auf Grund der Gebundenheit unseres Ich im Wahrnehmen (l. c. S. 230 ff.). Der Gegensatz von »innen und außen« hingegen ist ein ursprünglicher, fällt aber in die Vorstellungen selbst (l. c. S. 239 ff.). Die Kategorie der Kausalität führt höchstens zu einer »Vorstellung äußerer Gegenstände«, nicht zum Ding an sich (l. c. S. 256). »Wir kennen bloß unsere Vorstellungen, nicht die Dinge als solche« (l. c. S. 265). Da wir aber nur durch Annahme einer Welt außer uns die Wahrnehmungstatsachen zu erklären vermögen, so ist der Realismus eine »feste, unabänderliche Vorstellung, gegen welche alle anderen Vorstellungsweisen leere Möglichkeiten bleiben« (l. c. S. 244 ff., 240 ff., 263 ff). Nach TH. H. CASE schließen wir von der Wahrnehmung auf den Gegenstand außer uns (Physical Realism 1888). Nach W. PREYER enthält die Wahrnehmung ein Objekt, d.h. der Verstand setzt für das Wahrgenommene eine Ursache (Seele d. Kind. S. 304). Nach L BOLTZMANN wird die Existenz der Materie zu den Empfindungen hinzugedacht (Üb. die Frage nach d. obj. Exist. d. Vorg. S. 91 f.). LIPPS betont: »Die Objekte der Wahrnehmung und der ›objektiven‹ Erinnerung können als für sich bestehend nicht gedacht werden, wenn wir nicht Lücken zwischen ihnen denkend ausfüllen, also von dem, was im Bewußtsein nicht war, dennoch anerkennen, es sei gewesen. Wir schaffen so einen dem Bewußtsein transzendenten Zusammenhang der Objektiven Wirklichkeit.« Es kann also von einem »doppelten Dasein der Welt« gesprochen werden, dem der Objekte an sich und dem der Gegenstände der Wahrnehmung (Gr. d. Log. S. 11 f.). »Das Wirklichkeitsbewußtsein entsteht..., indem Inhalte in der Wahrnehmung und auf Grund der Wahrnehmung dem Wechsel des Vorstellungsbeliebens standhalten, also von ihm sich unabhängig zeigen« (Grundtats. d. Seelenleb. S. 438 f.). Diese Unabhängigkeit ist aber nur relativ (l. e. S. 433). DROSSBACH erklärt: »Weil es ein Widerspruch ist, daß wir uns selbst Widerstand leisten, weil es nicht möglich ist, daß das Auge sich selbst sieht, daß wir uns selbst unmittelbar und direct wahrnehmen, darum setzen wir unwillkürlich fremde Ursachen voraus, die mit uns in Wechselwirkung stehen.« Diese Ursachen setzen wir unbewußt (Üb. d. Objekte der sinnl. Wahrn. S. 41). Wir nehmen nicht Erscheinungen, sondern Kräfte, die Ursachen von Erscheinungen, wahr (l. c. S. 11 f.).
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