Realität des Raumbegriffs

 

Des weiteren gilt Raum bald als rein Subjektiv, bald als subjektiv mit objektivem Grunde, bald als Subjektiv-objektiv.

Als subjektive Anschauungsform betrachtet den Raum SCHOPENHAUER. Der Raum ist nur eine Weise, »wie der Prozess objektiver Apperzeption im Gehirn vollzogen wird«. Der Raum ist eine »vor aller Erfahrung dem Intellekt einwohnende Form«. Er ist »a priori unmittelbar anschaubar« (W. a. W. u. V. I. Bd., a. 4). - Nach F. A. LANGE ist die Raumvorstellung »das Urbild aller Synthesis«, die »bleibende und bestimmende Urform unseres geistigen Wesens« (Log. Stud. S. 149. vgl. Gesch. d. Material.). Nach J. BERGMANN ist der Raum »eine Setzung des Verstandes« (Sein u. Erk. S. 103 ff.. vgl. Metsphys.). Die Apriorität des Raumes lehrt J. BAUMANN. Die Raumvorstellung ist »keine von äußerer Erfahrung abgelernte. denn wir urteilen z.B. nicht, der Raum hat drei Dimensionen und nicht mehr, weil wir es bis jetzt so gefunden haben und daraus die Gewißheit vorwegnehmen, daß er überhaupt nicht mehr haben könne, sondern wir urteilen, er hat drei Dimensionen, weil wir nicht mehr und nicht weniger vorzustellen vermögen« (Lehre von Raum u. Zeit II, 653). »Das Gefühl, irgendwo zu sein, verläßt die Seele nie« (l. c. S. 654). »Da der Denkende den Raum in sich hat, den geometrischen in der Anschauung, den wirklichen, sofern er sich an einem Orte als in einem Teile des Raumes befindet, kann er den Raum nicht wegdenken und hat damit die Idee des reinen oder leeren Raumes« (l. c. S. 655). Die Bewegung beweist den leeren Raum (l. c. S. 656). DEUSSEN definiert den Raum als denjenigen »Bestandteil der anschaulichen Welt, vermöge dessen alle Objekte ihrer Lage nach gegeneinander bestimmt sind. Er ist als solcher nicht etwas von mir unabhängig Daseiendes, sondern eine anschauliche Vorstellung a priori« (Elem. d. Met. § 48). O. SCHNEIDER spricht von der »apriorischen Leistung der schlußartigen Hinaussetzung und Verräumlichung subjektiver (intensiver) Zustände« (Transzendentalpsychol. S. 56). Der Raum ist »eine sich überall und stets deckende (›congruente‹) Gleichförmigkeit, Gleichartigkeit« (l. c. S. 64). Der objektive Raum ist »das absolut beständige, stetige Aus- und Nebeneinandersein alles in derselben Zeit bestehenden stofflichen Seins« (l. c. S. 77). Nach G. THIELE sind Raum und Zeit Produkte der Kategorientätigkeit (Philos. d. Selbstbewußts. S. 276 ff.). Nach L. NOIRÉ sind Raum und Zeit keine Realitäten, sondern »oberste Einheiten, auf welche unsere Vernunft das wahrhaft Reale, nämlich Bewegung und Empfindung, die wirklichen Eigenschaften der Welt, zurückführt« (Einl. u. Begr. e. monist. Erk. S. 168). Raum und Zeit sind »nur in unserer Vorstellung«, »nur subjektive Anschauungsformen« (l. c. S. 174). Raum ist »das Maß der Dauer der gleichmäßigen Bewegung«. (l. c. S. 175). Nach FR. SCHULTZE ist das Raumbild ein Produkt psychischer Chemie (Philos. d. Naturwiss. II, 72 ff., 77). Der Raum ist a priori (l. c. S. 107 ff.), aber nicht angeboren, sondern »in jedem Moment unser fortgesetzt werdendes Produkt« (l. c. II, 293). »Der Raum ist die fortgesetzte kausale Verknüpfung einer und derselben Empfindungsmenge« (l. c. S. 313). er ist Subjektiv, nicht ohne ein Bewußtsein (l. c. S. 314). Raum und Zeit entstehen erst mit und in den Objekten der Erfahrung. Jede Raumfolge ist auch Kausalfolge (l. c. S. 318). Jede Raumvorstellung ist zugleich zeitlich, jede zeitliche Vorstellung zugleich räumlich (l. c. S. 315). Nach P. CARUS ist der Raum rein formal, ohne objektive Gültigkeit und Notwendigkeit. Eine vierdimensionale Raumanschauung (von »curved spaces«) ist möglich (Prim. of Philos. p. 77 ff.. vgl. Met. S. 34). Nach HODGSON ist der »metaphysical space« »abstract capacity« (Philos. of Reflect. I, 268). Phänomenal ist der Raum nach RENOUVIER (Essais I u. II. Nouv. Monadol. p. 13 ff).

Der Raum ist eine Kategorie (Nouv. Monadol. p. 102). Der Raum ist »la vision interne de l'externe« (ib.). »Il est l'intuition, qui fart pour ainsi dire prendre corps a l'extériorité fondamentale, à l'extériorité d'une conscience pour une autre conscience, et en est le symbole« (ib.). Der Raum ist »l'objektivité même, imaginative et sensible«, »un mode essentiel de la réalité« (ib.). Apriorische Anschauungsformen von bloß subjektiver Geltung sind Raum und Zeit nach BOSTRÖM. Nach R. HAMERLING ist der Raum »die physiologisch-psychologisch bedingte, menschliche Anschauungsform der Pluralität des Seins«, nicht real, aber es liegt ihm etwas Reales zugrunde (Atomist. d. Will. I, 181 f). Nach G. GLOGAU sind Raum und Zeit in der innern Tätigkeit des Subjekts gegründet, aber ihr besonderer Inhalt ist fremdem Zwange unterworfen (Abr. d. philos. Grundwiss. II, 117). O. LIEBMANN bestimmt den gesehenen Raum als »ein Phänomen innerhalb unseres sinnlichen Bewußtseins« , »ein Produkt unserer Intelligenz« (Anal. d. Wirkl.2, S. 51 ff.). Nach ü. COHEN ist der Raum eine Kategorie (Log. S. 162). Seine Leistung ist das Beisammen, Zusammen, das Äußere (l. c. S. 166, 168). »Das Beisammen selbst ist das Außen. die Erhaltung des Beisammen selbst ist das Werfen nach außen« (ib.). »Das Äußere ist in der Tat das Innere. aber das Innere verwandelt sich zum Äußeren in dem Fortschritte des Erzeugens von Zeit zum Raum« (l. c. S. 169). »Die Allheit im Denken erzeugt die des Raumes« (l. c. S. 172). Der Raum ist als »Kraft-Raum« zu denken (l. c. S. 171). Die Immanenz (S. d) des Raumes lehrt u. a SCHUPPE: »Der Raum, welchen die Empfindungsinhalte erfüllen, kann nicht als außerseelische Wirklichkeit ›an sich‹ existieren. wie sollte es die Seele machen, im akte der Projektion ihre Empfindungen aus sich heraus in ihn hinein zu befördern? Was kann sie Überhaupt von ihm wissen? Und kann dieser Raum doppelt existieren, einmal als der Raum unserer Anschauung, in dem die Empfindungsinhalte sich ausbreiten, und außerdem noch als (ebensolcher?) Raum an sich, der außerseelische Wirklichkeit habe? Es ist unausdenkbar« (Log. S. 13). »Das ›im Raum‹ ist immer an den ein bestimmtes Wo einnehmenden Leib geknüpft, und damit verträgt es sich, daß doch der ganze Raum mit diesem jedesmaligen Wo des eigenen Leibes die Existenzart des Bewußten oder des Bewußtseinsobjektes hat« (l. c. S. 25). Die Sinnesempfindung fordert die räumliche Bestimmung (l. c. S 08) Raum und Zeit sind unentbehrlich für alle Wahrnehmung, insofern apriorisch (l. c. S. 86 f.). Sie bezeichnen nicht nur ein einzelnes Gegebenes, sondern immer zugleich das Benachbarte. »Der Raum und die Zeit ist dann eigentlich nur die Ausgedehntheit der unzählbar vielen Gegebenen, welche lückenlos sich gegenseitig begrenzen« (l. c. S. 81). Der leere Raum ist »ein bloßes Abstraktum, keine konkrete Existenz« (l. c. S. 82.). Nach E. MACH sind die Raumempfindungen abhängig von den »Elementen« (s. d.) des Leibes (Anal. d. Empfind.4, S. 139 ff.). Nach H. CORNELIUS ist der Raum mit seinem Inhalte ein »Zusammenhang von Bewußtseinstatsachen« (Einl. in d. Philos. S. 272. vgl. Psychol. S. 427). Nach H. G. OPITZ sind Raum und Zeit nur in unseren Vorstellungen (Grundr. einer Seinswissensch. I, S. 92 ff.). Nach R. WAHLE ist der Raum nichts Positives, nur eine Fiction (Kurze Erklär. d. Eth von Spin. S. 173), »nichts als die Hypostasierung der Tatsache, daß nichts die Körper hindert, in beliebiger Zahl nebeneinander zu sein und sich frei zu bewegen« (l. c. S. 175). »Die Empfindungs-Intensitäten wechseln... Diese Bewegungsmöglichkeit in ihrer Objektivität - abgesehen von der Aktionskraft - wird nun psychologisch aus den Bewegungen der Fläche abstrahiert, substanziiert, für sich betrachtet und ist eigentlich das, was man, mit einer gewissen Logik, unter ›Raum‹ denken dürfte« (Das Ganze d. Philos. S. 84). Ohne die Dinge ist der Raum nichts (l. c. S. 85), denn er ist nur »die freie Beweglichkeit eines jeden Körpers« (ib.). - Nach P. MONGRÉ gibt es keinen absolut realen Raum (Das Chaos S. 105). subjektive Anschauungsformen sind Raum und Zeit nach S. GRUBBE.

 


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