Rechtsphilosophie ist die Wissenschaft vom Wesen, von der Idee d. Rechtes, die Wissenschaft vom Rechtsbegriffe als solchem in seiner allgemeinen, typischen Bedeutung und von den aus ihm sich ergebenden Folgerungen und Anwendungen, auf Grundlage der Rechtsgeschichte, Völkerpsychologie, Soziologie. Die Rechtsphilosophie hat das Wesen, die Idee des Rechtes aus dem Rechtsbegriffe selbst zu deducieren und sowohl die Wurzel desselben in dem vernünftigen Willen, in dem rechtsetzenden Vernunftwillen, als auch den menschlich-sozialen Verhältnissen aufzusuchen und genetisch zu verfolgen (Vereinigung der historisch-comparativen mit der »spekulativen«, mit der philosophischen, erkenntniskritischen Methode). Historisch-soziologisch zeigt sich als Vorstufe des (Gesetzes) Rechtes Sitte und Brauch, bezw. Religion. Das Bedürfnis nach fester Regulierung der sozialen Verhältnisse in größeren Gemeinschaften zeitigt das positive, kodifizierte Recht. An diesem arbeiten Gesamtgeist und Einzelgeist (»Gesetzgeber«) im Vereine. letzten Endes ist aber das Recht ein soziales Gebilde. Die (erst triebhaft-unbewußt, später willkürlich-bewußt-reflexiv wirksame) Idee des Rechtes ist die Regelung der Verhältnisse in der Gemeinschaft unter dem Gesichtspunkt der möglichsten Harmonie der Interessen, der Ordnung der äußeren Beziehungen zwischen den Gesellschaftsmitgliedern, der Beziehungen dieser zum sozialen Ganzen, endlich der intersozialen Beziehungen (Völkerrecht). Bindung und (dadurch) zugleich Sicherung der Aktionsfreiheit der Individuen zum Zwecke des Bestandes und der Entwicklung sowohl der Individuen selbst als der Gesamtheit liegt im Rechtsbegriffe. Objektiv ist das Recht der Inbegriff der Gesetze, der unbedingt zu befolgenden Willenssatzungen der sozialen Gemeinschaft, des Staates, subjektiv die Befugnis zu Handlungen im Sinne dieser Gesetze, womit als Korrelat Rechtspflichten verbunden sind. Das »richtige« Recht ist das der Rechtsidee, der rechtsetzenden Vernunft gemäße Recht, die Norm bei der Beurteilung des konkreten Rechtes. Das Rechtsbewußtsein ist ein Produkt der Rechtsentwicklung, hat aber als apriorischen Faktor das Bedürfnis und Postulat nach Gerechtigkeit im Sinne des »sachgemäßen«, den natürlichen Grundtrieben und den Verhältnissen des Menschen Rechnung tragenden Verhaltens (primitives »Rechtsgefühl« schon beim Kinde). Ursprünglich sind Recht, Sitte, Sittlichkeit, Religion noch ungeschieden, später differenziert sich das Recht als besonderes Gebilde, ohne sich aber ganz von den übrigen sozialen Gebilden (auch von der Wirtschaft) unabhängig zu machen, wie es auch auf sie zurückwirkt. Das (positive) Recht hat seine besonderen Gesichtspunkte der Beurteilung, hat aber seine schließliche höchste Instanz in der rechtlich-sittlichen Vernunft und im Societätsgedanken überhaupt. - Mit der Rechtsphilosophie wird gewöhnlich verbunden die Staatsphilosophie, welche (nach ähnlicher Methode) Wesen, Ursprung, Entwicklung des Staates untersucht. Der Staat geht aus ursprünglichen »Gentilgenossenschaften« hervor, kann aber historisch auch durch Unterwerfung, Vertrag u.s.w. entstehen. Gegenüber dem primitiveren Zustande der Gentilgenossenschaft bedeutet er eine (vom Zwang allmählich zur größeren Freiheit des Culturstaates gehende) Organisation der Gesellschaft unter festen Gesetzen, unter einer einheitlichen Regierung und Verwaltung. Recht und Staat sind sowohl physei (von Natur) als thesei (durch Satzung), sie sind sowohl Mittel als Zweck. Einseitigkeiten enthalten die (extrem) religiöse (theologische) Staatstheorie (STAHL u. a.), die Machttheorie (KALLIKLES, THRASYMACHUS, POLUS, L. V. HALLER, GUMPLOWICZ u. a), die Vertragstheorie (EPIKUR, HOBBES, ROUSSEAU u. a.), die organische Theorie (PUCHTA, BLUNTSCHLI, KRAUSE, HEGEL u. a.). Während bis zum Beginn der Neuzeit das Recht in der Regel theoretisch in enger Beziehung zur Ethik und Religion behandelt wird, findet in der späteren Rechtsphilosophie die Scheidung der Gebiete statt, nicht ohne daß in noch späterer Zeit die Einheit wieder betont wird.
Begriff, Definition und Geschichte der Rechtsphilosophie:
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