Schluß - Moderne II

ULRICI betrachtet den Schluß als »Ausdruck der logischen Notwendigkeit, daß, was von dem Allgemeinen gilt, auch von dem unter ihm Befaßten (einzelnen) gelten muß, daß also mit jedem allgemeinen Urteile implizite eine Anzahl einzelner Urteile gesetzt sind« (Log. S. 529). Nach LOTZE ist ein Schluß »jede Verknüpfung zweier Urteile zur Erzeugung eines gültigen dritten, das nicht in der bloßen Summierung jener beiden besteht« (Log.2, 13. 109). Nach VOLKMANN ist der Schluß »ein durch Vermittlung zustande gekommenes Urteil verbunden mit dem Bewußtsein dieser Vermittlung« (Lehrb. d. Psychol. II4, 292 f.). Nach DROBISCH sind die Schlüsse »die Formen der mittelbaren Verknüpfung und Trennung von Begriffen«, »Formen der mittelbaren Begründung von Urteilen« (Neue Darstell. d. Log.5, § 10). Nach ÜBERWEG ist der Schluß »die Ableitung eines Urteils aus irgend welchen gegebenen Elementen« (Log.4, § 74). E. DÜHRING definiert den Schluß als »die Verbindung von zwei gedanklichen Sätzen zu einem dritten Satze« (Log. S. 54). Nach J. BERGMANN ist der Schluß »der Fortgang von einem Urteile oder einer Verbindung von Urteilen zu einem daraus folgenden inhaltlich neuen Urteile als einem daraus folgenden« (Grundprobl. d. Log.2, S. 139). Nach HAGEMANN ist der Schluß eine »vermittelte Begriffsbestimmung«, die »Ableitung eines Urteils aus einem oder mehreren anderen Urteilen« (Log u. Noët. S. 51). Die unmittelbaren Schlüsse sind Schlüsse a. aus der Identität oder Äquipollenz, b. aus der Subalternation, c. aus der Opposition, d. aus der Konversion, e. aus der Modalität (l. c. S. 51 f.). Nach GUTBERLET ist der Schluß »derjenige Denkprozess, in welchem man durch Vergleichung zweier Begriffe mit einem dritten deren Identität oder Verschiedenheit erkennt«. »Der sprachliche adäquate Ausdruck dieses Schlusses heißt Syllogismus« (Log. u. Erk.2, S. 62 ff.). Nach A. SPIR enthält das Schließen »1) die Konstatierung der Identität oder Übereinstimmung zweier Fälle in einer Hinsicht, und 2) die Behauptung von deren Identität oder Übereinstimmung in anderen Hinsichten« (Denk. u. Wirkl. II, 224). Nach G. THIELE ist das Schließen »das Übergehen vom bloßen An-sich-sein einer Wahrheit zum Setzen derselben, das Entdecken eines Neuen auf Grund des bereits Bekannten«. Es ist »das bewegende und leitende Prinzip aller Kategorientätigkeit« (Philos. d. Selbstbew. S. 189). Als »empirische Gesetze des Denkens« betrachtet die Schlußformen HEYMANS (Ges. u. Elem. d. wiss. Denk. S. 62).

SIGWART erklärt: »Ein Folgern oder Schliefen im psychologischen Sinne findet überall da statt, wo wir zu dem Glauben an die Wahrheit eines Urteils nicht unmittelbar durch die in ihm verknüpften Subjektsund Prädikatsvorstellungen, sondern durch den Glauben an die Wahrheit eines oder mehrerer anderer Urteile bestimmt werden.« Der kategorische Syllogismus hat eine höhere Aufgabe nur dann, wenn er in den Dienst der Begriffsbildung gestellt, oder wenn sein Obersatz nicht ein bloßes Begriffsurteil, sondern ein synthetischer Satz ist (Log. I2, 422 ff.). Im logischen Sinne ist ein Schluß da, wo der Schluß durch ein evidentes Gesetz gerechtfertigt wird (vgl. Vierteljahrsschr. f. wiss. Philos. 1881, S. 119 ff.). Nach B. ERDMANN sind Schlüsse »alle Denkvorgänge, durch welche aus gegebenen Urteilen, einem oder mehreren, von diesen logisch verschiedene denknotwendig abgeleitet werden« (Log. I, 429). Der Syllogismus ist »die denknotwendige Ableitung eines Urteils über die nicht gemeinsamen Bestandteile zweier gegebenen Urteile, die einen ihrer materialen Bestandteile gemeinsam haben« (l. c. S. 492). Über den Calcul des Schließens handelt E. SCHRÖDER (Vorles. üb. d. Algebra d. Log. I, 1890). - Nach WUNDT ist Schließen »jede Gedankenverbindung, durch welche aus gegebenen Urteilen neue Urteile hervorgehen« (Log. I, 270). Der Schluß ist eine Erweiterung des Urteilsprocesses (ib.). Der Schlußsatz ist kein selbständiges Urteil, »stellt nur eine Verbindung, die schon in den Prämissen besteht, in einem besondern Urteile dar, in welchem der Mittelbegriff eliminiert ist« (l. c. S. 272). Gesetz des Schließens ist der Satz vom Grunde (l. c. S. 281), auch das »allgemeine Relationsprinzip«: »Wenn verschiedene Urteile durch Begriffe, die ihnen gemeinsam angehören, in ein Verhältnis zueinander gesetzt sind, so stehen auch die nicht gemeinsamen Begriffe solcher Urteile in einem Verhältnis, welches in einem neuen Urteil seinen Ausdruck findet« (l. c. S. 282). Es ist nicht richtig, daß der Schlußsatz logisch nichts Neues enthalte. »Ein Urteil, zu dessen Ableitung wir einer bestimmten Gedankenarbeit bedürfen, ist für unser logisches Denken in den Elementen, aus denen wir es abgeleitet haben, noch nicht enthalten, wenn diese Elemente auch objektiv die Tatsache, die wir in der Conclusion formulieren wollen, bereits einschliefen mögen. Schon die einfache Elimination des Mittelbegriffes aus den zwei Gleichungen x = y und y = z enthält eine solche Gedankenarbeit freilich in sehr primitiver Gestalt« (l. c. S. 286). »Überall..., wo wir eine logische Reconstruktion der Elemente der Erkenntnisentwicklung ausführen, da nehmen die Verbindungen der Urteile die Form des Schlusses an« (l. c. S. 288). »In Wahrheit ist die Bedeutung des Schlusses eine ebenso fundamentale und allseitige wie die des Urteils. Wie jede Behauptung, ob sie nun eine Erzählung, eine Beschreibung oder eine Erklärung in sich schließe, in dem Urteil ihren Ausdruck findet, so ist der Schluß der unerläßliche Bestandteil einer jeden Begründung und Beweisführung« (l. c. S. 289). Die einfachen Schloßformen sind: I. Identitätsschlüsse. »Wir bezeichnen einen jeden Schluß der aus zwei Identitäten eine dritte folgert, als einen Identitätsschluß. Die beiden Zwecke, denen der Identitätsschluß dienen kann, sind: 1) Ableitung einer neuen Definition aus zwei gegebenen Definitionen, und 2) Ableitung einer neuen Gleichung aus zwei gegebenen Gleichungen« (definierender Identitätsschluß, Gleichungsschluß, l. c. S. 291 f.). II. Subsumtionsschlüsse. »Der Subsumtionsschluß ordnet entweder einen einzelnen Begriff einer allgemeinen Gattung unter, oder er wendet eine allgemeine Regel auf einen speziellen Fall an... Die Subsumtion eines speziellen Individual- oder Artbegriffs unter eine Gattung dient der klassifikatorischen Ordnung unserer Begriffe, die Subsumtion eines einzelnen Falls unter eine allgemeine Regel dient der Anwendung allgemeiner Gesetze auf einzelne Erscheinungsgebiete. Wir können daher die erste Form als den klassifizierenden, die zweite als den exemplifizierenden Subsumtionsschluß bezeichnen« (l. c. S. 293). a. Im classifizierenden Schluß hat die allgemeinere Prämisse die zweite, im exemplifizierenden hat sie die erste Stelle. beide Schlüsse stimmen aber darin überein, daß der erste Mittelbegriff in beiden Prämissen seine Stelle wechselt, und daß die allgemeinere Prämisse in der Regel ein Identitätsurteil ißt. »Beide Formen entsprechen demnach in ihrer äußeren Form denjenigen Schlüssen, welche die Aristotelische Logik der ersten Figur zurechnet« (l. c. S. 299). b. Wahrscheinlichkeitsschluß. Er »folgert aus der Möglichkeit verschiedener Fälle, die bei einem zu erwartenden und in bezug auf seine Beschaffenheit unbestimmten Ereignisse stattfinden können, auf die Wahrscheinlichkeit eines einzelnen dieser Fälle« (l. c. S. 303). Es gibt apriorische und empirische Wahrscheinlichkeitsschlüsse (l. c. S. 308). c. Analogieschluß. Er entsteht, »wenn aus der nachgewiesenen Übereinstimmung mehrerer Gegenstände oder Ereignisse die Übereinstimmung der nämlichen Gegenstände in bezug auf andere Eigenschaften oder Bedingungen gefolgert wird« (l. c. S. 309). III. Bedingungs- und Begründungsschlüsse. IV. Beziehungsschlüsse, d.h. »solche Urteilsverbindungen, bei denen ein völlig bestimmter Schluß aus dem Verhältnis der übrigen Begriffe zum Mittelbegriff nicht sich ergibt, sondern nur die Folgerung zulässig ist, da, zwischen den in der Conclusion verbundenen Begriffen irgend eine Beziehung bestehe« (l. c. S. 322). a. Vergleichungs- , b. Verbindungsschluß (l. c. S. 324 ff.). JODL erklärt den Schluß als »die Ableitung eines Urteils... aus anderen Urteilen, mittelst gemeinsamer Bestandteile, vermöge deren eine Verschmelzung oder ein Zusammenschließen dieser Urteile in ähnlicher Weise stattfindet, wie sich in Assoziationen und Urteilen mentale Elemente auf Grund eines in ihnen Identischen oder Gleichartigen zusammenschließen« (Lehrb. d. Psych. S. 634). Nach HILLEBRAND ist der Schluß »ein durch ein oder mehrere Urteile motiviertes Urteil« (Die neuen Theor. d. kategor. Schlüsse S. 11. vgl. S. 69 ff.). Es gibt Syllogismen mit vier Termini (S, M, P, p), von denen zwei einander kontradiktorisch entgegengesetzt sind (l. c. S. 73 f.). SCHUPPE: Das Schließen ist kein neuer Denkakt, sondern wesentlich Urteilen, nicht etwa, weil die conclusio immer ein Urteil ist, sondern weil der ins Bewußtsein tretende Zusammenhang zwischen ihr und den Prämissen nur als Urteil gedacht werden kann, und weil schließlich jedes Urteil (mit Ausnahme der unmittelbaren Erkenntnis von Identität und Verschiedenheit einfachster Sinnesdaten) den Anspruch macht, ein begründetes zu sein, gleichviel ob begründende Prämissen genannt werden oder nicht (Log. S. 38). »Der Schluß a1 = a2 = a3 also a1 = a3. zeigt seinen Nerv in dem undefinierbaren Wesen des Identitätsbegriffes. Der Sinn des letzteren... ist der, daß es absolut dasselbe ist, ob ich a2 oder a1 sage, also ob ich a2 = a3 oder a1 = a3 sage, und wenn a1 = a2 aber nicht b ist, ob ich a2 nicht gleich b oder a1 nicht = b sage. Das Schließen reduziert sich also einfach auf das Bewußtsein dieser Identität« (l. c. S. 48). »Das Kausalitätsprinzip schafft die Begriffseinheiten, aus welchen die Prämissen bestehen, und läßt erst wirklich allgemeine Sätze bilden, aber die Schlüssigkeit leistet allein das Identitätsprinzip« (l. c. S. 50). Nach R. WAHLE besteht das Schließen »nicht in einer Funktion, die etwas Neues über dem Urteilen hinaus bieten würde, sondern nur darin, daß die Vorstellungen oder Vorstellungskreise, von welchen Urteile handeln, durch andere Urteile erst näher bestimmt werden« (Das Ganze d. Philos. S. 390). Nach A. MEINONG ist das Schlußurteil ein Urteil über die Verträglichkeit oder Unverträglichkeit zweier Urteile (Hume- Stud. II, 106 f.). Nach W. JERUSALEM ist Schließen »nichts anderes als ein Urteilen, das mit dem Bewußtsein der Gründe verbunden ist, welche uns veranlassen, das erschlossene Urteil für wahr zu halten« (Lehrb. d. Psychol.3, El. 126). H. GOMPERZ definiert den Schluß als »den in zwei Sätzen auftretenden sprachlichen Ausdruck für ein durch Assoziation verbundenes Vorstellungspaar, von denen die zweite neu ist und als eine Überzeugung gedacht wird« (Psychol. d. log. Grundtats. S. 78). Vgl. A. V. BERGER, Raumansch. u. formale Log. 1886. Vgl. Schlußfigur, Schloßmodi, Schlußkette, Sorites, Enthymem, Epicheirem, Quantifikation.


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