A. COMTE lehrt einen Positivismus (s. d.), der anstatt aus abstrakten, unbekennten Kräften die Tatsachen aus ihren konkreten Gesetzen erklärt. Nach J. ST. MILL ist »jede vollbegründete induktive Generalisation« ein Naturgesetz (Log. I, 375). Die Naturgesetze bestehen in »beobachteten Übereinstimmungen sei es des Nacheinander oder des Nebeneinander gewisser Erscheinungen« (Üb. Relig. S. 12). GIZYCKI erklärt: »Ein Naturgesetz ist... nur der Ausdruck für eine allgemeine Tatsache, und nicht ist es etwas außer und über den Tatsachen: die Dinge richten sich nicht nach den Gesetzen, sondern die Gesetze nach den Dingen. Die Dinge tun das, was in ihrer eigenen Natur liegt« (Moralphilos. F,. 209). Nach NIETZSCHE gibt es an sich keine »Gesetze«, diese sind subjektive Fictionen (WW. V, 1, 2). Wir legen in die Natur, in den continuierlichen Fluß des Geschehens, Gesetze hinein (WW. III, 1, S. 40 f.). L. BUSSE betont, Naturgesetze seien nicht »logisch notwendige Gebote, denen die Dinge entsprechen, weil ein abweichendes Verhalten unmöglich, logisch undenkbar ist«, sondern »Formulierungen des tatsächlichen Verhaltens der Dinge« (Philos. u. Erkenntnistheor. I 1, 194).
Nach HELMHOLTZ ist ein Gesetz »das gleichbleibende Verhältnis zwischen veränderlichen Größen« (Vortr. u. Red. I, 240), »der allgemeine Begriff, unter den sich eine Reihe von gleichartig ablaufenden Naturvorgängen zusammenfassen läßt« (l.c. I, 375). Die Geltung eines vollständig bekannten Naturgesetzes ist eine ausnahmslose (ib., vgl. S. 169 f.). Nach STEINTHAL ist ein Naturgesetz ein »bestimmtes und festes Verhältnis der Bewegungen« (Einl. in d. Psychol. S. 114). Als Abstraktion von regulativer Bedeutung faßt das Naturgesetz O. CASPARI auf (Zusammenh. d. Dinge S. 160 ff.). Die Unveränderlichkeit der Naturgesetze betont A. COMTE. Nach RENOUVIER ist ein Gesetz »une relation d'ordre general, ou une propriété (une qualité spécifique) servant à lier et à séparer, a distribuer d'après leurs caractères, des classes plus ou moins étendues de phénomènes« (Nouv. Monadol. p. 7). MEINONG versteht unter Gesetz »die für alle Glieder einer Reihe gleichbleibende Beziehung, durch welche je ein Glied dieser Reihe zu einem Gliede einer oder mehrerer anderer Reihen zugeordnet ist« (Grundl. d. Log.2, S. 162). Nach SIMMEL bedeutet ein Gesetz, »daß die gleiche entweder natürliche oder ethische Notwendigkeit da eintritt, wo die gleichen Vorbedingungen gegeben sind« (Einl. in d. Moralwiss. II, 21). Gesetz eines Geschehens ist ein »Satz..., dem gemäß der Eintritt gewisser Tatsachen unbedingt - d.h. jederzeit und überall - den Eintritt gewisser anderer zur Folge hat« (Probl. d. Geschichtsphilos. S. 34). Nach L. STEIN sind Naturgesetze »Begriffscopien von Rechtsgesetzen« (An d. Wende d. Jahrhund. S. 262), »Einheitsformeln«, »Gattungsbegriffe« (l.c. S. 264 ff.). Das Naturgesetz ist »nichts anderes als psychischer Zwang, eine Gedankennötigung, die Mannigfaltigkeit des Erscheinenden unter eine bestimmte Gedankenreihe bezw. Interpretationsform zu subsumieren« (l.c. S. 31). SIGWART bemerkt: »Die Voraussetzung aller Forschung, daß Gesetze in der Welt herrschen, sagt nur in andern Worten, daß die Natur Gedanken realisiere, daß Naturnotwendigkeit und logische Notwendigkeit dasselbe sei« (Kl. Schrift. II2, 64). Nach HAGEMANN ist Gesetz »der bestimmte Ausdruck für die sich gleichbleibende Wirkungsweise gewisser Kräfte«. »Je nachdem diese Wirkungsweise durch die Natur der Kräfte mit Notwendigkeit bedingt ist oder aus der freien Betätigung der Kräfte hervorgeht, unterscheiden wir Natur- und Freiheits- Gesetze« (Log. u. Noet.S. 20). RIEHL betont, Gesetze und Wirken der Dinge seien nicht verschieden. Gesetze sind »die Beziehungen der Dinge, die Formen der Vorgänge, unter verallgemeinerten oder vereinfachten Umständen gedacht« (Phil. Krit. II 2, 248). Die Gesetzmäßigkeit der Natur ist ein logisches Postulat (ib.). »Kein Gesetz kann in einer Tatsache rein aufgehen.« »Jedes Gesetz ist ein Satz mit einem Wenn: zwei Massenpunkte würden sich genau nach dem Gesetze der Gravitation annähern, wenn sie allein in der Welt wären« (Einf. in d. Philos. S. 245). Obgleich nicht aus der Geschichte allgemeine Gesetze abzuleiten sind, so ist sie doch solchen unterworfen (l.c. S. 170 f.). Nach SIMMEL (Probl. d. Geschichtsphilos. S. 54) und nach RICKERT (Grenz. d. naturwiss. Begriffsbild. S. 258) gibt es keine historischen Gesetze; vgl. hingegen G. MAYR, Die Gesetzmäß im Gesellschaftsleb. 1877. Nach WUNDT sind Gesetze allgemeine Regeln, die eine Gruppe von Gleichförmigkeiten des Seins oder Geschehens zusammenfassen. Die wesentlichen Merkmale eines Gesetzes sind: 1) die Verknüpfung selbständig zu denkender Tatsachen, 2) das directe oder indirekte kausale Verhältnis, 3) der heuristische Wert und die generelle Bedeutung. Die Naturgesetze sind nicht ausnahmslos, noch weniger die geistigen Gesetze, die aber (gegen RÜMELIN u. a.) anzuerkennen sind (Log. II2, 132 ff.; Phil. Stud. III, 195; XIII, 404). SCHUPPE versteht unter Gesetz die Notwendigkeit oder regelmäßige Verknüpfung der Ereignisse (Log. S. 59). Die »feste Ordnung des Seienden« gehört zu seiner Denkbarkeit (l.c. S. 65). Nach UPHUES sind Gesetze Begriffe, in welche wir »die alle gleichen Dinge charakterisierenden Merkmale zusammenfassen« (Psychol. d. Erk. I, 73). Wie E. MACH betrachtet H. CORNELIUS die physikalischen Gesetze als »vereinfachende, zusammenfassende Beschreibungen unserer Erfahrungen« (Einl. in d. Philos. S. 267). Sobald ein Erfahrungsbegriff seine Bedeutung hat, »kann vermöge des Identitätsprincips kein anderer Zusammenhang mehr durch diesen Begriff bezeichnet werden als derjenige, der einmal unter diesen Begriff befaßt worden ist« (l.c. S. 291). Die Außenwelt besteht in den »gesetzmäßigen Zusammenhängen..., in welche wir unsere Wahrnehmungen gemäß dem allgemeinen Mechanismus der Bildung der Erfahrungsbegriffe einordnen« (l.c. S. 271; ähnlich manche Kantianer). Im letzten Grunde ist es »nur unser begreifendes Denken... welches Ordnung und Gesetz in das Chaos der Erscheinungen bringt« (l.c. S. 298). Vgl. H. COHEN, für den der Begriff des Gesetzes eine Kategorie (s. d.) ist (Log. S. 222). Vgl. Induktion, Soziologie, Statistik.