Sizilien. Alcamo
Alcamo, Donnerstag, den 19. April 1787.
Die gefällige Wohnung in einem ruhigen Bergstädtchen zieht uns an, und wir fassen den Entschluß, den ganzen Tag hier zuzubringen. Da mag denn vor allen Dingen von gestrigen Ereignissen die Rede sein. Schon früher leugnete ich des Prinzen Pallagonia Originalität; er hat Vorgänger gehabt und Muster gefunden. Auf dem Wege nach Monreale stehen zwei Ungeheuer an einer Fontäne und auf dem Geländer einige Vasen, völlig, als wenn sie der Fürst bestellt hätte.
Hinter Monreale, wenn man den schönen Weg verläßt und ins steinichte Gebirge kommt, liegen oben auf dem Rücken Steine im Weg, die ich ihrer Schwere und Anwitterung nach für Eisenstein hielt. Alle Landesflächen sind bebaut und tragen besser oder schlechter. Der Kalkstein zeigte sich rot, die verwitterte Erde an solchen Stellen desgleichen. Diese rote, tonig-kalkige Erde ist weit verbreitet, der Boden schwer, kein Sand darunter, trägt aber trefflichen Weizen. Wir fanden alte, sehr starke, aber verstümmelte Ölbäume.
Unter dem Obdach einer luftigen, an der schlechten Herberge vorgebauten Halle erquickten wir uns an einem mäßigen Imbiß. Hunde verzehrten begierig die weggeworfenen Schalen unserer Würste, ein Betteljunge vertrieb sie und speiste mit Appetit die Schalen der Äpfel, die wir verzehrten, dieser aber ward gleichfalls von einem alten Bettler verjagt. Handwerksneid ist überall zu Hause. In einer zerlumpten Toga lief der alte Bettler hin und wider als Hausknecht oder Kellner. So hatte ich auch schon früher gesehen, daß, wenn man etwas von einem Wirte verlangt, was er gerade nicht im Hause hat, so läßt er es durch einen Bettler beim Krämer holen.
Doch sind wir gewöhnlich vor einer so unerfreulichen Bedienung bewahrt, da unser Vetturin vortrefflich ist - Stallknecht, Cicerone, Garde, Einkäufer, Koch und alles.
Auf den höheren Bergen findet sich noch immer der Ölbaum, Caruba, Fraxinus. Ihr Feldbau ist auch in drei Jahre geteilt. Bohnen, Getreide und Ruhe, wobei sie sagen: »Mist tut mehr Wunder als die Heiligen.« Der Weinstock wird sehr niedrig gehalten.
Die Lage von Alcamo ist herrlich auf der Höhe in einiger Entfernung vom Meerbusen, die Großheit der Gegend zog uns an. Hohe Felsen, tiefe Täler dabei, aber Weite und Mannigfaltigkeit. Hinter Monreale rückt man in ein schönes doppeltes Tal, in dessen Mitte sich noch ein Felsrücken herzieht. Die fruchtbaren Felder stehen grün und still, indes auf dem breiten Wege wildes Gebüsch und Staudenmassen wie unsinnig von Blüten glänzt: der Linsenbusch, ganz gelb von Schmetterlingsblumen überdeckt, kein grünes Blatt zu sehen, der Weißdorn, Strauß an Strauß, die Aloen rücken in die Höhe und deuten auf Blüten, reiche Teppiche von amarantrotem Klee, die Insektenophrys, Alpenröslein, Hyazinthen mit geschlossenen Glocken, Borraß, Allien, Asphodelen.
Das Wasser, das von Segesta herunterkommt, bringt außer Kalksteinen viele Hornsteingeschiebe, sie sind sehr fest, dunkelblau, rot, gelb, braun, von den verschiedensten Schattierungen. Auch anstehend als Gänge fand ich Horn- oder Feuersteine in Kalkfelsen, mit Sahlband von Kalk. Von solchem Geschiebe findet man ganze Hügel, ehe man nach Alcamo kommt.