Denken - Hegel, Schelling, Lotze
Nach HEGEL ist das Denken der Intelligenz ein »Gedanken-haben«, wobei der Gedanke die Sache selbst ist, »einfache Identität des Subjektiven und Objektiven« (Encykl. § 465), d. h. wir denken im Begriffe das Wesen des Dinges selbst. Das Denken ist (subjektiv) das »tätige Allgemeine«. Das Denken ist, als Subjekt vorgestellt, Denkendes (l.c. § 20). Das »reine« Denken denkt sich selbst (l.c. § 24, Zus.), hat bloße Begriffe zum Inhalt. Das »abstrahierende Denken« ist »nicht als bloßes Auf-die-Seite-stellen des sinnlichen Stoffes zu betrachten, welcher dadurch in seiner Realität keinen Eintrag leide, sondern es ist vielmehr das Aufheben der Reduction desselben als bloßer Erscheinung auf das Wesentliche, welches nur im Begriff sich manifestiert« (Log. III, 20). Die Denkbewegung ist »dialektisch« (s. d.), eine Folge des in den Gedanken steckenden »Widerspruches«, der zum »Umschlagen« der Begriffe ins Gegenteil und zur »Aufhebung« der Gegensätze in einem höheren Begriff führt (vgl. K. ROSENKRANZ, Syst. d. Wiss. § 644 ff.). Nach SCHELLING ist reines Denken kein wirkliches Denken; dieses ist nur da, wo »ein dem. Denken Entgegengesetztes überwunden wird« (WW. I 10,141). HILLEBRAND erklärt das reine Denken als »Setzung der allgemein-konkreten Einheit des Subjekt-Objekts« (Phil. d. Geist. I, 198), als »subjektive Position der reinen, der absoluten Wahrheit« (l.c. S. 199 ff.). Nach HEINROTH ist das Denken durch den Willen geleitet (Psychol. S. 141) es ist ein »Im-Bewußtsein-beschränken« (l.c. S. 247). TRENDELENBURG betont, es gebe »kein Denken ohne das gegenüberstehende Sein, an dem es arbeitet« (Gesch. d. Kategor. S. 364). Das Denken muß »die Möglichkeit seiner Gemeinschaft mit den Dingen in sich tragen« (l.c. S. 365), dadurch, daß die »konstruktive Bewegung« desselben, vermöge deren es tätig ist, dem Wesen nach dieselbe ist wie die Seinsbewegung (ib.; vgl. Log. Unt. I2, 136, 144). LOTZE sieht im Denken »eine fortwährende Kritik, welche der Geist an dem Material des Vorstellungsverlaufs ausübt, indem er die Vorstellungen trennt, deren Verknüpfung sich nicht auf ein in der Natur ihrer Inhalte liegendes Recht der Verbindung gründet« (Gr. d. Log. S. 6). »Das Denken, den logischen Gesetzen seiner Bewegung überlassen, trifft am. Ende seines richtig durchlaufenen Weges wieder mit dem Verhalten der Sachen zusammen« (Log. S. 552). Nach STEINTHAL, ist das Denken »die Erkenntnisbewegung als logische angesehen« (Einl. in d. Psychol. S. 108). ÜBERWEG definiert es als »die auf mittelbares Erkennen abzielende Geistestätigkeit« (Log. 4, § 1). Es spiegelt »die innere Ordnung, welche der äußeren zugrunde liegt«, ab (l.c. S. 14). Nach E. DÜHRING ist das Denken ein Produkt des Seins selbst, ein besonderer Fall der Wirklichkeit (Log. S. 171). Es ist »eine Hervorbringung subjektiver Formen für die Auffassung und Kennzeichnung von Gehalt und Wirkungsweise der Dinge«.(l.c. S. 173). Denken und Sein »entsprechen sich völlig« (l.c. S. 207). »Reines« Denken ist nichts als »die Gedankenbewegung in dem abgesonderten Gebiete der reinen Logik und Mathematik« (N. Dialekt. S. 196). L. BÜCHNER sieht im Denken nur »eine besondere Form der allgemeinen Naturbewegung« (Kr. u. St.15, S. 321). KIRCHMANN erklärt: »Das Denken befaßt alle zu dem Wissen gehörenden Tätigkeiten mit Ausnahme des Wahrnehmens. Es bewegt sich in fünf Richtungen: 1) als das wiederholende Denken, 2) als das trennende Denken, 3) als das verbindende Denken, 4) als das beziehende Denken und 5) als die verschiedene Art, den Inhalt eines Gegenstandes zu wissen« (Kat. d. Philos. S. 27). Nach DEUSSEN ist Denken ein »Operieren mit Begriffen« (Elem. d. Met. § 33). SIGWART charakterisiert das Denken als »rein innere Lebendigkeit des Vorstellens« (Log. I2, 2), dessen Zweck »Erkenntnis des Seienden« ist (l.c. S. 4), indem es darauf ausgeht, »in dem Bewußtsein seiner Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit zu beruhen« (l.c. S. 6). Es entspringt dem »Denken-wollen« (l.c. S. 3). Nach VOLKELT ist Denken eine »Verknüpfung der Vorstellungen mit dem Bewußtsein, der logischen und sachlichen Notwendigkeit« (Erfahr. u. Denk. S. 163), ein »Postulieren transsubjektiver Bestimmungen« (l.c. S. 96). Nach O. SCHNEIDER ist Denken »diejenige geistige Tätigkeit des Menschen, in welcher er sich mittelst der Stammbegriffe überhaupt erst einen Inhalt schafft, sich dessen Eigenschaften nach Maßgabe der ihn schaffenden Stammbegriffe zum Bewußtsein bringt und zugleich des Verhältnisses solches Inhaltes zu einem gegebenen Sein bewußt ist« (Transzendentalpsych. S. 167). Nach H. CORNELIUS verfolgt das theoretische Denken »stets das Ziel, Zusammenhang zwischen den zunächst getrennt vorgefundenen Tatsachen herzustellen, das Mannigfaltige unter einheitliche Gesichtspunkte zu ordnen« (Einl. in d. Philos. S. 26). RIEHL, betont die Notwendigkeit des Denkens für alle Erfahrung (s. d.). »Das Denken ergänzt die Wahrnehmung. Immer wieder setzen wir einen weit größeren Zusammenhang voraus, als in den bloßen Tatsachen gegeben ist« (Einl. in d. Philos. S. 69). Als aktive Betätigung der Aufmerksamkeit (des Wollens), vergleichend-synthetische Tätigkeit bestimmt das Denken SULLY (Handb. d. Psychol. S. 235 ff.; Hum. Mind C. 11). Ähnlich STOUT (Anal. Psychol. II, C. 9 u. 10), JAMES, BALDWIN, auch HÖFFDING.