1. Heiterkeit.


Es wurde bereits hervorgehoben, daß die Messung des Gemeinschaftsgefühls eines Menschen leicht gelingt, wenn wir darauf ausgehen zu prüfen, wie groß seine Bereitschaft ist zu helfen, zu fördern und zu erfreuen. Diese Fähigkeit, Freude zu bringen, bewirkt, daß solche Menschen schon zufolge ihrer äußeren Erscheinung größerem Interesse begegnen. Sie kommen uns leicht näher, und wir beurteilen sie schon rein gefühlsmäßig viel sympathischer als andere Menschen. Ganz instinktiv empfinden wir ihre Züge als Kennzeichen des Gemeinschaftsgefühls. Es sind Menschen, die ein heiteres Wesen haben, nicht immer bedrückt und besorgt einhergehen, auch die anderen nicht immer zum Objekt oder Träger ihrer eigenen Sorgen machen, die es über sich bringen, im Zusammensein mit anderen Heiterkeit auszustrahlen, das Leben zu verschönern und lebenswerter zu machen. Man spürt den guten Menschen nicht nur in ihren Handlungen, in der Art, wie sie sich uns nähern, mit uns sprechen, auf unsere Interessen eingehen und für dieselben wirksam sind, sondern auch in ihrem ganzen äußeren Wesen, in ihren Mienen und Gebärden, in freudigen Affekten und in ihrem Lachen. Ein tiefblickender Psychologe, Dostojewski, sagt, daß man einen Menschen am Lachen viel besser erkennen und verstehen könne, als aus langwierigen psychologischen Untersuchungen. Denn das Lachen hat sowohl verbindende Nuancen, wie auch feindliche, angreifende Untertöne, wie z. B. in der Schadenfreude. Es gibt sogar Menschen, die des Lachens überhaupt nicht fähig sind und einer tieferen Beziehung von Mensch zu Mensch so fern stehen, daß ihnen die Neigung, Freude zu machen und eine heitere Stimmung zu erzeugen, fast völlig abgeht. Gar nicht zu sprechen von jener nicht allzu kleinen Gruppe von Menschen, von denen man nichts anderes feststellen kann, als daß sie nicht nur ungeeignet sind, anderen Freude zu bereiten, sondern die im Gegenteil die Neigung haben, in jeder Situation, in die sie eintreten, andern das Leben zu verbittern, und die so herumgehen, als ob sie alle Lichter auslöschen wollten. Diese Menschen werden entweder gar nicht oder nur gezwungenerweise lachen können, somit nur einen Schein von Lebensfreude bekundend. Jetzt wird auch klar, warum ein Gesicht Sympathie erwecken kann: wenn es imstande ist, den Eindruck eines Freudenbringers zu erwecken. Die Dunkelheiten der Gefühle von Sympathie und Antipathie sind damit klar beleuchtet und unserem Verständnis nähergebracht.

Als Gegensatz zu diesem Typus erscheinen uns jene Menschen, die man als Friedensstörer bezeichnen könnte, die ununterbrochen bestrebt sind, die Welt als ein Jammertal darzustellen, und die in Schmerzen wühlen. Dieses Unterfangen geht so weit, daß uns eine bewußte Erkenntnis davon in die größte Verwunderung versetzt. Zunächst, was die eigene Person betrifft. Es gibt Menschen, die unablässig bestrebt sind, wie mit einer ungeheuren Last beschwert durchs Leben zu gehen. Jede kleine Schwierigkeit wird aufgebauscht, sie haben für die Zukunft nichts als nur traurige Ausblicke und lassen bei jedem freudigen Anlaß ihre Kassandrarufe ertönen. Sie sind pessimistisch durch und durch, nicht nur für sich, sondern auch für die andern, werden unruhig, wenn sich irgendwo in ihrer Umgebung Freude regt und suchen in jede menschliche Beziehung die Schattenseiten des Lebens hineinzutragen. Sie tun das nicht nur mit Worten, sondern stören auch durch ihre Handlungen und Forderungen das frohe Leben und die Entwicklung des Mitmenschen.


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