4. Prinzipienmenschen und Pedanten.
Ein Typus, der zwar nicht immer etwas Schulmäßiges an sich hat, aber daran erinnert, sind jene Menschen, die alle Lebenserscheinungen in irgendein Prinzip einzufangen suchen, in jeder Situation nach einem Prinzip vorgehen wollen, das sie sich ein für allemal zurechtgelegt haben, von dem sie nicht abzubringen sind, die glauben, sie könnten sich im Leben nicht wohl fühlen, wenn nicht alles seinen gewohnten, richtigen Gang hat. Sie sind meist auch Pedanten. Wir haben bei ihnen den Eindruck von Menschen, die sich so unsicher fühlen, daß sie das Leben in seiner ganzen Unendlichkeit in ein paar Regeln und Formeln hineinzuzwängen versuchen, einfach deshalb, weil sie sonst nicht weiter können und erschrecken. Sie sind bereit nur dann mitzuspielen, wenn sie vorher die Regeln wissen. Vor einer Situation, für die sie keine Regel haben, laufen sie davon. Sie sind gekränkt und beleidigt, wenn ein Spiel gespielt wird, das sie nicht auch treffen. Daß mit dieser Methode auch sehr viel Macht ausgeübt werden kann, liegt auf der Hand. Man denke z. B. an alle die unzähligen Fälle der unsozialen Gewissenhaftigkeit. Wir werden immer auch finden können, daß diese Menschen von einer unbändigen Herrschsucht und Eitelkeit beseelt sind.
Selbst wenn sie fleißige Arbeiter sind, haftet ihnen die Pedanterie und Trockenheit immer an. Oft hemmen diese Erscheinungen in ihnen jede Initiative, machen aus ihnen abgezirkelte Wesen und rufen schrullenhafte Eigenschaften hervor. Der eine wird etwa die Gewohnheit entwickeln, immer am Rand des Gehsteiges zu gehen, oder sich bestimmte Steine suchen, auf die er seinen Fuß setzt. Ein anderer wird wieder kaum zu bewegen sein, einen anderen Weg zu gehen als den, welchen er gewohnt ist. Für die große Breite des Lebens haben diese Typen alle nicht viel übrig. Ihr Wesen in seinen Auswirkungen bringt oft eine ungeheure Zeitvergeudung mit sich und ist von einer Mißstimmung für sich und für ihre Umgebung begleitet. In dem Moment, wo sie in eine neue Situation kommen sollen, die sie nicht gewohnt sind, versagen sie, weil sie dafür nicht vorbereitet sind und glauben, sie ohne Regel, ohne Zauberformel nicht bestehen zu können. Daher werden sie trachten, eine Veränderung möglichst zu vermeiden. Solchen Menschen wird z. B. schon der Übergang zum Frühjahr Schwierigkeiten bereiten, weil sie sich schon so lange für den Winter eingerichtet haben. Der Weg ins Freie, der mit der warmen Jahreszeit erscheint, die dadurch bedingten, vermehrten Beziehungen zu den Menschen erschrecken sie und sie werden sich schlecht befinden. Es sind jene Menschen, die klagen, daß sie sich im Frühjahr regelmäßig unwohl fühlen. Da sie sich einer veränderten Situation so schlecht anpassen können, wird man sie meist nur an Stellen finden, die nicht viel Initiative erfordern, und man wird sie auch nur an solche Stellen setzen, solange sie sich nicht geändert haben. Denn immer ist zu bedenken, daß das keine angeborenen Eigenschaften, keine unabänderlichen Erscheinungen sind, sondern irrtümliche Haltungen zum Leben, die aber mit solcher Gewalt von der Seele Besitz ergriffen haben, daß sie einen Menschen ganz erfüllen, so daß er sich selbst kaum je davon befreien kann.