§ 42. Jakob Böhmes Bedeutung für die Geschichte der Philosophie
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Die Dreieinigkeitslehre, wie sie von manchen Denkern ausgesprochen und bestimmt wurde, war zwar auch eine Konstruktion Gottes als Geist, als Bewußtsein oder eine Konstruktion des Bewußtseins aus Gott und hatte, wenn man von den trüben Ausdrucksweisen, von der Form, in der sie gegeben wurde, abstrahiert, keinen andern Sinn, keinen andern Gedankengehalt als den: Gott ist Bewußtsein73), als Bewußtsein Geist und das Prinzip aller Dinge. Aber in der Dreieinigkeitslehre, wie sie im Geiste der ältern formellen Metaphysik, die nur zertrennt und das Zertrennte verselbständigt, bestimmt und entwickelt wurde, waren die Momente des Bewußtseins als Personen, als Hypostasen oder Substantive verselbständigt, und ließ man wieder die Unterschiede, die doch als Hypostasen fixiert waren, sich auflösen in die Einheit des Wesens, faßte sie zusammen in den Begriff eines geistigen Wesens in den angegebenen formellen Bestimmungen oder Prädikaten. Und Gott oder das geistige Wesen, in das die drei Unterschiede, die nur als Unterschiede der Personen, nicht des Wesens galten, als ihre Einheit sich auflösen, wurde lediglich und allein gefaßt als ein schlechthin Affirmatives oder Positives, als das absolut gute und vollkommene Wesen, so daß, da die Bestimmung der Positivität als die einzig wirkliche, absolute, als die Bestimmung Gottes galt, die Bestimmung der Differenz von der Positivität und Vollkommenheit, der Unterschied von Gott, der überhaupt als Natur und in bezug auf das Moralische als das Prinzip des Bösen gefaßt werden kann, nur die Bedeutung eines Negativen, Nichtseienden hatte. Das Positive in der Natur und Kreatur war daher wohl als ein Positives oder Gutes ein Göttliches, aus Gott, hatte seinen Ursprung in ihm, aber das Negative in ihr, d.h. eben das, wodurch sie ein von dem Positiven, dem Vollkommnen, von Gott Unterschiedenes ist, war als ein rein Negatives, Ungöttliches gefaßt, hatte keinen positiven Ursprung, keine reelle Ursache und war daher auch seinem Ursprung nach in bezug auf die Erkenntnis, da die Bestimmung des Guten als die absolute, einzig reale Bestimmung vorausgesetzt war, als ein Unerkennbares, Unbegreifliches bestimmt. Es fiel somit der Gegensatz Gottes oder der Unterschied von ihm, der überhaupt, wie bereits gesagt, Natur genannt werden kann, außer Gott und Gott daher nicht in die Bestimmung lebendiger, wirklicher Geistlichkeit; denn lebendiger Geist ist er nur, wenn und wiefern er, wie Jakob Böhme ihn erfaßt, den Unterschied von sich in sich selbst begreift und an diesem andern, an diesem Unterschiede in sich sich selbst Gegenstand, offenbar, Bewußtsein ist. Der Unterschied von Gott in Gott selbst ist allein die Quelle seiner und aller Aktuosität und Spontaneität, die Spring- und Sprudelquelle selbsttätigen, das Bewußtsein aus sich selbst wirkenden und heraufschöpfenden Lebens.74) Geist, Selbstbewußtsein sind nur subjektive Bestimmungen, Prädikate, die das Subjekt von Gott aussagt und ihm beilegt, wenn der Unterschied von Gott außer Gott gesetzt wird; immanente Selbstbestimmungen sind sie nur, wenn Gott sozusagen sich selbst zum Geiste konstruiert, aus ihm selbst die zeitlose Genesis seiner zum Geiste vor sich geht. Aber nur wenn das Negative Gottes in Gott selbst enthalten ist, welches aber eben deswegen, weil es in ihm enthalten ist, wie die Darstellung Jakob Böhmes weiter zeigen wird, kein Negatives gegen ihn ist, ist das Bewußtsein, der Geist kein totes Prädikat, sondern die lebendige Selbstbestimmung Gottes selbst. Denn ohne Unterschied, ohne Gegensatz, ohne Entzweiung ist nach Jakob Böhme keine Erkenntnis, kein Bewußtsein möglich, nur am andern, an seinem mit seinem Wesen identischen Gegensatze wird etwas sich klar und bewußt. Wird aber nun eben die Natur nicht in Gott selbst, in Einheit mit ihm gesetzt, in welcher er aber zugleich in sich und für sich selbst ist, indem er sie in sich hat, wird sie außer ihn hinausgesetzt, so wird Gott nur zu einer Person, einem persönlichen Wesen, das wohl vorgestellt wird vom Subjekte als Geist und Bewußtsein, aber es nicht wirklich, es nicht aus sich selbst ist, weil, indem der Gegensatz, die Natur, die Bedingung des Bewußtseins außer Gott gesetzt ist, auch sein Unterschied von ihr außer ihn in das Gott unterscheidende Subjekt fällt, nicht die Selbstunterscheidung Gottes ist.