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Jacob Voorhoeve Homöopathie in der Praxis I. Darstellung der Grundsätze und Lehren der Homöopathie

XII. Abschnitt.
Homöopathische Arzneimittel

Hahnemann unser Vorbild;

Erfahrung unsere Führerin;

Gesundheit unser Ziel!

 

Nicht nur besteht in der Anwendung der Arzneien nach allopathischer und homöopathischer Methode, wie wir gesehen haben, ein großer Unter­schied, sondern es weicht auch die Zubereitung der homöopathischen Arzneimittel in mancher Hinsicht von der offiziellen Arzneibereitung ab.

Hahnemann war vor allem darauf bedacht, die Arzneimittel in einer Form anzuwenden, die neben der größten Einfachheit und Gleichmäßigkeit alle Arzneikräfte der ursprünglichen Substanz ungeschwächt enthält. Nach mancherlei Versuchen und Erfahrungen fand er, daß die Form der wein­geistigen Essenzen und Tinkturen für die meisten pflanzlichen Stoffe die zweckmäßigste ist, während für solche Stoffe, welche weder in Wasser, noch in Weingeist löslich sind, und deren wirksame Bestandteile sich auch nicht durch jene beiden Medien ausziehen lassen, die Pulveri­sierung und äußerst subtile Verreibung mit chemisch-reinem Milchzucker am meisten zu empfehlen ist. Gewisse Stoffe, z. B. Silicea, Lycopodium, Carbo vegetabilis, üben nämlich in unprä­pariertem Zustande keinerlei arzneiliche Wirkung auf den Körper aus, sodaß sie von der Schulmedizin als "indifferent" d. h. unwirksam, betrachtet werden, während dieselben Stoffe durch Verkleinerung ihrer Teilchen mittels stundenlangem Verreiben mit Milchzucker in äußerst, wirksame Arzneien verwandelt werden können. Diese Entdeckung Hahnemanns, welche von allen homöopathischen Ärzten bestätigt worden ist, ist bis jezt alleiniges Eigentum der homöopathischen Heilmethode geblieben. Ein weiterer Vorzug mancher homöopathischer Arznei­präparate ist die Benutzung des frischen, aus der Pflanze gepreßten Saftes, weil durch das Trocknen der Pflanzen deren heil­kräftige Stoffe gewisse Veränderungen erleiden, welche oft genug die Wirkung abschwächen. Dieser Vorzug wird sogar von Autoritäten der Schulmedizin anerkannt, u.a. von Prof. Wood, Verfasser eines englischen Werkes über Pharmakologie, und von Prof. Kobert, welcher in seinem "Lehrbuch der Pharmakotherapie" hierüber sagt: "Um in der Apotheke Jahre lang stets vorrätig sein zu können, sind alle offizineilen Pflanzenteile natürlich nicht in lebensfrischer, sondern in abgestorbener, trockener Form gewählt, wie denn auch das Wort "Droge" Getrocknetes bedeutet. Infolgedessen muß die Arzneimitteltherapie der Ärzte, wie ich schon oft bedauernd ausgesprochen habe, auf die große Zahl der nur im frischen Zustande wirksamen Pflanzen, wie Pulsatilla, Bryonia u. s. w. verzichten, während die diese Pflanzen in frischer Form verwendende Volkstherapie — gemeint ist die Homöopathie — davon mit dem besten Erfolge den ausgedehntesten Gebrauch macht."

Es ist ein Beweis für das Genie und die großen Kenntnisse des Begrün­ders der Homöopathie, daß, obwohl bereits mehr als hundert Jahre seit dem Entstehen dieser Heilweise verflossen sind, jetzt in der Hauptsache noch dieselben Grundsätze bei der Bereitung der homöopathischen Arzneien Gültigkeit haben, die seiner Zeit von Hahnemann aufgestellt und empfohlen worden sind. Zwar sind im Laufe der Jahre von einzelnen homöopathischen Apothekern Änderungen in der Hahnemannschen Arzneibereitungsweise angebracht worden, von denen einzelne, z. B. die Einführung der nach der Dezimalskala zubereiteten Verdünnungen, auch wirkliche Verbesserungen genannt werden können, aber im allgemeinen hat es sich betreffs der sogenannten "reineren" Herstellung der Mittel gezeigt, daß die ursprünglichen Vorschriften Hahnemanns doch immer noch die besten sind. Der homöopathische Arzt muß darauf rechnen können, stets und überall solche gleichmäßig und exakt zubereitete Arzneipräparate zu seiner Verfügung zu haben, mit denen die klassischen Arzneiprüfungen an Gesunden von Hahnemann und seinen Nachfolgern gemacht worden sind. Deshalb ist denn auch für alle Länder der Welt nur eine homöopathische Pharmakopöe angebracht. Es ist dies die Normal-Pharmakopöe für die nach homöopathischen Grundsätzen bereiteten Arzneimittel. Im allgemeinen genügt das "Neue deutsche homöopathische Arzneibuch," welches neuerdings von Dr. Willmar Schwabe in Leipzig herausgegeben worden ist, allen Anforderungen, welche man an eine solche Normal-Pharmakopöe stellen kann. Es gibt in klarer und deutlicher Sprache alle für homöopathische Apotheker notwendigen Anweisungen und kann als Markstein in der Geschichte der wissenschaftlichen homöopathischen Pharmazie gelten.

Welcher Art sind nun die homöopathischen Arzneimittel? Wie sehen sie aus? Wie werden sie zubereitet?

Sie sind dem Pflanzen-, Tier- und Mineralreiche entnommen. Zu dem ersten gehört z. B. Aconitum, zu dem zweiten Apis, während Sulfur ein Vertreter des Mineralreiches ist. Ferner werden noch einzelne Stoffe als Heilmittel verwendet, welche, wie z. B. Tuberculinum, das fein zerteilte Produkt des einen oder andern Krankheitsstoffes sind.

Die pflanzlichen und gewisse tierische Stoffe werden nun so weit wie möglich in frischem Zustande nach besonderen Vorschriften mit Weingeist zu den sogenannten Essenzen und Urtinkturen verarbeitet, während die mineralischen und einzelne andere Stoffe durch wiederholte Verreibung mit Milchzucker in großen Porzellan-Mörsern präpariert werden. Aus diesen Stammpräparaten werden nun die flüssigen Verdünnungen oder Potenzen mit verdünntem oder starkem Alkohol, die festen Verreibungen mit Milchzucker im Verhältnis von 1 auf 100 oder von 1 auf 10, je nachdem die Zentesimal- oder die Dezimalskala benutzt wird, angefertigt. Gegenwärtig wird die Dezimalskala, welche viele Vorzüge aufzuweisen hat, immer mehr in Gebrauch genommen, sie ist auch den Angaben der Arzneipotenzen in diesem Werke zugrunde gelegt. Nach dieser sehr exakten Zubereitungsweise hat also die 

 

1. Dezimalverdünnung oder -Verreibung 1/10 Arzneigehalt
2. 1/100
3. 1/1.000
4. 1/10.000
5. 1/100.000
6. 1/1.000.000
u. s. w.

 

Die bekannten homöopathischen Streukügelchen stellen mit flüssigen Potenzen getränkte und wieder getrocknete Zuckerkörnchen dar. Da nur wenige Tropfen nötig sind, um eine große Anzahl Streukügelchen mit Arznei zu versehen, haben diese Präparate einen viel geringeren Arzneigehalt als die entsprechenden Verdünnungen. Sie werden bei Säuglingen und kleinen Kindern häufig benutzt, während bei Erwachsenen die Verdünnungen und Verreibungen vielfach vorgezogen werden. Unter der 3ten Dezimalpotenz können diese Streukügelchen aus technischen Gründen nicht haltbar hergestellt werden. Sehr bequem für den Gebrauch auf der Reise sind die komprimierten Arzneitabletten, welche eine genau bestimmte Quantität (¼ Gramm) der verlangten Verreibung enthalten; der etwas höhere Preis derselben steht aber einer allgemeinen Benutzung im Wege.

Die Arzneipräparate, welche in der Homöopathie am meisten gebraucht werden, sind demnach:

1. Essenzen und Tinkturen, sowohl für den innerlichen, wie für den äußerlichen Gebrauch;

2. Flüssige Verdünnungen, auch Dilutionen, Verschüttelungen oder Potenzen genannt;

3. Verreibungen oder Triturationen;

4. Streukügelchen oder Globuli;

5. Komprimierte Tabletten.

Von großer Wichtigkeit ist es, die homöopathischen Arzneimittel aus einer anerkannt zuverlässigen Apotheke zu beziehen. Traurige Erfahrungen haben leider den Beweis geliefert, daß es gewissenlose Apotheker gibt, welche sich nichts daraus machen, reinen Spiritus oder Milchzucker an Stelle der verlangten oder verschriebenen Mittel abzuliefern in der Meinung, daß bei homöopathischen Arzneien eine Kontrolle nicht möglich sei. Bei den höheren Verdünnungen ist es allerdings für den Laien schwierig, einen derartigen Betrug nachzuweisen, bei den niedrigen Verdünnungen und Verreibungen dagegen gibt es verschiedene Kennzeichen, welche auch für den Nicht-Chemiker eine Beurteilung der Echtheit des verlangten Mittels erleichtern. So können z. B. viele Tinkturen und Verdünnungen an der Farbe, dem Geruch und dem Geschmack erkannt werden. Aloe z. B. ist noch in der 4. Dezimalpotenz gelblich braun gefärbt, Hepar sulfuris hat noch in der 3. und 4. Dezimalverreibung einen eigentümlichen Geschmack nach Schwefel­wasserstoff, Mercurius solubilis muß in der 3. Dezimalverreibung eine graue, Antimonium sulfuratum aurantiacum in derselben Verreibung eine schöne gelb-rötliche Farbe aufweisen. So können die mineralischen Arzneimittel unter der 8. Dezimalpotenz nicht flüssig zubereitet werden; wenn daher ein Apotheker z.B. Aurum 3. Potenz in Tropfen abliefert, liegt offenbarer Irrtum oder Betrug vor. Es ist deshalb ratsam, bei der Bestellung eines Mittels in einer homöopathischen Apotheke stets zu verlangen, daß die Nummer der Potenz hinter dem Namen des Mittels auf der Etikette notiert wird. Durch mikroskopische und chemische Untersuchung können jedoch noch viel höhere Verdünnungen und Verreibungen als die obengenannten auf ihren Arznei­gehalt geprüft werden. In dem chemischen Laboratorium von Dr. W. Schwabe in Leipzig werden derartige Untersuchungen ausgeführt, es ist daher in zweifelhaften Fällen sehr zu empfehlen, davon Gebrauch zu machen.

Besteht am Orte, wo man wohnt, eine zuverlässige homöopathische Apotheke, dann ist es empfehlenswert, die Mittel, welche vom Arzte verschrie­ben werden oder welche man selbst kaufen will, aus dieser Apotheke zu beziehen, da man dann den Vorteil hat, die Mittel stets frisch zu bekommen, was für die gute Wirkung äußerst wichtig ist. Befindet sich jedoch keine derartige Apotheke in der Nähe, dann ist es am besten, die verlangten Mittel aus einer der großen homöopathischen Zentralapotheken (oder deren Niederlagen) zu beziehen oder sich eine sogenannte verbesserte Hausapotheke mit 42 oder 64 Mitteln in Verdünnungen und Verreibungen anzuschaffen. Diese verbesserten Apotheken sind den gewöhnlichen Hausapotheken vorzuziehen, weil sie die viel benutzten Mittel in größeren Flaschen enthalten.

Die bekannte homöopathische Zentralapotheke von Dr. W. Schwabe in Leipzig stellt zwei verbesserte Hausapotheken nach Angabe des Verfassers dieses Werkes zusammen, von denen die kleinere 42, die größere 115 homöopathische Mittel in Verdünnungen, Verreibungen und Tinkturen zum äußerlichen Gebrauch, wie solche in diesem Buche empfohlen werden, enthält. In beiden Apotheken sind die Mittel vertreten, welche in der Homöopathie am häufigsten gebraucht werden, die sogenannten Polychresten, welche bei vielen akuten und chronischen Krankheiten von großem Nutzen sind. Der Leser findet diese Mittel im 1. Abschnitt des 3. Teiles dieses Werkes, wo ihre charakteristische Wirkungsweise näher beschrieben ist. Außer den dort genannten gibt es noch manche andere mehr oder weniger gebräuchliche homöopathische Arzneimittel, von denen viele bei der Krankheitsbeschreibung im 3. Teile genannt sind. Eine vollständige Liste würde deren mehr als 300 enthalten. Diese alle genau zu kennen, ist nicht einmal für den homöopathischen Arzt erforderlich, viel weniger für den Laien. Wichtiger ist es für jeden, welcher homöopathische Mittel bestellen will, zu wissen, welche Mittel er ohne ärztliche Verordnung nicht unter der 3. oder 4. Dezimalpotenz bei sich selbst oder andern verwenden darf, da diese Mittel in niedriger Verdünnung giftig sind oder wenigstens eine unter Umständen zu starke Wirkung äußern können.

Die Liste dieser Mittel lautet wie folgt:

 

Aconitum.

Agaricus.

Ammonium jodatum.

Argentum nitricum.

Arsenicum album.

Arsenicum jodatum.

Aurum muriaticum.

Belladonna.

Calabar.

Calcarea arsenicosa.

Calcarea jodata.

Cannabis.

Cantharis.

Colchicum.

Colocynthis.

Conium.

Digitalis.

Glonoïnum.

Gutti.

Helleborus.

Hydrocyani acidum.

Hyoscyamus.

Ipecacuanha.

   

Jodium.

Kali bichromicum.

Kreosotum.

Lactuca.

Lobelia.

Mercurius cyanatus.

Mercurius dulcis.

Mercurius jodatus.

Mercurius solubilis.

Mercurius sublimatus.

Nux vomica.

Opium.

Phosphorus.

Pulsatilla.

Sabina.

Secale cornutum.

Stramonium.

Strophantus.

Tabacum.

Tartarus emeticus.

Veratrum album.

Veratrum viride.

Uranium nitricum.

 

 

Hiermit ist natürlich nicht beabsichtigt zu sagen, daß man alle anderen Mittel ohne ärztlichen Rat einnehmen darf oder soll. Der Zweck dieser Liste ist nur der, die Aufmerksamkeit des Lesers besonders auf diese Mittel zu lenken, da ihre Verwendung in zu niedrigen Verdünnungen, ohne sachver­ständige Überwachung, große Gefahren für die Gesundheit, ja sogar Vergiftungen hervorrufen kann. In den oben genannten Hausapotheken werden diese Mittel deshalb denn auch nicht unter der 4. Dezimalpotenz geliefert.

Was die Aufbewahrung der homöopathischen Arzneimittel betrifft, ist es nötig, dafür zu sorgen, daß die Fläschchen nach jedesmaligem Gebrauch sorgfältig verschlossen werden, weil sonst die sehr flüchtigen Verdünnungen in kurzer Zeit vollständig verdunsten. Auch müssen die Fläschchen auf­gestellt, nicht gelegt werden, damit die Korkstöpsel nicht fortwährend von der Flüssigkeit bespült und ausgezogen werden. Die Mittel müssen ferner an einem trockenen, kühlen, der Sonne nicht ausgesetzten Orte aufbewahrt werden, wo weder starke Ausdünstungen noch Gerüche hindringen. Werden die homöopathischen Mittel auf diese Weise richtig aufbewahrt, dann bleiben sie sehr lange gut und wirksam. Eine Ausnahme machen gewisse niedrige, mit destilliertem Wasser zubereitete Verdünnungen, welche öfters erneuert werden müssen. Die meisten Verdünnungen, Verreibungen und Streukügel­potenzen sind sehr dauerhaft. Tinkturen oder Verdünnungen, welche trübe geworden sind oder einen Satz aufweisen, Verreibungen mit muffigem Geruche, und gelb und bröcklig gewordene Streukügelchen sind verdorben und müssen daher durch frische Präparate ersetzt worden.

Über das Einnehmen der homöopathischen Mittel gelten folgende Vorschriften:

I. Flüssige Potenzen. Die bestimmte Anzahl (gewöhnlich 2 bis 5) Tropfen wird in einem Tee- oder Eßlöffel frischen, reinen Wassers geschüttet und sofort eingenommen. Es empfiehlt sich, den Rand des Arzneigläschens vor dem Ausschütten mit dem Kork zu befeuchten, da sonst leicht zu viel Tropfen auf einmal ausfließen. Dies geschieht am besten, indem man das Fläschchen umkehrt und mit dem also befeuchteten Korke seinen Rand bestreicht.

II. Feste Verreibungen. Von dem betreffenden Pulver wird jedesmal eine gute Messerspitze voll (zirka ¼ Gramm) trocken auf die Zunge gelegt und so lange im Munde behalten, bis es aufgelöst ist. Dann kann etwas Wasser nachgetrunken werden. Die Arznei wirkt auf diese Weise oft schon von der Mundschleimhaut aus auf die Nerven.

III. Streukügel und Tabletten. Diese nimmt man einfach in der verordneten Zahl (gewönlich 5 Streukügel oder 1 Tablette) ein und läßt sie im Munde zergehen.

Sämtliche Arzneien wirken am besten, wenn sie bei leerem Magen, also vor den Mahlzeiten eingenommen werden.

Was die Wiederholung der Dosis der angezeigten Mittel betrifft, gilt im all­ge­meinen in der Homöopathie die Regel, daß bei chronischen Krankheiten die Dosen nur ein oder zweimal täglich, manchmal auch nur alle 24-48 Stunden oder noch seltener wiederholt werden, während bei akuten und fieberhaften Krankheiten das Mittel 3 bis 4 mal täglich, bei lebensgefährlichen Zuständen, z. B. bei Krupp oder Cholera, sogar alle 5 bis 10 Minuten eingenommen werden muß. Der homöopathische Arzt verschreibt in solchen Fällen öfters eine geeignete Mischung des Mittels oder läßt die nötige Anzahl Tropfen in eine bestimmte Quantität Wasser auflösen, sodaß sich in jedem Tee- oder Kaffeelöffel, welche dem Kranken verabreicht wird, die vorgeschriebene Dosis befindet.

Bezüglich der Gabengröße und des Gebrauches von höheren oder niede­ren Verdünnungen und Verreibungen lassen sich keine für alle Fälle gültigen Vorschriften geben. Die persönliche Erfahrung des homöopathischen Arztes gibt hierbei den Ausschlag. Die Art der Krankheit, die Konstitution, das Geschlecht, das Alter des Kranken und die Kraft der Arznei müssen hierbei berücksichtigt werden. Im allgemeinen kann gesagt werden, daß bei akuten Krankheiten, bei Erwachsenen und kräftigen Personen meistens die niederen Potenzen, bei chronischen Krankheiten, bei Kindern und schwachen Frauen oft — jedoch durchaus nicht immer — die höheren Potenzen vorzuziehen sind. Die Erfahrung lehrt, daß der abwechselnde Gebrauch zweier oder mehrerer Mittel in bestimmten Fällen nützlich sein und die Heilung beschleu­nigen kann. Wo es uns nötig schien, haben wir bei der Behandlung der Krankheiten im 3. Teile auf diese Anwendungsweise ausdrücklich hinge­wiesen.

Der Vollständigkeit halber erwähnen wir noch die sogenannten biochemi­schen Heilmittel, welche von dem homöopathischen Arzte Dr. Schüssler in die Praxis eingeführt worden sind. Streng genommen gehören dieselben nicht zur Homöopathie, aber sie haben mit den homöopathischen Mitteln dies gemeinsam, daß sie in sehr kleinen Gaben verabreicht werden. Zudem sind verschiedene Schüßlersche Mittel von alters her bekannte und viel benutzte homöopathische Polychreste, für welche die Biochemie einige neue Indikationen geliefert hat, welche bei der Krankenbehandlung gute Resultate aufzuweisen haben. Die 11 Mittel, welche dieser Methode angehören, sind folgende: Ferrum phosphoricum, Magnesia phosphorica, Natrum muriaticum, Natrum phosphoricum, Natrum sulfuricum, Calcarea phosphorica, Calcarea fluorica, Kali phosphoricum, Kalium chloratum, Calcarea sulfurica, und Silicea. Es sind sämtlich anorganische Salze, welche bei der Zusammensetzung der Gewebe des menschlichen Körpers eine gewisse Rolle spielen. Einzelne dieser Mittel leisten ausgezeichnete Dienste bei verschie­denen Krankheitszuständen, z. B. Calcarea phosphorica bei gewissen Fällen von Bleichsucht, Kali phosphoricum bei Erschöpfungszuständen des Nervensystems u. s. w. Sie werden gewöhnlich in der 6. Dezimalverreibung verwendet.

 

Wir sind mit dem ersten Teile unseres Werkes zu Ende. Wir haben versucht dem Leser, welcher die Homöopathie nur dem Namen nach kannte, eine zwar gedrängte, aber dennoch möglichst vollständige Übersicht über die Entdeckung, die Grundsätze, den Wert und die Ausbreitung der homöopathischen Heilweise zu geben. Aber auch dem Anhänger der Homöopathie, welcher unsere Heilweise schon lange kennt und sie zu schätzen weiß, hoffen wir neben vielem, was ihm schon bekannt war, doch auch noch manches Neue von Interesse über unseren Gegenstand gebracht zu haben, wodurch er noch mehr in der Überzeugung, sein Vertrauen nicht in eine unwissenschaftliche oder unwirksame Heilmethode gesetzt zu haben, bestärkt wurde.



DRUCKVERSION
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XI. Einige statistische Angaben - I. Kurz zusammengefasste Gesundheitslehre