Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
In der Homöopathie sind mehr als ein Dutzend Kalkpräparate in Gebrauch, von denen verschiedene von Hahnemann selbst empfohlen worden sind. Das bekannteste Präparat ist Calcarea carbonica oder der kohlensaure Kalk, welcher nach Hahnemanns Vorschrift aus dem schneeweißen Inneren der Austernschalen angefertigt wird; weiterhin nennen wir Calcarea phosphorica, der phosphorsaure Kalk, welcher besonders von Dr. Schüssler empfohlen worden ist, Calcarea jodata, eine Verbindung von Kalk und Jodum, und Calcarea fluorica, der kristallisierte Flußspat.
Gebräuchliche Präparate: 3.—6. und höhere Dezimalverreibungen; Verdünnungen nicht unter der 10. Dezimalpotenz.
Wirkung. Die Kalkpräparate wirken auf Haut, Drüsen und Knochen und rufen, wie sorgfältige Prüfungen am gesunden Menschen gezeigt haben, eine Reihe von Stoffwechselstörungen und damit in Verbindung stehende Krankheitserscheinungen hervor.
Abmagerung trotz gutem Appetit. Schwächliches Aussehen, Neigung zu Erkältungen, bleiche Gesichtsfarbe, schlaffe Muskeln und schwache Knochen, Neigung zu Hautausschlägen, welche besonders bei Kindern oft hartnäckig sind. Verkrümmung des Rückgrats und der Beine, zu großer Kopf bei kleinen Kindern, wobei die Fontanellen sich nicht schließen wollen. Zu langsames Wachstum des Körpers, wogegen die geistigen Fähigkeiten frühzeitig entwickelt sind. Entzündete Nasenlöcher, mit Krusten bedeckt, übelriechender Schleim und Eiterabsonderung aus Nase und Ohren, öfters sich wiederholende Augenentzündungen, entzündete Augenlider. — Kopfschmerzen langwieriger Art, begleitet von Verdauungsbeschwerden, besonders bei nervösen Frauen. — Geschwollene Drüsen in der Hals- und Leistengegend, trockene, rauhe Haut, mit klebrigem Schweiß der Hände und Füße. — Saurer Geschmack im Mund, brennendes Gefühl im Magen, Widerwillen gegen Fleisch, Lust nach Salz und scharfen Speisen, bei Kindern auch nach Kalk, Kreide und dergleichen unverdaulichen Sachen. Geschwollener Leib, langwieriger Durchfall mit sauerriechenden, schleimigen Entleerungen, wiederholtes Urinieren, besonders nachts, wobei das Wasser trübe ist. — Ermattender Schweiß, besonders nachts mit unruhigem Schlaf, Nervenschwäche, gedrückter Stimmung und Verdrießlichkeit. Neigung zum Weinen, schlechtes Gedächtnis und große Ermüdung nach der geringsten körperlichen oder geistigen Anstrengung.
Charakteristische Kennzeichen. Verschlimmerung und erneutes Auftreten der Beschwerden nach dem Aufenthalt in kalter Luft oder an feuchten Stellen, nach kalten Bädern und Waschungen.
Anwendung bei Kranken. Calcarea carbonica wird besonders bei chronischen Krankheiten, in höheren Potenzen und nicht oft wiederholten Gaben angewendet, während Calcarea phosphorica, in niedrigeren Dezimalverreibungen 2—3 mal täglich verabreicht, bei Bleichsucht und bei Schwächezuständen, welche im Verlauf oder nach akuten Krankheiten auftreten, oft gute Dienste leistet. In hartnäckigen Fällen wird Calcarea jodata öfters vorgezogen, weil dieses durchgreifender zu wirken scheint, während Calcarea fluorica bei harten Geschwülsten der Drüsen und Brüste und bei chronischer Knochenhautentzündung oft von großem Nutzen ist. Im allgemeinen ist Calcarea angezeigt und wirksam bei den verschiedenen Formen der Skrofulose, bei englischer Krankheit und in anderen chronischen Knochenerkrankungen, bei Schwellung und Verhärtung der Drüsen, bei hartnäckigen Hautausschlägen, bei Migräne der Frauen (in Abwechslung mit Sepia), bei unregelmäßiger Menstruation, besonders wenn die Regel zu früh eintritt, zu stark ist und zu lang anhält; und bei verschiedenen anderen chronischen Krankheitszuständen, welche durch allgemeine Schwäche und verminderte Widerstandsfähigkeit gekennzeichnet sind.