Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
3. Lungenerweiterung oder Emphysem ist meistens die Folge langwieriger chronischer Kartarrhe, welche sich selbst überlassen oder verkehrt behandelt wurden. Bei Kindern entsteht diese Krankheit zuweilen bei Keuchhusten, sowie im allgemeinen auch nach andauernder Überanstrengung der Lungen, z. B. bei Personen, welche viel und laut sprechen müssen, beim Instrumentenblasen und vielem und schnellem Laufen und Bergsteigen. Dadurch werden die Lungenbläschen krankhaft erweitert und verlieren ihre Elastizität, sodaß sie die Luft nicht mehr gehörig aus den Lungen auszutreiben imstande sind. Hierdurch entsteht Kurz- oder Schweratmigkeit, das Hauptkennzeichen der Lungenerweiterung. Hierzu kommen Husten und Auswurf, welche sich besonders in der rauhen Jahreszeit und nach Erkältung verschlimmern. Besteht die Lungenerweiterung längere Zeit, dann werden auch andere Organe, besonders das Herz und der Magen in Mitleidenschaft gezogen und der Kranke magert ab, sodaß er von Laien oft fälschlich für einen Schwindsüchtigen gehalten wird. Durch die physikalische Untersuchung der Brust ist der Arzt jedoch immer imstande die richtige Diagnose zu stellen, welche natürlich für die Behandlung von der größten Wichtigkeit ist.
Obwohl die Lungenerweiterung in den meisten Fällen nicht ganz geheilt werden kann, da es schwierig ist, die verlorene Elastizität der Lungenbläschen wiederherzustellen, können Emphysematiker doch ein ziemlich hohes Alter erreichen, wenn sie sich einer vernünftigen Lebensweise befleißigen. Die Hauptsache ist dabei, alles zu vermeiden, was einen neuen Katarrh verursachen könnte, wie z. B. Erkältung, rauhe Luft, Rauch, Staub, das Schlafen in zu kalten Räumen, Überanstrengung der Lungen durch zu schnelles Laufen oder Bergsteigen. Sehr zu empfehlen sind Ausatmungsübungen, wodurch die alte, verbrauchte Luft aus den Lungen entfernt wird; dieses kann erreicht werden durch systematisches Zusammenpressen des Brustkastens mit beiden Händen, durch Übungen in einem sogenannten Atmungsstuhl oder durch Ausatmungen in verdünnte Luft mittels des Fränkelschen Harmonika-Apparates, wodurch die Atembeschwerden oft sehr erleichtert werden können. Ferner muß für hygienische Unterkleidung, Abhärtung der Haut und geeignete Ernährung bei Vermeidung zu vielen Trinkens Sorge getragen werden, lauter Punkte, welche zwar unbedeutend erscheinen könnten, für solche Leidende aber von großer Wichtigkeit sind, und worüber man nähere Einzelheiten im 2. Teile dieses Werkes finden kann.
Für die Mittelwahl lese man nach unter Husten und Luftröhrenkatarrh. Von Vorteil ist oft der wochenlang fortgesetzte Gebrauch von Naphthalinum III, zweimal täglich eine Messerspitze, wodurch in frischen Fällen mitunter sogar Heilung erzielt werden kann. In langwierigen Fällen sind besonders Arsen. jod. IV—VI, Calcar jod. III, Kal. jod. 2 und Stib. arsen. IV—VI zu versuchen. Bei Verdauungsstörungen, Herzbeschwerden u. s. w. kommen die bei diesen Krankheiten genannten Mittel in Betracht.