Jacob Voorhoeve |
- |
Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
4. Mittelohrentzündung, auch Mittelohrkatarrh genannt, kann sowohl akut wie chronisch auftreten. Die akute Form entsteht durch Erkältung oder durch den Übergang von Nasen- und Rachenkatarrhen auf des Mittelohr; ferner tritt sie im Verlauf ansteckender Krankheiten, wie Masern und Scharlach, öfters auf. Die Beschwerden bestehen in heftigen Ohrenschmerzen, Ohrensausen und Schwerhörigkeit. Die besten Mittel sind Pulsat. 3, Chamom. 3 und Bellad. 4, nebst warmen Eingießungen von Kamillentee oder von verdünnter Plantago-major-Tinktur. Auch das Einträufeln von warmem Mandelöl oder Glyzerin können wir empfehlen, ebenso sind heiße Fußbäder und Bettdampfbäder oft von Nutzen. Nimmt der Patient sich nicht genug in acht, oder wird keine richtige Behandlung eingeleitet, dann geht die akute Form in die chronische über, welche sehr hartnäckig ist und oft zur Durchbohrung des Trommelfells und Mittelohrvereiterung führt. Durch innerliche Verwachsungen nehmen dann das Ohrensausen und die Schwerhörigkeit zu, ja sogar vollständige Taubheit kann schließlich die Folge sein. Zuweilen kann auch durch Übergang des Eiterprozesses auf das Gehirn eine sehr gefährliche Hirnhautentzündung die Folge sein. Es ist deshalb unbedingt notwendig, in allen heftig auftretenden oder langwierigen Fällen von Mittelohrentzündung einen Arzt zu Rate zu ziehen. Dagegen vermeide man die Anwendung scharfer, ätzender Flüssigkeiten in den Ohren und benutze bei Eiterabsonderung an deren stelle lieber lauwarme Eingießungen einer 2 prozentigen Borsäurelösung oder Einblasungen von pulverisierter Borsäure, wonach das Ohr mit Watte zugestopft wird. Hiermit sind, besonders bei Kindern, in vielen Fällen befriedigende Erfolge zu erzielen, und zwar um so sicherer, wenn damit eine innerliche Behandlung mit homöopathischen Mitteln Hand in Hand geht. In dieser Hinsicht sind die wichtigsten Mittel: Calcar. phosph. VI und Calcar. jod. IV bei skrofulösen Kindern; Hydrast. canad. 2 bei Schleimabsonderung und gleichzeitigem Angegriffensein der Nase und des Rachens; Kal. bichrom. IV bei blutig-eitriger Absonderung; Kal. jod. 2 bei syphilitischer Ohrenentzündung; Mercur. solub. IV bei Geschwüren, Eiterung und Ohrenschmerzen, welche nachts am heftigsten sind; Psorinum XII, Silicea VI und Sulfur VI in veralteten Fällen.