Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
10. Verbrennungen entstehen durch Einwirkung von Feuer, Hitze, kochendem Wasser oder ätzenden Stoffen auf die Haut. Man unterscheidet 3 Grade von Verbrennung. Beim sog. ersten Grad der Verbrennung ist nur eine schmerzhafte Schwellung und Röte der Haut vorhanden. Hält man die verbrannte Stelle ganz nahe ans Feuer, dann lassen die Schmerzen nach anfänglicher Verschlimmerung bald nach; man kann aber auch Umschläge mit kaltem Wasser, dem etwas Urtica-Tinktur zugesetzt ist, machen.
Beim sog. zweiten Grad der Verbrennung bilden sich auf der entzündeten Haut mehr oder weniger zahlreiche, mit einer gelblichen, wässerigen Flüssigkeit gefüllte Blasen. Man entferne diese Blasen nicht, sondern steche sie mit einer in einer Spiritusflamme ausgeglühten Nadel am unteren Rande an, wodurch die Flüssigkeit abfließen kann, und bedecke die Wunden mit Verbandwatte, welche mit verdünnter Urtica-Tinktur oder verdünntem Alkohol getränkt ist. Bei frischen Brandwunden hat jeder Verband, welcher die Luft vollkommen abschließt, eine gute und schmerzstillende Wirkung; so kann man Eiweiß, Baumöl, Karbolöl, Arnica-Salbe, oder die in den Apotheken vorrätige Brandsalbe (aus gleichen Teilen Leinöl und Kalkwasser bestehend) anwenden. Hat man nichts derartiges zur Hand, dann schabe man gewöhnliche, weiße Kernseife, mache daraus mit Wasser einen dicken Brei und streiche diesen auf Leinwandstreifen, mit denen man die verbrannten Stellen bedeckt. Sehr empfehlenswert ist es auch, die Brandwunden mit einem Pulver, aus gleichen Teilen Dermatol und Kartoffel- oder Bohnenmehl bestehend, dick zu bestreuen, da hierdurch die aus den Blasen abfließende Flüssigkeit aufgesaugt wird.
Beim dritten Grad der Verbrennung wird die verbrannte Stelle völlig zerstört und es bildet sich ein schwärzlicher, harter Brand-schorf, welcher durch eine neue Entzündung oder Eiterung allmählich losgelöst wird. Die Behandlung muß dem Arzte überlassen bleiben; bis zu dessen Ankunft kann man die obengenannten Mittel anwenden. Zuweilen ist nur noch von der Amputation des verbrannten Gliedes Rettung zu erwarten. Ist mehr als ein Drittel der Körperoberfläche verbrannt, dann ist eine Wiederherstellung sehr zweifelhaft; die Kranken sind in diesem Falle gewöhnlich ganz ruhig, beklagen sich nicht über Schmerzen, seufzen dann und wann und haben heftigen Durst.
Geraten die Kleider einer Frau in Brand, wie das infolge der noch immer verbreiteten Unsitte, das Feuer mit Petroleum anzuzünden, oft genug vorkommt, dann ergreife man die erste beste Decke, einen Teppich oder ein Kleidungsstück, werfe dieses um die brennende Person, welche man darauf auf den Boden legt und solange hin und her rollt, bis die Flammen erstickt sind; dann erst übergieße man sie gründlich mit Wasser und schicke sofort zum Arzt; die Kleider dürfen nicht abgerissen, sondern müssen mit der größten Vorsicht mit einer guten Scheere oder einem scharfen Messer durchschnitten und behutsam entfernt werden.
Von innerlichen Mitteln sind Aconit. 4 und Arnica 3, im Wechsel genommen, bei Fieber, Arsen. alb. 6—4, Canthar. 6 oder Caustic. 4 bei heftigen Schmerzen, und Hep. sulf. IV, Silicea VI oder Sulfur VI bei langanhaltender Eiterung angezeigt.