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Jacob Voorhoeve Homöopathie in der Praxis III. Behandlung der Krankheiten und erste Hilfe X. Krankheiten der Geschlechtsorgane

B. Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane

[1. Menstruationsstörungen]

1. Menstruationsstörungen. Die normale Menstruation oder monatliche Reinigung, auch Regel, Periode oder Unwohlsein genannt, ist eine bei Mädchen und Frauen vom 12. oder 14. bis zum 45. oder 50. Lebensjahr periodisch alle 3—4 Wochen (meistens alle 28 Tage) eintretender Blutabgang aus den Geschlechtsorganen, welcher gewöhnlich 3—5 Tage anhält. Das Klima, die Tätigkeit, der allgemeine Gesundheitszustand und Gemütsbewegungen haben großen Einfluß auf den Monatsfluß. Durch große Aufregung, z.B. Schrecken und anstrengende Kopfarbeit kann die Periode unterdrückt werden; während der Schwangerschaft und des Stillens setzt dieselbe naturgemäß aus.

Die Menstruation ist ein physiologischer Vorgang, welcher auf dem Austreten eines reifen Eies aus dem Eierstock in die Gebärmutter beruht und ist demnach der Ausdruck der normalen Tätigkeit der weiblichen Geschlechtsorgane. Sind die Eierstöcke durch eine Krankheit zu Grunde gegangen oder durch eine Operation entfernt, dann entsteht Unfruchtbarkeit und die Periode bleibt für immer weg. Die gewöhnlichen Beschwerden, welche bei der monatlichen Reinigung bei den meisten Mädchen und Frauen mehr oder weniger vorkommen, sind ziehende Schmerzen im Rücken oder im Unterleib, nervöses Herzklopfen, Neigung zum Schwitzen und weicher Stuhlgang.

Das erste Erscheinen der Menstruation ist bei jungen Mädchen nicht selten mit ernsten Beschwerden, z. B. wochenlang andauernden Rücken- oder Leibschmerzen verbunden; in diesen Fällen ist der abwechselnde Gebrauch von Pulsat. 3 und Sulfur VI, nebst warmen Sitzbädern und einer reizlosen Diät zu empfehlen. Sind die Schmerzen sehr heftig, dann ist eine ärztliche Untersuchung unbedingt nötig, da die Ursache in einem Hindernis für den Blutabgang gelegen sein kann, welcher durch eine Operation beseitigt werden muß. Bei blutarmen oder schwächlichen jungen Mädchen erscheint die Menstruation oft viel später als gewöhnlich; es ist aber unnötig und sogar schädlich, die Periode mit Gewalt durch allerlei Mittel hervorrufen zu wollen, da dieselbe schon von selbst kommt, wenn der Körper genügend entwickelt und gekräftigt ist. Wichtiger als Arzneien sind in solchen Fällen die allgemeinen Gesundheitsregeln und eine leichtverdauliche, blutbildende Nahrung, worüber wir uns schon wiederholt geäußert haben (vergl. S. 67).

Zwischen dem 45. und 50. Lebensjahr bleibt die Menstruation allmählich, zuweilen jedoch auch plötzlich aus. Es sind dies die sogenannten Wechseljahre, in denen die Frauen oft über Kopfschmerzen, fliegende Hitze, Schwindel, Schlaflosigkeit und nervöse Beschwerden klagen, Erscheinungen, welche zuweilen auch nach dem gänzlichen Aufhören der Menstruation noch einige Zeit anhalten. Ausgiebige Körperbewegung in der frischen Luft, das Vermeiden von Kaffee und Wein, kalte Waschungen und Sitzbäder und der abwechselnde Gebrauch von Calcar. carb. VI und Sepia VI leisten in diesen Fällen meistens gute Dienste; zuweilen sind jedoch noch Lachesis 12 oder Glonoin. 6 angezeigt.

Die Hygiene der Menstruation schreibt das Tragen einer Binde von Leinwand, welche mit Watte, feiner Holzwolle oder ähnlichem, aufsaugendem Material versehen ist, vor, weil hierdurch die Reinlichkeit gefördert und Erkältung vermieden wird. Kalte Waschungen dürfen erst nach Ablauf der Periode, lauwarme Sitzbäder können dagegen während der Periode unbedenklich genommen werden.

Bei unterdrückter Menstruation infolge von Erkältung, Diätfehlern (z. B. Trinken von großen Mengen kalten Wassers) oder Kaltwasserprozeduren leisten heiße Fußbäder, warme Sitzbäder, heiße Aufschläge auf den Unterleib und der innerliche Gebrauch von Aconit. 4 oder Pulsat. 3 gute Dienste. Treten anstelle der Menstruation Nasenbluten, Schwindel oder Kopfschmerzen auf, dann sind Bellad. 4 oder Bryon. 3 und bei Lungenblutungen Bellad. 4 oder Phosph. 6 angezeigt. Heftige Unterleibsschmerzen, sog. Menstrualkolik, erfordern Heißwasseraufschläge auf den Unterleib, nebst dem Gebrauch folgender Mittel: Bellad. 4 bei gleichzeitig auftretenden Kopfschmerzen und Schwindelanfällen (zuweilen im Wechsel mit Chamom. 3 schneller wirksam); Cocculus 4 bei krampfartigen Schmerzen mit starkem Blutabgang, Übelkeit und Erbrechen; Gelsem. 4 bei hysterischen Krämpfen; Kal. carbon. 6 bei Herzklopfen; Magnes. phosph. VI bei Schmerzen, welche durch Wärme und Druck besser werden; Nux vom. 4 bei zu früher und zu starker Regel mit Rückenschmerzen und Verstopfung; Senecio 3 bei gleichzeitig vorhandenem Luftröhrenkatarrh; Veratr. 4 bei Erbrechen, Durchfall und kaltem Schweiß; Viburn. opul. 1 bei Kolikschmerzen vor Beginn der Regel.

Bei zu früh eintretender, zu lange anhaltender und zu starker Menstruation, wie dies besonders bei blutarmen und bleichsüchtigen Mädchen öfters der Fall ist, ist Calcar. carbon. VI längere Zeit, jedesmal in der Zwischenzeit der Periode genommen, von großem Nutzen. Versagt dieses Mittel, dann ist Arsen. alb. 5 morgens und Ignat. 3 abends zu empfehlen. Ist das zu starke Auftreten der Regel die Folge von Vollblütigkeit, dann ist Nux vom. 4 oder Sepia VI von Nutzen; wird es dagegen durch Überreizung der Geschlechtsorgane hervor­gerufen, dann ist Plat. muriat. VI am Platze. Bei starken Blutungen ist Bettruhe erforderlich, nebst dem innerlichen Gebrauch folgender Mittel: Hamam. 2 oder Hamamelis-Extrakt bei Abgang hellroten Blutes; Hydrast. canad. 2 bei dunkelrotem Blut; Ipecac. 4 bei gleichzeitig vorhandenen Verdauungsstörungen; Millefol. 2 bei sehr starken Blutungen; Secal. corn. 3 bei dunkelrotem, klumpigem Blut und großer Schwäche. Bei allen langanhaltenden Menstruationsstörungen, oft wiederholten Kolikschmerzen und heftigen Blutungen ist eine genaue allgemeine und örtliche ärztliche Untersuchung unbedingt anzuraten.



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