Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
1. Tripper ist eine ansteckende Krankheit der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane, welche durch mikroskopisch kleine Spaltpilze, sogenannte Gonokokken, verursacht wird. Diese Bazillen befinden sich in dem eitrigen Schleim, welcher aus der Harnröhre fließt, und werden durch den Beischlaf oder durch Berührung mit unreinen Händen übertragen. Die hauptsächlichsten Beschwerden sind: brennende Schmerzen beim Wasserlassen, schleimig-eitriger Ausfluß aus der Harnröhre, Entzündung der Vorhaut, zuweilen auch Schwellung der Hoden. Bei Frauen entstehen oft sehr schmerzhafte und langwierige Entzündungen der Scheide, der Gebärmutter oder der Eierstöcke.
Die Behandlung, welche, wenn irgend möglich, einem Arzt überlassen werden muß, besteht in den ersten Tagen in Bettruhe, wenigstens während der kälteren Jahreszeit, in warmen Bädern oder Sitzbädern von 37° C. und dem 2 stündlichen Einnehmen von Mercur. corros. 5. Gegen die heftigen Schmerzen beim Wasserlassen sind Canthar. 6 und Cannab. sat. 3 von Nutzen. Wein, Bier und Kaffee, scharf gesalzene und gewürzte Speisen sind streng verboten; dagegen sind besonders Milch und Haferschleim zu empfehlen. Durch das Einnehmen einiger Eßlöffel Olivenöls werden die Schmerzen zuweilen rasch gelindert. Von großer Wichtigkeit ist es ferner, die Geschlechtsteile reinzuhalten und die Hände öfters mit warmem Seifenwasser zu waschen. Bei dieser milden Behandlung wird die Krankheit meistens innerhalb einiger Wochen vollkommen geheilt, während durch die gegenwärtig viel gebrauchten Einspritzungen scharfer Mittel die akute Entzündung zwar rasch beseitigt wird, aber Nachkrankheiten und Komplikationen, wie Nachtripper, Hodenentzündung oder Blasenkatarrh viel häufiger auftreten. In chronischen Fällen findet fortwährend ein geringer Schleimausfluß aus der Harnröhre statt und ist der Urin mit Schleimfäden vermischt. In solchen Fällen sind Einspritzungen einer halbprozentigen Lösung von übermangansaurem Kali oder von einer zweiprozentigen Lösung von Zincum sulfuricum am Platze. Auch das Einnehmen von Thuja 6 hat guten Erfolg. Tripperkranke, welche heiraten wollen, müssen solange damit warten, bis die obengenannten Erscheinungen gänzlich beseitigt sind, da ein scheinbar unbedeutender Nachtripper des Mannes die Ursache einer jahrelangen Unterleibskrankheit seiner Frau werden kann.
Die Behandlung des Frauentrippers besteht in warmen Sitzbädern, Waschungen, Diät, Ruhe und den obengenannten Mitteln. Die entzündeten Geschlechtsteile müssen öfters mit Watte gereinigt und mit Hamamelis-Salbe bestrichen werden. Bei reichlicher Schleimabsonderung sind Einpuderungen mit Bohnenmehl und Dermatol (zu gleichen Teilen vermischt) vorzuziehen. Als innerliche Mittel kommen ferner in lange sich hinziehenden Fällen noch Sepia VI, Sulf. jod. IV und Aur. jod. VI in Betracht.
Augenentzündungen, welche infolge einer Tripperinfektion entstehen, erfordern wegen der Gefahr des Verlustes des Sehvermögens ärztliche Behandlung. Innerlich ist Mercur. corros. 5, äußerlich sind Waschungen und Aufschläge mit desinfizierenden Augenwässern angezeigt.
Rheumatismus oder Gricht, welche im Verlauf eines Trippers auftreten, werden mit Thuja 6 im Wechsel mit Pulsat. 3, ferner mit Ruhe und Prießnitzschen Umschlägen behandelt.