Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
35. Kinderlähmung ist eine eigentümliche Rückenmarkskrankheit, welche fast ausschließlich Kinder im Alter von ½ bis 4 Jahren, und zwar meistens bei scheinbar vollkommenem Wohlbefinden, befällt und nicht selten unheilbare Lähmung und Verkrüppelung der Glieder zur Folge hat. Für gewöhnlich fängt die Krankheit plötzlich mit hohem Fieber, Krämpfen und Verlust des Bewußtseins an; nach einigen Tagen kann das Kind scheinbar wieder gesund und munter sein, bis man nur zu bald wahrnimmt, daß es einen Arm oder ein Bein, zuweilen beide Glieder, nicht mehr richtig bewegen kann. In schlimmen Fällen hält die Lähmung während des ganzen Lebens an, das gelähmte Glied wird schlaff und kraftlos und bleibt im Wachstum zurück. Die Ursachen dieser Krankheit liegen noch im Dunklen, es scheint aber, daß starke Erkältung und Durchnässung die häufigste Veranlassung sind.
Die Behandlung ist im Anfang dieselbe wie die der Krämpfe (s. Seite 291). Sobald man eine Lähmung wahrnimmt, gebe man von Plumb. jodat. III—VI 2 mal täglich eine Messerspitze trocken auf die Zunge und massiere das gelähmte Glied mit Rhus-Tinktur und Olivenöl zu gleichen Teilen. Im weiteren Verlauf kommen die Mittel, welche auf Seite 208 unter Lähmungen genannt sind, ferner Anwendung des faradischen und galvanischen Stromes, heilgymnastische Übungen und orthopädische Apparate in Betracht.