Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
31. Krupp oder häutige Bräune kommt in zwei Formen, dem echten und dem falschen Krupp oder Pseudokrupp vor. Letzterer wird meistens Krupphusten genannt und stellt einen akuten Katarrh des Kehlkopfs dar, welcher zur Schwellung der Schleimhaut und damit in Verbindung stehenden Erstickungsanfällen führen kann. Meistens tritt mitten in der Nacht ein rauher bellender Husten auf, zuweilen ohne irgend welche Vorboten, zuweilen jedoch, nachdem das Kind bereits seit einigen Tagen erkältet oder fieberisch gewesen war. Gewöhnlich fällt der kleine Patient nach Aufhören dieses Hustenanfalls wieder in Schlaf, aus dem er bald wieder durch einen heftigeren Anfall geweckt wird; die Stimme ist dabei heiser oder tonlos, auch Atembeschwerden treten auf, jedoch nicht in dem Maße wie beim echten Krupp. In der Zwischenzeit der Anfälle sind die Kinder munter und haben keine Atembeschwerden, der Husten ist lose und nicht bellend. Diese Krupphustenanfälle kommen bei skrofulösen Kindern und bei Kindern, welche dafür besonders empfänglich sind, nach Erkältung oder Ausgehen bei Nord- oder Ostwind häufig vor und können bei sofort eingeleiteter richtiger Behandlung meistens schnell geheilt werden.
Anders steht es mit dem echten Krupp, welcher zu den gefährlichsten Kinderkrankheiten zu rechnen ist. Hier halten die beunruhigenden Symptome länger an, das Fieber ist höher, die Atemnot nimmt zu, auch wenn der Husten loser wird, die Stimme bleibt heiser und der Husten bekommt einen unangenehmen, nicht näher zu beschreibenden Ton. In schlimmen Fällen wird die Atmung stets beschwerlicher, der Puls schwächer, die Lippen und das Gesicht werden blau, die Magen- und Halsgegend fallen infolge des negativen Luftdrucks, welcher durch Verstopfung des Kehlkopfs mit Schleimhautfetzen im Brustkasten entsteht, ein, das Bewußtsein schwindet allmählich und der Kranke geht unter Erscheinungen der Kohlensäurevergiftung zu Grunde. Der echte Krupp kommt zuweilen im Anschluß an Masern oder Scharlach, meistens jedoch in Verbindung mit Diphtherie vor. Er befällt fast nur Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren und nur selten dasselbe Kind zum zweiten Male.
Behandlung. Da es für den Laien sehr schwer ist, zwischen echtem und falschem Krupp zu unterscheiden, geben wir ihm den Rat, sofort einen Arzt zu rufen, wenn ein Kind in der Nacht Krupphustenanfälle gehabt hat, und, obwohl es scheinbar besser ist, am folgenden Tage noch Fieber hat und heiser bleibt. Beim Auftreten des Krupphustens in der Nacht gebe man unverzüglich alle 10 Minuten 2 Tropfen Aconit. 4 und Spongia 2 im Wechsel, gebe dem Kinde ferner heißes Zucker- oder Honigwasser zu trinken, mache einen Prießnitzschen Umschlag um den Leib und Heißwasseraufschläge auf den Hals. In den meisten Fällen wird man hiernach Besserung eintreten sehen. Helfen jedoch diese Mittel nicht genügend, dann gebe man Bromium 4 oder Ammon. bromat. 2 und mache eine nasse Einwicklung des ganzen Körpers. Auch Einatmungen einer schwachen Salzlösung oder von Emserwasser mittels eines Inhalationsapparats sind zu empfehlen. Nehmen die Erstickungserscheinungen an Heftigkeit zu, dann kann zuweilen Phosph. 6 noch Hilfe bringen. Auch kann man versuchen, durch eine kalte Übergießung im warmen Bade das Kind zum Tiefatmen mit nachfolgendem heftigen Husten zu reizen, wodurch die Membranen zuweilen mit Gewalt herausgeschleudert werden und die Atmung freier wird. Unter Umständen ist jedoch der Luftröhrenschnitt das einzige Mittel, das Kind am Leben zu erhalten, obwohl es auch hierbei Mißerfolge gibt. Tritt nun nach obengenannten Maßregeln Besserung ein, dann muß der kleine Patient noch einige Tage das Bett hüten und Hep. sulf. VI einnehmen, wenn der Husten lose ist, Tart. emet. 4 dagegen, wenn der Husten fest ist und der Schleim sich schlecht lösen will. Beim Krupp im Anschluß an Masern, Scharlach oder Diphtherie kommen ferner noch Arsen. alb. 6, Apis 3 und Mercur. cyanat. 5—12 in Betracht. Nach der Heilung muß man noch längere Zeit mit Ausgehen bei rauher Witterung vorsichtig sein und den kleinen Patienten durch kalte Waschungen und Luftbäder abzuhärten suchen.