Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
Die Nieren haben die Aufgabe, verbrauchte und überschüssige Stoffe aus dem Körper zu entfernen. Sie tragen dadurch zur Reinigung des Blutes bei und sind so von großer Bedeutung für unser ganzes Wohlbefinden. Um Nieren- und Blasenkrankheiten zu verhüten, ist eine geregelte Lebensweise unter Vermeidung von Unmäßigkeit und Ausschweifung eine Hauptbedingung. Zu reichliches Essen und Trinken und besonders der übermäßige Genuß von Fleisch und Alkohol reizt die Nieren und kann zu chronischen Blasen- und Nierenkrankheiten Veranlassung geben. Starke Erkältung und Durchnässung, das Sitzen auf kaltem Boden, das Bewohnen feuchter Räume, zu dünne Kleidung im Früh- und Spätjahr sind oft die Ursachen akuter Nieren- und Blasenkrankheiten.
Sehr nachteilig ist ferner das gewaltsame Unterdrücken des natürlichen Harndrangs. Man vermeide deshalb diese Schädlichkeiten und härte den Körper durch kalte Waschungen, Luftbäder und Körperbewegung im Freien ab.
Bei akuten Nieren- und Blasenkrankheiten ist Bettruhe die erste Bedingung zur Heilung. Bettdampfbäder und warme Bäder haben eine gute Wirkung, weil die Haut beim Schwitzen einen Teil der Arbeit der Nieren übernimmt. Die Diät muß reizlos sein. Diesem Zwecke entsprechen Milch, Obstsäfte, Haferschleim, Reisbrei, geschlagene, rohe Eier, leichte Milch- und Mehlspeisen am besten. Streng verboten sind: Kaffee, Tee, Alkohol, Fleischbrühe, Fleisch, scharf gewürzte und gesalzene Speisen.
Bei chronischen Nierenkrankheiten braucht diese Diät nicht so streng eingehalten zu werden. Jedoch ist es auch in diesen Fällen zu empfehlen, Alkohol, starken Kaffee und Tee, scharfe Gewürze, wie Pfeffer, Essig und Senf ganz zu meiden und Fleisch nur mäßig zu genießen; am besten sind in dieser Hinsicht Kalbfleisch, junge Hähne, Tauben und Fisch. Milch ist ein Hauptnahrungsmittel für alle Nierenkranken. Zuweilen ist es empfehlenswert, eine Zeitlang ganz vegetarisch zu leben. Die Kranken müssen sich vor großer, körperlicher Anstrengung, u. a. Radfahren und vor Erkältungen hüten und sich warm kleiden. Der Aufenthalt in einem warmen Klima hat sehr oft einen günstigen Einfluß auf derartige Kranke.
Bei chronischen Blasenkrankheiten sind schleimige Getränke, wie Hafer- oder Gerstenschleim, auch Leinsamenabkochung oder Mandelmilch vielfach von Nutzen.
Schließlich weisen wir darauf hin, daß die chemisch-mikroskopische Untersuchung des Urins bei allen Nieren- und Blasenkrankheiten von höchster Wichtigkeit ist; es ist deshalb empfehlenswert, auch in weniger ernst scheinenden Fällen einen Arzt zu Rate zu ziehen.