Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
2. Chronische Nierenentzündung ist entweder die Folge einer vernachlässigten oder falsch behandelten akuten Nierenkrankheit oder durch die auf Seite 241 genannten Schädlichkeiten verursacht. Die Krankheit kommt mehr bei Männern, als bei Frauen vor und wird oft mit Magenkatarrh oder Blutarmut verwechselt, bis die Füße anfangen zu schwellen und der Nachweis von Eiweiß im Urin die Diagnose sicherstellt. Wir sehen daraus, von welch großer Wichtigkeit eine frühzeitige Untersuchung des Urins in allen derartigen Fällen ist. Die Krankheit ist großem Wechsel unterworfen und kann oft jahrelang dauern. Bei einer vernünftigen Lebensweise und geeigneten Behandlung kommen Heilungen oder wenigstens große Besserungen nicht selten vor. Ungünstige Kennzeichen sind anhaltender Schwindel, Kopfschmerz und wassersüchtige Anschwellungen, Abnahme des Sehvermögens und Erscheinungen von Herzschwäche.
Die Behandlung besteht zum größten Teil aus den auf Seite 241 bereits genannten Heilfaktoren: Diät, Ruhe und warmen Bädern; ferner sind lauwarme Waschungen und nasse Umschläge um den Unterleib von Nutzen. Eine trockene und sonnige Wohnung ist für Nierenleidende eine Lebensfrage. Homöopathische Arzneimittel haben uns wiederholt vorzügliche Dienste geleistet. Wir nennen u. a. Arsen. alb. 5—12, Phosph. 5—12, Terebinth. 6, Canthar. 6, Coccus cacti II und Salidago 6 (beide letzteren nach Rademacher die besten Nierenmittel). In hartnäckigen Fällen ist der mehrwöchentliche Gebrauch von Nitr. II zu versuchen. Das Trinken des Wildungerwassers ist zuweilen von Nutzen; bei wassersüchtigen Anschwellungen empfiehlt Prof. Winternitz das Trinken eines Absuds von Birkenblättern. Für geregelten Stuhlgang muß durch den Genuß von Obstkompott, Honigwasser, nötigenfalls durch lauwarme Klistiere gesorgt werden.