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Jacob Voorhoeve Homöopathie in der Praxis III. Behandlung der Krankheiten und erste Hilfe XI. Beschwerden bei Schwangerschaft und im Wochenbett

F. Hygiene des Wochenbetts

Die Wochenstube soll geräumig, gut gelüftet, trocken und in der kälteren Jahreszeit erwärmt sein. Die alte Gewohnheit, durch schwere, dunkle Gardinen Luft und Licht den Zutritt zu wehren, sollte aufgegeben werden und dagegen für ausgiebige Lufterneuerung, allerdings mit Vermeidung direkter Zugluft, Sorge getragen werden. Das Wochenbett soll trocken und warm sein, Federunterbetten sollten nicht verwendet werden, ebensowenig ist ein Bett, welches kurz zuvor einem Schwerkranken als Lagerstätte gedient hat, für eine Wöchnerin geeignet. Die größtmöglichste Reinlichkeit sollte bei allen Gegenständen und allen Personen, welche mit der Wöchnerin in Berührung kommen, beachtet werden. Man benutze deshalb auch nie Verbandzeug, eine Klistierspritze oder einen Irrigator, welche kurz zuvor anderen Zwecken gedient haben, ohne dieselben vorher einer gründlichen Reinigung unterzogen zu haben. Die äußeren Geschlechtsteile müssen zweimal täglich vorsichtig mit lauwarmem Wasser, dem etwas Lysol (1 Teelöffel auf 1 Liter Wasser) zugesetzt werden kann, gereinigt werden. Zweimal täglich sollte die Körpertemperatur gemessen werden, welche in der Achselhöhle nicht mehr als 37.5° C. betragen darf. Bei Fieber schicke man alsbald zum Arzt, da nur ein solcher nach genauer Untersuchung die Ursache feststellen kann. Zu empfehlen ist übrigens der geregelte Gebrauch von Arnica 3, 4 mal täglich 5 Tropfen in einem Löffel Wasser. Der Urin muß in liegender Stellung, wenigstens 2 mal täglich entleert werden. Bestehen Harnbeschwerden, welche warmen Umschlägen auf den Unterleib und den auf Seite 245 und 246 genannten Mitteln nicht weichen, dann muß das Wasser von der Hebamme mit einem gut desinfizierten Katheter abgelassen werden. Hat bis zum 3. Tage nach der Entbindung nicht schon von selbst eine Stuhlentleerung stattgefunden, dann muß diese durch ein lauwarmes Klistier bewirkt werden; ferner ist alle 2 Tage für Stuhlgang zu sorgen und müssen nach dem Wasserlassen und nach jeder Stuhlentleerung die äußeren Geschlechtsteile stets gehörig gereinigt werden.

Die Wöchnerin muß 9—10 Tage das Bett hüten. Die ersten 3 Tage soll sie auf dem Rücken liegen, danach darf sie auch auf der Seite liegen und nach 8 Tagen im Bett aufsitzen. Durch zu frühes Aufstehen können die auf Seite 254 genannten Folgen eintreten. Es versteht sich von selbst, daß in der Umgebung der Wöchnerinnen die größtmögliche Ruhe herrschen muß. Laute Gespräche, Aufregungen und Gemütsbewegungen müssen vermieden werden. Der Schlaf darf nicht gestört werden. In den ersten Tagen nach der Entbindung tritt gewöhnlich ein wohltätiger Schweiß ein, welcher nicht durch unvorsichtige Entblößung unterdrückt werden darf; zu warme Bedeckung ist jedoch auch nicht zu empfehlen.

Die Diät der Wöchnerin muß leichtverdaulich und nahrhaft sein. In den ersten 3 Tagen verabreiche man nur flüssige Nahrung: Milch, Haferschleim, Zuckerwasser, Obstsäfte, Kakao, geschlagene Eier. Später dürfen Kalbfleischbrühe, Kalbsmilch, Weißbrot, Zwieback, weichgekochte Eier genossen, und nach 8—10 Tagen kann allmählich zu der gewohnten Nahrung übergegangen werden. Streng verboten sind starker Kaffee und Tee und geistige Getränke, ferner stark gesalzene, scharf gewürzte und schwer verdauliche Speisen. Wenn irgend möglich, sollte jede Mutter wenigstens in den ersten Tagen und Wochen ihr Kind selbst stillen. Außer dem Nutzen, welcher daraus für das Kind hervorgeht, wird dadurch auch die Heilung und Rückbildung der Gebärmutter gefördert. Sind die Brustwarzen zu flach, sodaß das Kind sie beim Saugen nicht fassen kann, dann muß ein Saugglas angewendet werden. Anfänglich lege man das Kind am Tage alle 2 Stunden, später alle 3 Stunden an. Bereits in der 2. Woche muß das Kind daran gewöhnt werden, in der Nacht 6 Stunden hintereinander zu schlafen; für den gesunden Säugling sind deshalb 6 Mahlzeiten in 24 Stunden genügend, aber auch nötig.

Kann die Wöchnerin wieder aufstehen, dann soll sie noch einige Wochen lang ein ruhiges Leben führen, Überanstrengung vermeiden und zur Verhütung eines Hängebauchs, welcher durch Erschlaffung der Bauchmuskeln entsteht, den Unterleib öfters reiben und vorsichtig massieren und eine passende Leibbinde tragen.



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