Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
Die Schwangerschaft fängt mit der Befruchtung, d. h. mit dem Eindringen von Bestandteilen des männlichen Samens in das weibliche Ei an. Gewöhnlich findet dies kurz nach der Menstruation statt, während vom 14. Tag nach Anfang der Menstruation bis zum 5. Tag vor der nächstfolgenden Regel eine Befruchtung sehr selten stattfindet. Nach Eintritt der Schwangerschaft bleibt die Menstruation für gewöhnlich aus; die Entbindung erfolgt bei dem normalen Verlauf der Schwangerschaft in der Regel 280 Tage nach dem ersten Tage der letzten Menstruation. Während dieser Zeit treten nicht nur in den weiblichen Geschlechtsorganen, sondern auch im ganzen Körper Veränderungen auf, welche man Schwangerschaftszeichen nennt. Eine sichere Diagnose kann nur der Arzt nach sorgfältiger Untersuchung stellen, in der Regel jedoch auch nicht vor Anfang des 4. Monats.
Wahrscheinliche Zeichen, welche auch von der Schwangeren selbst wahrgenommen werden können, sind das Ausbleiben der Regel (obwohl es auch vorkommt, daß die Regel trotz bestehender Schwangerschaft noch ein oder mehrere Male eintritt), Übelkeit und Erbrechen, besonders morgens früh, Gelüste nach bestimmten Speisen, Schwellung der Brüste und Braunwerden der Brustwarzen, Abmagerung im Anfang, Dickerwerden mit fortschreitender Schwangerschaft, gelbe Flecken im Gesicht und ein Gefühl von Druck im Unterleib (besonders in der Blasen- und Mastdarmgegend). Sichere Zeichen sind das Fühlen der Kindesbewegungen und das Hören der kindlichen Herztöne durch die Bauchwand hindurch (ungefähr 140 Schläge in der Minute). Diese beiden Zeichen treten ungefähr in der Hälfte der Schwangerschaft auf. Die Gebärmutter wird nun immer größer und umfangreicher, bis ihr oberer Rand im 9. Monat in der Magengegend steht. Durch den Druck, welchen die vergrößerte Gebärmutter auf die benachbarten Organe und Gewebe ausübt, entstehen allerlei Beschwerden u. a. Krampfadern und geschwollene Füße, worauf wir später zurückkommen.
Die Berechnung des ungefähren Geburtstermins geschieht am besten auf folgende Weise: Man rechnet vom 1. Tag der letzten Regel 3 Monate zurück und zählt 7 Tage hinzu. Fällt z. B. der Anfang der letzten Regel auf den 15. Juli, dann wird die Entbindung vermutlich am 22. April des nächsten Jahres stattfinden. Ist der Eintritt der letzten Regel nicht mit Sicherheit bekannt, dann rechnet man von der ersten Wahrnehmung der Kindesbewegungen noch 20—22 Wochen bis zur Geburt. Wohl gibt es Ausnahmen von dieser Regel, aber im allgemeinen gibt sie einen ziemlich sicheren Anhalt zur Berechnung des vermutlichen Geburtstermins. Ein sicheres Kennzeichen einer Zwillingsschwangerschaft ist die deutliche Wahrnehmung der Herztöne zweier Kinder; jedoch ist es durch deren Lage nicht immer möglich, dieses einwandfrei festzustellen. Nach der Statistik kommen Zwillinge auf je 90 Geburten und Drillinge auf je 7000 Geburten einmal vor. Kennzeichen zur Bestimmung des Geschlechts des Kindes vor der Geburt gibt es nicht.