Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
30. Blinddarmentzündung ist eine gefährliche Krankheit, welche ihren Sitz im sog. Blinddarm oder noch öfters in dessen Wurmfortsatz hat. Die rechte Seite des Unterleibes ist gespannt und schmerzhaft, der Schmerz wird durch Bewegung und Druck verschlimmert und strahlt in das rechte Bein oder in den Rücken aus; daneben bestehen Verstopfung, Fieber und zuweilen Erbrechen. Manchmal ist in der rechten Seite des Unterleibes eine Geschwulst zu fühlen; wenn sich darin Eiter bildet, kann eine lebensgefährliche Bauchfellentzündung die Folge sein. Es ist deshalb beim ersten Auftreten der genannten Erscheinungen ratsam, sofort einen Arzt zu rufen. Da diese Krankheit durch verhärtete Kotstoffe (sog. Kotsteine), ferner durch das Verschlucken kleiner, scharfer Gegenstände (Apfelsinenkerne, Knochensplitter, aus Kochgeschirren abgesprungene Emaillestückchen) veranlaßt werden kann, muß man sich vor diesen Gefahren in acht nehmen. Bei Personen, welche einmal Blinddarmentzündung gehabt haben, kommen leicht Rückfälle vor. Dieselben tun deshalb gut, eine genau geregelte Diät, unter Vermeidung aller groben und reizenden Speisen zu befolgen und stets für einen geregelten, weichen Stuhlgang zu sorgen.
Die Behandlung besteht in absoluter Bettruhe, Rückenlage, flüssiger Diät, lauwarmen Klistieren (diese nur dann, wenn keine Zeichen von Bauchfellentzündung vorhanden sind), Prießnitzschen Umschlägen (keine Eisblase) oder warmen Leinsamenaufschlägen auf die schmerzhafte Stelle des Unterleibes und dem abwechselnden Gebrauch von Bellad. 4 und Mercur. solub. V. Sind die Schmerzen sehr heftig, dann hilft Atrop. sulf. 6—4, zuweilen auch Colocynth. 4 noch besser. Weitere Mittel, welche in Betracht kommen, sind: Bryonia 3 bei Gefahr vor Bauchfellentzündung; Card. marian. 3, wenn die heftigsten Erscheinungen vorüber sind; Arsen. alb. 5 bei langwierigem Fieber, Schwäche und Kräfteverfall; Hep. sulf. VI bei Gefahr von Eiterbildung; Sulfur VI und Silicea VI in chronischen Fällen. Schließlich wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß es Fälle gibt, wo eine Operation unbedingt notwendig ist.