Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
16. Magengeschwüre kommen ziemlich oft bei bleichsüchtigen Mädchen und Frauen vor, auch infolge von Verwundungen der Magenschleimhäute durch Verschlucken spitziger Gegenstände oder durch gewohnheitsmäßig zu heißes Essen und Trinken. Die Geschwüre sind klein oder groß und können in letzterem Falle die ganze Magenwandung durchbohren, was dann Bauchfellentzündung zur Folge hat. Bei Magengeschwüren ist deshalb stets eine sorgfältige ärztliche Behandlung dringend erwünscht.
Die Krankheitserscheinungen sind nicht immer so deutlich, daß man daraus mit Sicherheit auf Magengeschwüre schließen kann. Zuweilen klagen die Patienten nur über ein Gefühl von Schwere und Druck im Magen, saures Aufstoßen, Erbrechen und dann und wann Magenschmerzen. In ernsten Fällen treten heftige Magenschmerzen und Magenkrämpfe auf. Die Schmerzen werden durch Druck auf den Magen und durch Essen verschlimmert. Werden die Schmerzen besser in einer bestimmten Lage (auf dem Rücken, dem Bauch oder der Seite) dann kann man das Vorhandensein von Magengeschwüren vermuten, weil die Geschwüre bei der betreffenden Lage nach oben liegen und nicht mehr durch den sauren Mageninhalt gereizt werden. Oft treten Magenblutungen auf, diese sind das sicherste Kennzeichen von Magengeschwüren. Das erbrochene Blut ist dunkelrot, geronnen und oft mit Speiseresten vermischt. Nach einer Magenblutung ist der Stuhlgang dunkel gefärbt, oft sogar schwarz. Sind die Geschwüre wieder geheilt, so treten trotzdem oft noch eine Zeit lang Magenkrämpfe nach dem Essen auf, welche durch Reizung des Narbengewebes verursacht werden.
Die Behandlung besteht in strenger Diät, Bettruhe, warmen Kompressen auf die Magengegend und dem Einnehmen von Arsen. alb. 6. Bei heftigen Schmerzen: Bellad. 4 oder Atrop. sulf. 6—4. Ein Mittel, welches die Heilung der Geschwüre oft fördert, ist Argent. nitr. 4. Ist die erbrochene Masse blutig oder schwarz und findet das Erbrechen sofort nach der Nahrungsaufnahme statt, dann kann Phosph. 6 angezeigt sein. In chronischen Fällen passen noch Hydrast. canad. 2, Sulfur VI und Calcar. carb. VI. Bei Magenblutungen gebe man dem Kranken bis zur Ankunft des Arztes kleine Schlucke eiskalten Wassers, denen man 5 Tropfen Hamamelis-Extrakt beimischt, und mache kalte Aufschläge auf die Magengegend. Bis zum Aufhören der Blutungen ist Eiweißwasser und kalte Milch in kleinen, oft wiederholten Portionen (insgesamt bis 1 Liter pro Tag steigend), die einzige Nahrung, welche gereicht werden darf. Später sind Milch, dünner Hafer-, Reis- oder Griesbrei, gequirlte Eier, Fleischbrühe mit Ei und, wenn die Magenschmerzen aufgehört haben (nach 2—3 Wochen), weichgekochte Eier, Kalbsmilch, Kalbshirn und andere leichtverdauliche Speisen erlaubt. Nach der Genesung muß der Patient noch längere Zeit eine streng geregelte Diät einhalten, sich vor zu heißem Essen und Trinken hüten und die Magengegend vor Druck durch Korsetts oder Gürtel bewahren.