Jacob Voorhoeve |
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Homöopathie in der Praxis |
Medizin |
(1908) |
15. Nervöse Dyspepsie oder nervöse Magenschwäche ist ein Übel, das infolge der überhandnehmenden Nervenschwäche unserer Zeit sehr viel vorkommt. Hierbei treten allerhand Verdauungsstörungen auf, ohne daß jedoch bestimmte organische Veränderungen nachgewiesen werden können. Die Patienten klagen über Druckempfindlichkeit des Magens, Appetitlosigkeit, die zuweilen mit Heißhunger abwechselt, schnelles Gesättigtsein, saures Aufstoßen und Druck und volles Gefühl im Magen nach dem Essen, Übelkeit und Magenschmerzen, mitunter großes Schwächegefühl im Magen, Kopfschmerzen und Gemütsverstimmungen. Vom Magenkatarrh unterscheidet sich die nervöse Dyspepsie dadurch, daß die Zunge nicht belegt ist, kein übler Mundgeruch vorliegt, die Geschmacksempfindung normal ist und manche Speisen ohne Beschwerden ertragen werden, welche bei dem an Magenkatarrh Leidenden die Krankheit verschlimmern würden.
Bei der Behandlung braucht in den meisten Fällen die Diät nicht so streng zu sein, wie bei Magenkatarrh; Abwechslung in der Kost ist besonders zu empfehlen; ein Glas leichtes Bier oder Wein (u.a. Vermouthwein) wirkt oft sehr gut. Die Lebensweise muß nach den Vorschriften, welche wir später bei Neurasthenie und Hysterie geben, eingerichtet werden. Besonders muß das Essen gleich nach einer heftigen Gemütsbewegung vermieden werden. In hartnäckigen Fällen ist es empfehlenswert, während der Mahlzeit dann und wann einen Schluck warmen (37° C.) Wassers zu trinken. Der Gebrauch von Sanatogen, einige Wochen lang, hat zuweilen eine günstige Wirkung. Tägliche Zimmerluftbäder, ab und zu ein Bad von 35° C. 10 Minuten lang, und leichte Massage des ganzen Körpers wirken kräftigend, beruhigend und heilend. Auch Luftveränderung und Reisen bringen überraschende Besserungen zustande. Die Hauptmittel sind: Nux vom. 4, Ipecac. 4, Pulsat. 3, Ignat. 3, Natr. muriat. 6, Natr. phosph. VI, deren besondere Indikationen man im 1. Abschnitt finden kann. Ferner noch Bismuth. nitr. III bei Erbrechen nach jeder Mahlzeit; Condur. III in langwierigen Fällen; Arsen. alb. 5 und Kali phosph. VI bei Schwäche, Durst und Erschöpfung des Nervensystems; Magn. phosph. VI bei Schmerzen, welche durch Druck und äußere Wärme besser werden.