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Jacob Voorhoeve Homöopathie in der Praxis III. Behandlung der Krankheiten und erste Hilfe XIII. Verschiedene andere Krankheiten

[5. Blutarmut]

5. Blutarmut kommt in jedem Lebensalter vor. Bei kleinen Kindern ist sie meistens die Folge verkehrter Ernährung (siehe Seite 272). Bei Schulkindern und jungen Leuten trägt Überbürdung mit häuslichen Schularbeiten und Privatstunden und schlechte Lüftung der Schullokale zum Entstehen der Blutarmut bei (s. Seite 276). Bei Erwachsenen wird Blutarmut öfters durch übermäßige körperliche oder geistige Anstrengung besonders dann leicht hervorgerufen, wenn nebenbei die Ernährung ungenügend ist und ein Mißbrauch von geistigen Getränken vorliegt. Das Wesen der Blutarmut besteht in einer Verminderung der Zahl der roten Blutkörperchen mit gleichzeitig erhöhtem Wassergehalt des Blutes (sog. Blutverwässerung).

Die eigentlichen Ursachen der Blutarmut sind zweierlei. Erstens kann ein zu großer Verbrauch von Blut stattfinden. Dies ist u. a. der Fall bei großen Blutverlusten infolge von Verletzungen, Nasen-, Lungen- und Magenblutungen, zu reichlicher Menstruation, ferner bei Säfteverlusten infolge von langanhaltendem Durchfall, Eiterungen, Selbstbefleckung, zu langem Stillen, schließlich bei Schlaflosigkeit und anhaltenden Schmerzen, bei zu schnellem Wachstum junger Leute und bei übertriebenen Kaltwasserprozeduren. Zweitens kann ein Mangel an normaler Blutbildung vorhanden sein. Dies ist u. a. der Fall bei ungenügender Ernährung infolge von Armut oder Entbehrungen, bei verkehrter Ernährung, bei Krankheiten der Ver-dauungs- und Atmungsorgane, ferner bei Mangel an Luft, Licht und Bewegung und schließlich bei Mißbrauch starker Arzneien, z. B. des Quecksilbers.

Die Krankheitserscheinungen sind die allgemein bekannten: Müdigkeit und Kraftlosigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel, besonders morgens früh nach dem Aufstehen, Rückenschmerzen und Mangel an Appetit. Die Haut ist erschlafft, blaß und trocken, die Muskeln sind kraftlos, das Fettgewebe hat abgenommen, obwohl es auch blutarme Patienten gibt, die noch ziemlich gut aussehen. Meistens klagen die Kranken über kalte Hände und Füße. Bei der bösartigen Form der Blutarmut treten alle Symptome heftiger auf, die Kranken werden bettlägerig und gehen schließlich an Entkräftung zu Grunde.

Die Behandlung hat einerseits die Aufgabe, den zu großen Verbrauch von Blut zu verhüten oder zu beschränken, was durch möglichstes Vermeiden der veranlassenden Ursachen und richtige Behandlung der etwaigen veranlassenden Krankheitszustände erreicht werden kann. Anderseits aber muß sie dafür sorgen, daß gesundes, normales Blutmaterial stets von neuem gebildet wird. Hierzu sind zwei Dinge unerläßlich: erstens Sauerstoff, zweitens geeignete Nahrung. Durch den Sauerstoff werden die Blutschlacken bei der Atmung in den Lungen verbrannt und das Blut neu gekräftigt und belebt, deshalb hat systematisches Tiefatmen in reiner Luft eine so günstige, belebende Wirkung auf blutarme Kranken. Nicht weniger wichtig ist aber auch die geeignete Nahrung. In dieser Hinsicht haben die Vorschriften, welche wir auf Seite 66—72 gegeben haben, volle Gültigkeit. Leicht verdauliche Nahrung, reich an Nährsalzen, Vermeiden von zu vielem Kochsalzgenuß und zu vielem Trinken sind Hauptbedingungen zur Verbesserung der Blutbeschaffenheit.

Für den Gebrauch homöopathischer Mittel weisen wir auf das bei Bleichsucht Gesagte hin. In vielen Fällen werden Calcarea- und Ferrum-Präparate die besten Dienste leisten; auch Arsenicum und China sind oft nützlich, ersteres bei hartnäckigen Fällen mit großer Erschöpfung, letzteres nach großen Blut- und Säfteverlusten, während Avena-sativa-Tinktur, 3 mal täglich 10 Tropfen in reinem Esslöffel warmen Wassers, während der Rekonvaleszenz nach akuten Krankheiten bestens empfohlen werden kann.



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