Joachim Ringelnatz
(1883-1934)
„Ich war aus dem Kriege entlassen,
Da ging ich einst weinend bei Nacht,
Weinend durch die Gassen.
Denn ich hatte in die Hosen gemacht.
Und ich habe nur die eine
Und niemanden, wo sie reine
Macht oder mich verlacht.
Und ich war mit meiner Wirtin der Quer.
Und ich irrte die ganze Nacht umher,
Innerlich alles voll Sorgen.
Und sie hätten vielleicht mich am Morgen
Als Leiche herausgefischt.
Aber weil doch der Morgen
Alles Leid trocknet und alle Tränen verwischt —“
Joachim Ringelnatz, Von einem, dem alles danebenging.
Über Joachim Ringelnatz
„Die Textmacher der illustrierten Blätter haben den Titel ›Dichter‹ erfunden. Da ist zu sehen: »Der Dichter Heinrich von Torfkopp in seinem neuesten Pebecco-Wagen« sowie: »Bildnis des Dichters Wildfisch in seiner schloßartigen Wohnung am Pietzensee« und so fort. Ich meine, dass diese Betitulierung etwas dümmlich anmutet, und man sollte das fortlassen. ›Die Tänzerin Lore Sellerie‹ ist nicht immerzu Tänzerin, sondern hat nur ein Engagement abgezogen, lasset uns wahrhaftig sein, lieben Freunde! Und was unsern eignen Kreis betrifft, so gibt es mitnichten so viele Dichter.
Ringelnatz aber ist einer.
... Wollte sagen, dass die ›Reisebriefe eines Artisten‹ (bei Ernst Rowohlt in Berlin erschienen) mindestens auf jeder zweiten Seite eine kleine Dichtung zu stehen haben – und das ist sehr viel. Am schönsten da, wo die Form ganz lapidar da steht, wie aus der Sprache gewachsen ...“