Bonvicino, Alessandro, il Moretto da Brescia

Bonvicino, Alessandro, genannt il Moretto da Brescia, wurde im letzten Dezennium des 15. Jahrhunderts zu Brescia geboren. Sein erster Lehrmeister war Fioravante Ferramola, seine höhere Ausbildung erhielt er jedoch in Venedig durch Tizian. Im Jahre 1515 malte er die heil. Magdalena (jetzt in der Akademie zu Venedig), das älteste bekannte Bild von ihm, und im Jahr 1524 das Hauptaltarblatt im Dome seiner Vaterstadt, wo er sich überhaupt bis an sein, gegen 1575 erfolgtes Ende mit wenigen Unterbrechungen aufhielt. — Moretto war ein Mann von außerordentlich sanftem Charakter und von der lautersten Frömmigkeit durchdrungen. Wie Fra Beato Angelico bereitete er sich zur Ausübung seiner Kunst bei kirchlichen Aufgaben durch Fasten, Gebet und den Genuss des heil. Abendmahls vor. Darum atmen auch alle christlichen Bilder, welche er während seiner langen Künstlerlauf bahn geschaffen, die tiefste Inbrunst und Verklärung des religiösen Gefühls, Eigenschaften, die sich mit einem erhabenen Schwung der Gedanken, einer Reinheit und Schönheit der Motive, einer Größe des Stils, einem Adel und einer Liebenswürdigkeit der Charaktere, einer Anmut der Formen und des Ausdrucks, wie man sie nur bei Raphael antrifft, zu einem Ganzen von hoher Schönheit verbinden. Dabei wusste er auch die mehr technischen Vorzüge der römischen Schule, eines gewählten Geschmacks in Komposition und Anordnung, in Formen und Gewändern, einer feinen Durchbildung der Zeichnung in allen Teilen, mit den der venezianischen eigentümlichen Bestrebungen nach großer Naturwahrheit, nach massenhaften, harmonischen Wirkungen der Farbe und des Helldunkels zu einem Gusse zu verschmelzen. Sein Kolorit hat einen ihm allein eigenen Silberton und eine kühle Gesamtstimmung, wodurch er sich von denen der anderen großen Maler der venezianischen Schule unterscheidet. Sein Inkarnat erinnert an Tizian's Frische, in den übrigen Tinten aber ist er mannigfaltiger als alle Venezianer. Er liebt sehr helle Gründe, aus welchen die Figuren wunderbar hervorspringen, und erreicht durch ein höchst anmutiges Spiel von Licht und Dunkel in nicht großen, aber wohl untereinander abgestuften und gegen einander gestellten Massen immer die beabsichtigten Effekte. Im Porträtfach lieferte Moretto ebenfalls ausgezeichnete Leistungen, für bewegte Historienmalerei reichte aber seine Begabung nicht immer aus; dagegen erscheint er in ruhigen Altarbildern am glücklichsten, und zwar als Meister ersten Ranges. Die meisten seiner Arbeiten führte er in Öl aus, seine Fresken in der Villa Martinengo al Novarino zu Brescia beweisen jedoch, dass er auch in diesem Fache Bedeutendes zu leisten im Stande gewesen wäre. Erst in der neuesten Zeit hat die Grosse dieses Meisters, Dank den eifrigen Forschungen deutscher Kunsthistoriker, eine allgemeinere Anerkennung gefunden. Seine mit Recht auf ihn stolzen Mitbürger haben ihm zwei Denkmäler errichtet und seine Büste wurde im Kapitol unter den Büsten der größten Maler aller Zeiten aufgestellt.

Von seinen vorzüglichsten Bildern verwahrt seine Vaterstadt Brescia noch eine große Anzahl. Dort sieht man in der Kirche S. Clemente fünf Bilder von ihm, von denen das über dem Hauptaltar, die h. h. Clemens, Dominikus und Florian, Katharina und Magdalena, darüber, inmitten eines Chors mit Engeln, Maria mit dem Kinde, eines der Hauptwerke des Meisters und eines der schönsten Bilder überhaupt; in S. Nazario e Celso: eine Krönung der Maria; in S. Eufemia: Maria, von Heiligen verehrt; in S. Maria delle Grazie: einen heil. Joseph. Außerdem besitzen treffliche zum Teil ausgezeichnete Werke von Moretto, das Museum zu Berlin: Maria und die heil. Anna mit dem Jesuskinde, welchem der kleine Johannes eine Frucht reicht und zwei verehrende Engel (mit der Bezeichnung: Ales. Morettus Pri (sic) F. MDXLI) gehört zu den herrlichsten Leistungen Moretto's und ist vielleicht die edelste Darstellung der heil. Familie, welche von der venezianischen Schule ausgegangen ist (lith. v. Schertle); eine kolossale Anbetung der Hirten (mit dem Namen bezeichnet); die Bildnisse von zwei Männern und die Skizze einer Anbetung der Hirten; Herr v. Quandt zu Dresden: ein Bild der h. Jungfrau, wie sie einst zu Brescia erschien; das Städel'sche Institut zu Frankfurt a. M: zwei herrliche Altarbilder, eine Madonna auf dem Throne zwischen S. Antonius und S. Sebastian, und sodann die vier lateinischen Hauptkirchenväter auf den Stufen des Thrones der Maria mit dem Christuskinde; die Galerie der Uffizien zu Florenz: Venus mit Nymphen in einer Landschaft, und das Bildnis eines Lautenspielers; die Solly'sche Sammlung in London: Maria mit dem Kinde von zwei Heiligen verehrt; die Gallerie der Brera zu Mailand: eine große Madonna in den Wolken mit drei Heiligen ; das Louvre in Paris : die h. h. Bernhardin von Siena und Ludwig, Bischof von Toulouse, sodann: die h. h. Bonaventura und Antonius von Padua; S. Maria della Pietà zu Venedig: Christus am Tische des Pharisäers; der Palazzo Manfrin daselbst: Petrus und Johannes in einer Landschaft; die k. k. Galerie des Belvedere zu Wien: die h. Justina, zu ihrer Seite der in anbetender Verehrung knieende Herzog Herkules von Ferrara, eines der vollendetsten Werke des Meisters (gest. v. Rahl).  


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