Callot, Jacques, ein sehr geistreicher Zeichner, Kupferstecher, Ätzer und Maler, geb. zu Nancy 1594, gest. daselbst 1635, war. von Natur aus mit einem ungewöhnlichen Talent für die Kunst begabt, fühlte auch schon von früher Jugend einen so starken Drang in sich, sich ihr widmen zu dürfen, dass er seinen Eltern, welche einem alten adeligen Geschlecht angehörten und ihren Sohn für eine höhere Laufbahn, als die des Künstlers, bestimmt hatten, in seinem 12. Jahre entfloh, um nach Rom zu pilgern und dort die großen Kunstwerke zu studieren, deren Ruhm mächtig nach Frankreich gedrungen war. Entblößt von allen Mitteln zur Reise und des Weges unkundig, schloss er sich einer Zigeuner- und Seiltänzerbande an, mit der er Wiesen und Wälder durchstrich und bis nach Florenz gelangte, wo ein toskanischer Offizier, dem er seine Abkunft entdeckte, sich des hilflosen Fremden annahm, und ihn zu dem Maler Remigio Canta-Gallina in die Lehre tat, bei welchem, da er zugleich ein trefflicher Kupferstecher und besonders geschickter Federzeichner war, der Grund zu seiner ganzen Kunstrichtung gelegt wurde. Das Ziel von Callot's Sehnsucht war aber Rom und sein Lehrer widersetzte sich nicht nur diesem Verlangen nicht, sondern unterstützte ihn noch mit Geld. Kaum war er aber daselbst angelangt, als er auch schon von Kaufleuten aus Nancy erkannt und von diesen mit Gewalt zu seinen Eltern zurückgeführt wurde. Der Kunsttrieb war aber so unwiderstehlich in ihm, dass er dem Elternhause im 15. Jahre zum zweitenmale entlief und abermals den Weg nach Italien einschlug. Diesmal kam er zwar nur bis Turin, wo ein älterer Bruder seiner ansichtig wurde und ihn dem Vater wieder nach Hause brachte, allein dieser, besiegt durch die beharrliche Willenskraft und das ausgesprochene Talent des Sohnes für die Kunst, legte seiner künstlerischen Ausbildung von nun an kein Hinderniss mehr in den Weg. Er schickte ihn unter Aufsicht eines Freundes, der vom Herzog von Lothringen mit Aufträgen an den Papst gesandt wurde, nach Rom, wo er ein Schüler Ton Giulio Parigi wurde, später aber, da er mehr Geschmack am Radiren und Stechen als am Malen fand, unter Philipp Thomassin seine Studien eifrigst fortsetzte, bis ihn dieser aus Eifersucht über die Gunst, in die er sich bei seiner schönen Frau zu setzen gewusst, aus dem Hause entfernte. Er ging hierauf nach Florenz, woselbst er vom Grossherzog in Dienste genommen wurde, viel mit Canta-Gallina verkehrte, einige Studien mit dem Grabstichel nach den großen Meistern Andr. del Sarto, Perino del Vaga u.s.w. machte und eine große Menge kleinerer, frei und geistreich ausgeführter Radirungen fertigte. Nach dem Tode des Grossherzogs gewann er einen neuen Beschützer an dem Prinzen Karl, der ihn nach Nancy zurückführte und ihm beim Herzog Heinrich von Lothringen und Bar eine sehr vorteilhafte Anstellung auswirkte. Nach seiner Rückkehr vermählte er sich 1625 mit Katharina Kuttinger, aus dem edlen Stamme der Marsal, und entfaltete nun in seiner Vaterstadt eine außerordentliche Tätigkeit. Er stach ein Martyrologium mit 392 Heiligenbildern und eine Menge anderer Blätter, die alle den Reichtum seiner Gedanken und die Fruchtbarkeit seines Geistes bewundern lassen und ihm einen weit verbreiteten Ruhm verschafften. Clara Eugenia von Oestreich, die Infantin von Spanien und Statthalterin der Niederlande, berief ihn nach Brüssel, um die Belagerung der Festung Breda durch den Marquis von Spinola zu zeichnen und zu stechen und 1628 erhielt er von Ludwig XIII. den Auftrag, die Belagerungen von Rochelle und der Insel Ré abzubilden und durch den Stich zu vervielfältigen, Blätter, die zu den figurenreichsten gehören, die er in Nancy ausführte. Die Einnahme seiner Vaterstadt, durch die königl. Waffen, auf gleiche Weise zu stechen, lehnte er aber aufs Entschiedenste ab, da er seine Kunst nicht gegen den Ruhm seines Fürsten und seiner Landsleute gebrauchen wollte. Ja, er schlug das Anerbieten, gegen einen Jahresgehalt von 3000 Livres in französische Dienste zu treten, aus, und entschloss sich, als seine Vaterstadt Frankreich einverleibt wurde, lieber mit seiner Gattin nach Florenz auszuwandern. Er starb aber während der Vorbereitungen zu seiner Abreise.
In Beziehung auf malerische Technik nimmt Callot zwar eine untergeordnetere Stelle ein, indem er nur selten in Öl gemalt und deshalb auch die Bilder, welche man ihm z. B. in der Akademie von Venedig, im Pal. Pitti zu Florenz, in den Galerien zu Dresden und Wien u.s.w. zuschreibt, von keinem besonderen Kunstwerte sind; allein seine Leistungen als Kupferstecher, seine Blätter von eigener Erfindung, sind von einer Originalität und Frische des Geistes, von einer so bewundernswürdigen Wahrheit und Treue, dass sie in ihrer Art einzig in der Kunstgeschichte dastehen. Sie stellen teils Szenen aus der biblischen Geschichte und Legende, die jedoch weniger glücklich und mehr manieristisch behandelt sind, teils Begebenheiten aus der Zeitgeschichte, Szenen aus dem Leben des Tags, Hof- und Volksfeste, Belagerungen, Schlachten, kriegerische Umgebungen, Kostümbildner u. dgl. dar, und zeichnen sich sämtlich durch die lebendigste Energie und eine höchst geistreiche und poetische Weise der Anschauung und Auffassung und die ergreifende Schilderung der geheimsten Regungen der menschlichen Seele aus. So gehören namentlich die nach seiner Rückkehr aus den Lagern von Breda und Rochelle ausgeführten, unter dem Titel: Misères de la guerre erschienenen Blätter zu seinen vorzüglichsten Meisterwerken. Noch andere Darstellungen, die meistens dem Gebiete der italienischen Maskenkomödie entnommen sind, und festliche Aufzüge in fabelhaftem Pomp, Tänze und novellistische Szenen enthalten, sind voll von phantastischem Humor, lustigster Komik und unerschöpflicher Laune, durch die sich hin und wieder, bei aller unverwischlichen Gemütlichkeit, gar mancher Spott, viele bittre Ironie, ja sogar etwas Gespenster- und Dämonenhaftes zieht.
Callot brachte die Kunst, den Gedanker in freien und geistreichen Radierungen zum unmittelbarsten Ausdruck zu bringen, in Frankreich auf eine Höhe, wie sie vor und nach ihm nicht wieder erreicht worden ist. Seine Blätter lassen zwar in Komposition, Anordnung, Verteilung des Lichts Manches zu wünschen übrig, sind dagegen in allem Einzelnen vortrefflich. Die Gruppen sind mannigfaltig und lebendig, die Stellungen seiner Figuren gefällig, der Ausdruck ist charakteristisch und höchst prägnant und die Ausführung verrät die Sicherheit und Leichtigkeit einer Meisterhand. Sie sind meistens auf harten Firniss radiert, eine von ihm zuerst angewandte eigentümliche Art. Man schätzt ihre Anzahl auf gegen 1400 und zählt darunter, zu den vorzüglichsten: die Strafen der Missetäter auf einem öffentlichen Platze „Supplicium sceleri frenum" ; den großen Markt bei dem Bilde der Madonna del Imprunetta (1620); die Versuchung des heil. Antonius (1635); den heil. Nicolaus, in einem Walde predigend; die Wunder des heil. Manseretus, welcher einen durch einen Ball getöteten Prinzen zum Leben zurückbringt (1610); das Feuerwerk auf dem Arno zu Florenz, gewöhnlich der Fächer genannt (1619); 25 Blätter: die Bettler; die (genannten) großen Misères de la guerre (1833) in 18 Blättern; die kleinen Misères de la guerre (1636) in 8 Blättern; le Parterre de Nancy mit den Ballonspielern (1625); le Jardin de Nancy; die Ansicht des Louvre; die Ansicht des Pontneuf; der Kindermord; der kleine Priester; die Belagerung von Breda; Claudius Drevet; Carl de Lorme (1632); Johann Dominicus Peri. Einige seiner Blätter haben das Zeichen A. J. C., andere das nebenstehende Monogramm. — Sein Porträt befindet sich unter den Bildnissen der berühmtesten Maler in dem Uffizien zu Florenz. Das Museo fiorentino enthält dasselbe im Stich.
Literatur. M. E. Meaume, Recherches sur la Vie et les Ouvrage de J. Callot. Nanoy 1843.