Canova
- Perseus mit dem Haupte der Medusa
Während der Revolution 1798 und 1799 begleitete Canova den Senator Prinzen Rezzonico auf einer Reise durch Deutschland, hielt sich nach seiner Rückkehr einige Zeit im Venezianischen auf, beschäftigte sich hier mit der Malerei, der er sich von Jugend an in seinen Musestunden gewidmet hatte, und malte für die Kirche seines Geburtsorts ein Altarbild, den toten Christus mit Maria, Nikodemus und Joseph, oben Gott Väter in einer Glorie darstellend. Hierauf ging er nach Rom und führte hier seinen Perseus mit dem Haupte der Medusa aus (vom Papst Pius VII. gekauft), eine Statue, die Canova's Ruhm mehr als alle vorhergehenden Werke erhöhte und verbreitete, und während der Zeit, wo der Apoll von Belvedere entführt war, auf dessen Platz und Fußgestell stand. Diese Arbeit ist eine Nachahmung des Apollo, jedoch ohne tiefere Bedeutung, ohne Einheit und bestimmten Charakter, aber von ungemeiner Schönheit im Einzelnen, sowohl in den Formen als in der meisterhaften zarten Behandlung. Kurze Zeit, nachdem er von Papst Pius VII. zum Oberaufseher aller römischen Kunstwerke und aller Kunstunternehmungen im ganzen Kirchenstaate ernannt worden war, wurde er 1802 von Napoleon nach Paris berufen, um das Modell zu einer kolossalen Bildsäule desselben zu fertigen. Er stellte ihn unbekleidet als lorbeerbekränzten Gott, in der Rechten die Viktoria auf der Weltkugel, in der Linken das Szepter, dar, und wusste im Kopf die Züge ebenso charaktervoll aufzufassen, als denselben überhaupt im antiken Heldensinne zu idealisieren. Die Statue wurde in Erz gegossen und in Marmor ausgeführt; die erzene befindet sich im Keller des Palazzo di Brera zu Mailand, die marmorne war im Besitz des Herzog von Wellington in Apsleyhouse zu London. Sie ist in den Formen etwas plump und schwer, und der Kopf in den Verhältnissen etwas zu klein. Bald nachher begann er auch die Statue der Mutter Napoleons in einer Nachahmung der Agrippina im Kapitol (im Jahr 1819 um die Summe von 36,000 Francs in den Besitz des Herzogs von Devonshire gekommen). Die ganze Auffassung dieser trefflichen Figur ist ungleich einfacher und bequemer, als dies meist bei Canovas Werken der Fall ist. Der Kopf, von naturwahrem Charakter und gutartig verständigem Ausdruck, ist, wie alles Andere, mit dem größten Fleiß vollendet.
Nach Napoleons Sturz forderte Canova 1815 im Auftrage des Papstes die aus Rom entführten Kunstwerke zurück, ging dann nach London, wo er mit Enthusiasmus aufgenommen wurde, und kehrte 1816 nach Rom zurück, wo Pius VII. ihn durch Eintragung seines Namens in das goldene Buch des Kapitols auszeichnete, ihn in einem eigenhändigen Sendschreiben für „hochverdient um die Stadt Rom" erklärte und ihn zum Marchese von Ischia mit einem jährlichen Einkommen von 3000 Scudi ernannte. Trotz dieser ihm zu Teil gewordenen Ehren brachte er die letzten Jahre seines Lebens nicht in Rom zu. Unter anderen Arbeiten hatte er nämlich nach seiner Rückkehr eine Statue der Religion in kolossaler Große mit Kreuz und Schild, auf welch letzterem die Apostel Petrus und Paulus im Relief angebracht waren, gefertigt und dieselbe dem Papst als einen Beweis seiner unbegrenzten Ehrfurcht und Dankbarkeit angeboten, um sie in einer der größten Kirchen Roms aufzustellen. Allein die Kardinale waren dagegen. Empört über solche Behandlung, verkaufte er alle seine liegenden Güter im römischen Gebiete, kehrte in seine Heimath zurück und ließ liier in seinem Geburtsorte durch den Architekten Selva einen großartigen Tempel bauen, in welchem nunmehr die Statue der Religion aufgestellt werden sollte. Den Hauptaltar wollte er überdies noch mit der Marmorgruppe einer Pietà zieren, allein Canova hinterließ nur das Gipsmodell, wie er auch die Vollendung der Kirche selbst nicht mehr erlebte. Seine sterblichen Überreste ruhen darin begraben. Zu Venedig, wo er in den letzten Zeiten mit seinem Bruder, dem berühmten Abbe Canova, in innigster Eintracht gelebt und gestorben, wurde ihm 1827 in der Kirche Santa Maria dei Frari ein von Fabris, Ferrari, Rinaldi, Zandomeneghi und Jacopo de' Martini ausgeführtes Ehrendenkmal errichtet. Das Denkmal, welches Leo XII. Canova zu Ehren in der kapitolinischen Bibliothek setzen ließ, wurde im Jahr 1833 enthüllt. Seine rechte Hand schenkte sein Bruder der Akademie der schönen Künste zu Venedig, woselbst sie in einer Urne aufbewahrt wird.
Canova wurden schon bei Lebzeiten, außer den erwähnten Auszeichnungen, alle Ehren, alle Dekorationen, alle Titel, alle Einkünfte, die sich der Ehrgeiz eines Künstlers von der Freigebigkeit der Fürsten nur wünschen kann, zu Teil. Er war zum Marchese, zum Ritter vom goldenen Sporn, zum Fürsten der Akademie von San Luca, zum Präsidenten oder Mitglied von zwanzig Akademien ernannt worden. Man hat Medaillen zu seiner Ehre geschlagen und eine Menge Städte haben ihm ihr Bürgerrecht geschenkt. Er hat vom Prinz-Regenten von England eine mit Brillanten reich besetzte goldene Dose, andere Gnadengeschenke von allen Mächten des Nordens erhalten. Wenn er aber auch diese Erfolge zum Teil dem Umstände zu verdanken haben mochte, dass er keinem Menschen die Ehren seines Meiseis verweigerte: Usurpatoren, wie legitimen Majestäten, und Murat, König Ferdinand IV. (in den Studj zu Neapel), die Erzherzoge von Florenz, den Vizekönig von Italien, den Prinz-Regenten von England, die letzten Stuarte, Madame Lätitia, eine Tochter Marien Theresiens, den Papst und Napoleon u.s.w., alle die Gestalten, die am politischen Horizont vorüberzogen, gemütsruhig darstellte, so darf ebenfalls nicht verschwiegen werden, dass er einen großen Teil seines Reichtums auf die Unterstützung des Unglücks und auf die Aufmunterung der Künste verwandte. Er verschaffte in Rom einer betrechtlichen Anzahl von Familien Unterhalt, schenkte bestimmte Summen alljährlich den Hospitälern, ließ einen Teil seiner glänzenden Einkünfte den Zöglingen der Akademie zufließen, stiftete Preise, setzte Summen für gewisse archäologische Stiftungen aus, und dürftige Künstler erfreuten sich in seiner Person eines freigebigen Beschützers und Trösters.