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Logik

Logik (gr. logikê sc. technê v. logos = Denken) heißt die Wissenschaft von den Gesetzen des Denkens. Sie scheidet sich von den Einzelwissenschaften ab und stellt sich über diese. Von der ihr beigeordneten Psychologie unterscheidet sich die Logik dadurch, daß jene die Naturgesetze unserer Geistestätigkeit aufsucht, diese dagegen die Normalgesetze derselben aufstellt. Jene nimmt also die geistigen Prozesse, wie sie sind, diese bestimmt, wie sie sein müssen, um zu richtiger Erkenntnis zu führen. Die logischen Gesetze stehen in ihrem Wesen und Werte etwa in der Mitte zwischen den Naturgesetzen und denen der Moral; während die ersteren der Ausdruck für ein stetiges Geschehen sind und die letzteren eine Verpflichtung, eine Forderung enthalten, sind die logischen Gesetze soweit einerseits Gesetze des Wirklichen, als alle normalen Menschen gleichmäßig denken, soweit andrerseits bloße Forderungen, als jeder einzelne Mensch durch subjektive Gefühle, Vorurteile und Interessen beeinflußt wird und sich zu logischem Denken erst anhalten und erziehen muß. Zu den anderen Wissenschaften steht die Logik im Verhältnis der Überordnung. Denn sie begründet die Methoden, die jene anzuwenden haben; sie bestimmt allgemein den Prozeß des Erkennens, den jene im einzelnen verfolgen, jede auf ihrem besonderen Gebiete der Anwendung. Während es die Einzelwissenschaften mit der Erkenntnis eines bestimmten materialen Objektes zu tun haben, berücksichtigt die Logik nur die allgemeinen Gesetze des Erkennens. Jene suchen Wahrheit, diese Richtigkeit des Denkprozesses. So ist die Logik die Wissenschaft vom Wissen. Ihr Ziel ist, zu zeigen, wie das richtige Denken zustande kommt, wodurch es gehemmt oder gefördert wird. Ihr Nutzen ist nicht unbedeutend. Was die Mathematik für die Naturerkenntnis, das leistet die Logik für jede Erkenntnis. Man lernt durch sie Begriffe, Urteile und Schlüsse richtig bilden, seine eigenen Behauptungen beweisen, die des Gegners widerlegen; man unterscheidet mit ihrer Hilfe leichter Wahrheit und Irrtum, erkennt die Schwächen im Räsonnement oder lernt sich selbst vor Beweisfehlern zu hüten. Aber überschätzt darf der Wert der Logik auch nicht werden. Ihre Allgemeinheit, ihr formaler Charakter und ihr Mangel an Erfindungsgeist bilden ihre Schranke, und für den geistig regen Menschen, der den Reichtum der Erfahrung liebt, hat sie oft etwas Abschreckendes, während sie manchem hohlen Geist Krücken und Paradeuniform leiht. Die Logik heißt auch Dialektik, Kunst der Unterredung (s. d. W.). Unter diesem Namen wurde sie von den Sophisten, Megarikern, von Sokrates, Platon und Aristoteles, der mit Recht der Vater der formalen Logik genannt wird, geschaffen. Für die Sophisten war sie noch die Kunst zu überreden. Sokrates (469-399) schuf die Begriffe und Methoden der Definition und Induktion, die Megariker bildeten die Eristik aus, Platon (427-347) fügte die Deduktion hinzu, Aristoteles (384-322) gab die erste systematische Darstellung der Logik. (Vgl. Aristotelismus.) Die Scholastik des Mittelalters bildete die Logik des Aristoteles nur durch subtiles Ausspinnen des Einzelnen fort. In der Neuzeit schuf Bacon (1561-1626) die Theorie der induktiven Erkenntnis. Chr. Wolf (1679-1754) behandelte die Logik als Erkenntnistheorie und setzte sie in Beziehung zur Metaphysik und Psychologie. Kant (1724-1804) stellte neben die formale Logik die transzendentale, die in ihrem Wesen Erkenntnistheorie innerhalb der Grenzen der reinen Vernunft- ist. Nach-. dem er gezeigt hatte, daß der Mensch in den Gesetzen des eigenen Denkens auch die Gesetze der Erscheinungswelt habe, schrieben seine Nachfolger Fichte (1762-1814), Schelling (1775-1854) und Hegel (1770-1831) den reinen Denkformen auch inhaltliche Bedeutung zu. So ward die Logik zu einer materialen, objektiven Wissenschaft, besonders bei Hegel, der sie ganz mit der Metaphysik identifizierte. Die Hegelsche Logik ist die Wissenschaft des Universums, unter welche alle Dinge fallen, sofern sie gemäß den allgemeinen und notwendigen Gesetzen des Daseins, welche eben die Denkgesetze sein sollen, beschaffen sind. Der Begriff bewegt sich nach Hegel wesentlich in den schon von Aristoteles festgesetzten Formen des Urteils und Schlusses, aber nach „dialektischer“ Methode (s. d.). Ähnliche Theorien sind von Bardili, F. Krause, J. J. Wagner, Schleiermacher und Baader aufgestellt worden. – Dagegen betonten Fries (1773-1843), Beneke (1798-1854) und Herbart (1776-1841) die anthropologische Grundlage der Logik. In neuerer Zeit hat sich diese Richtung in Stuart Mill (1806-1873), Whewell (1794 bis 1866) und Wundt (geb. 1832) noch mehr nach der psychologischen Seite ausgebildet. Auch sind von Deutschland, England, Amerika, Italien nicht uninteressante Versuche ausgegangen, die Logik zu algebraisieren und in einen Algorithmus (s. d.) umzuwandeln (Schröder, Boole, Jevons, Peirce, Mc-Coll, Peano usw.). Eingeteilt wird die Logik in drei Teile: Elementarlehre, Methodenlehre und Erkenntnistheorie. – Vgl. C. Prantl, Gesch. d. Logik. 3. Bde. Lpz. 1855 f. F. Harms, Gesch. d. Logik. Berl. 1880. Überweg, Logik. 5. Aufl. Bonn 1882. Trendelenburg, Log. Untersuchungen. 3. Aufl. Berlin 1876. Stuart Mill, System d. dedukt. u. indukt. Logik, 1862. Lotze, Logik, 1874. W. Wundt, Logik, 1880. L. Liard, Les Logiciens Anglais Contemporains, 1878, ins Dtsch. übers, von Imelmann 1880. Kirchner, Katechism. d. Logik, 1881. Chr. Sigwart, Logik. 2. Aufl. Tübingen 1889-1893. B. Erdmann, Logik, 1892. St. Jevons, Principles of science. 2. Aufl. 1877.