25. Tageslauf und Gesundheitspflege


Wenn sie früh Morgens aufstehen, kämmen sie sich und waschen Gesicht und Hände mit kaltem Wasser; dann kauen sie Minze, Petersilie oder Fenchel und reiben sich damit die Hände; die Greise nehmen Weihrauch. Dann sprechen sie, gegen Ost gewendet, ein kurzes Gebet, ähnlich dem, das uns Christus gelehrt hat.

Dann gehen sie aus, die einen, den Greisen allerhand Beistand zu leisten, die andern, Versammlungen zu besuchen, um ihre Funktionen im Staatsdienste zu versehen. Dann geht's zum Unterricht, dann in den Tempel; darauf folgen die körperlichen Übungen; dann pflegen sie ein bischen der Ruhe im Sitzen, dann gehts zum Mahle.

Bei den Solariern gibt es kein Podagra und kein Chiragra (Fuß- und Handgicht), keinen Katarrh, kein Hüftweh, keine Kolik, keine Blähungen, denn diese Krankheiten stammen von schlechter Absonderung der Säfte und von Anschoppungen; aber die Solarier vertreiben diese Ansammlung und Stockung der Säfte, sowie Blähungen, mittels streng geregelter Leibesübungen. Blähungen und Erbrechen gelten als schimpflich, weil sie, wie die Solarier behaupten, vom Mangel an körperlicher Bewegung, von feiger Trägheit und von der Unmäßigkeit und vom Katzenjammer herrühren. Eher leiden sie an Entzündungen oder am trockenen Krampfe, dem sie durch reichliche Nahrung von gesunden, substanziellen Speisen begegnen. Gegen die Schwindsucht wenden sie lindernde Bäder, die Milchkur, Landaufenthalt in lieblicher Gegend und angenehme, mäßige Leibesübungen an.

Die Luftseuche findet unter den Solariern keinen Boden, dank ihrer Gewohnheit, sich mit Wein zu waschen, mit aromatischen Ölen abzureiben und sich hinreichend Bewegung zu machen, was die üblen Ausdünstungen in Schweiß verflüchtigt, die das Blut verderben und sogar das Mark angreifen. Die Schwindsucht ist bei ihnen wenig verbreitet, da sie Lungenkatarrhe alsbald beseitigen; auch ist ihnen jene Form des Asthmas unbekannt, die von verdickten Säften herrührt. Hitzige Fieber behandeln sie mit kaltem Wasser; eintägige mit wohlriechenden Essenzen, eingedickter Kraftbrühe, ferner durch Schlaf und heiteres Wesen; das dreitägige mit Aderlässen, Rhabarber oder einem anderen adstringierenden Mittel, sowie durch Abkochung von Wurzeln purgierender und säuerlicher Pflanzen. Sie trinken aber selten ein Purgiermittel; die viertägigen Fieber heilen sie leicht durch Einjagung eines plötzlichen Schreckens oder durch den Saft von Pflanzen, deren Wirkungen dem Fieber entgegengesetzt sind, oder die umgekehrt gerade ähnliche Wirkungen haben. Sie haben mir solche Geheimmittel auch gezeigt. Mit besonderer Sorgfalt legen sie sich auf Heilung der schleichenden Fieber, die sie mehr fürchten als alle übrigen; sie bekämpfen sie mit Heilkräutern, mit zum Himmel gerichteten Bitten und forschen eifrig in den Sternen. Fünf-, sechs- und achttägige Fieber sind bei den Solariern kaum vorhanden; ihre Säfte verdicken sich nie so sehr.

Sie gebrauchen Bäder und warme Quellen, die denen der Römer ähnlich sind; sie reiben ihren Leib mit Ölen und vielen uns unbekannten Essenzen ab, um ihn rein, gesund und kräftig zu erhalten. Mit diesen und ähnlichen Mitteln bekämpfen sie die Fallsucht (Epilepsie), von der sie oft befallen werden.

DER GROSSMEISTER. Das ist immer ein Zeichen bedeutender geistiger Begabung, denn Herkules, Sokrates, Kallimachos, Scotus und Mahomed litten an diesem Übel.

DER GENUESE. Die Solarier suchen es mit zum Himmel emporgeschickten Gebeten, sowie mit die Gehirntätigkeit anregenden Mitteln und mit Säuren zu bekämpfen. Sie geben dem Kranken dicke Kraftbrühen mit eingerührtem besten Weizenmehl zu trinken.

Auf die Kochkunst verstehen sie sich; sie würzen die Gerichte mit Muskat, Honig und stärkenden, erregenden Gewürzen; fetten Speisen geben sie einen Zusatz von Säure, damit sie nicht Ekel erwecken. Die Getränke kühlen sie nicht mit Eis, wärmen sie aber auch nicht künstlich, wie die Chinesen, denn es dünkt sie unnütz, die natürliche Körperwärme künstlich zu erhöhen; wohl aber wenden sie gegen die Überfülle von Säften gestoßenen Lauch, Essig, Thymian, Minze, Basilienkraut an, insbesondere gegen die Schlaffheit im Sommer.

Sie kennen ein Geheimmittel zur Erneuerung und Verjüngung des Lebens nach je sieben Jahren, ohne dass Gefahr damit verknüpft wäre; im Gegenteil, es ist von wunderbarer Wirkung.


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