An die Sonne


Preis dir, die du dorten heraufstrahlst, Tochter des Himmels!

Preis dem lieblichen Glanz

Deines Lächelns, der alles begrüßet und alles erfreuet!

Trüb in Schauern und Nacht

Stand begraben die prächtige Schöpfung: tot war die Schönheit

Lang dem lechzenden Blick;

Aber liebevoll stiegst du früh aus dem rosigen Schoße

Deiner Wolken empor,

Wecktest uns auf die Morgenröte; und freundlich

Schimmert' diese herfür

Über die Berg und verkündete deine süße Hervorkunft.

Schnell begann nun das Graun

Sich zu wälzen dahin in ungeheuern Gebürgen.

Dann erschienest du selbst,

Herrliche du, und verschwunden waren die neblichte Riesen!

Ach! wie Liebende nun,

Lange getrennt, liebäugelt der Himmel zur Erden, und diese

Lächelt zum Liebling empor;

Und es küssen die Wolken am Saume der Höhe die Hügel;

Süßer atmet die Luft;

Alle Fluren baden in deines Angesichts Abglanz

Sich, und es wirbelt der Chor

Des Gevögels aus der vergoldeten Grüne der Wälder

Freudenlieder hinauf;

Alle Wesen taumeln wie am Busen der Wonne:

Selig die ganze Natur!

Und dies alles, o Sonn! entquoll deiner himmlischen Liebe.

Vater der Heilgen, vergib,

O vergib mir, daß ich auf mein Angesicht falle

Und anbete dein Werk! -

Aber nun schwebet sie fort im Zug der Purpurgewölke

Über der Könige Reich,

Über die unabsehbarn Wasser, über das Weltall:

Unter ihr werden zu Staub

Alle Thronen, Moder die himmelaufschimmernden Städte;

Ach! die Erde ist selbst

Grabeshügel geworden. Sie aber bleibt in der Höhe,

Lächelt der Mörderin Zeit

Und erfüllet ihr großes Geschäft, erleuchtet die Sphären.

O besuche noch lang,

Herrlichstes Fürbild der Edeln! mit mildem, freundlichem Blicke

Unsre Wohnung, bis einst

Vor dem Schelten des Ewigen sinken die Sterne

Und du selbsten erbleichst.


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Seite zuletzt aktualisiert: 06.07.2006 
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