Die Identitätsphilosophie (s. d.) betrachtet das Psychische als »Innensein« der Dinge. FECHNER: »Was dir auf innerem Standpunkt als dein Geist er scheint, der du selbst Geist bist, erscheint auf äußerem Standpunkt dagegen als dieses Geistes körperliche Unterlage« (Elem. d. Psychophys. I, 4. II, 526. Tagesans. S. 251 u. ö.). Ähnlich lehren H. SPENCER (vgl. Psychol. I, § 177), TAINE, FR. SCHULTZE (Philos. d. Nat. II, 346: psychisch und physisch - »nur zwei verschiedene Ausdrücke für dieselbe eine Bewußtseinswelt«), HÖFFDING (Psychol. C. 2, § 8), JODL (Lehrb. d. Psychol. S. 57, 74), WUNDT (Grdz. d. physiol. Psych. II4, Schluß). Das Psychische ist nicht ein eigenes Seinsgebiet neben dem Physischen, sondern es ist das subjektive der einen, einheitlichen Erfahrung (s. d.) in seiner Unmittelbarkeit, der Erfahrungsinhalt in seiner Abhängigkeit vom BewußtseinsSubjekt. Auch RIEHL vertritt die Identitätslehre (Philos. Krit. II 2, 24). »Das psychische Geschehen ist das nicht-energetische Geschehen in der Natur« (Zur Einf. in d. Philos. S. 158, gegen OSTWALD). Vgl. FOUILLÉE, Ps. d. id.-forc.
Auf einen Unterschied bloß der Betrachtungsweisen führen den Unterschied von psychisch und physisch mehrere Philosophen zurück, die teilweise zugleich die »Abhängigkeit« (s. d.) der psychischen von der physischen Reihe betonen. Nach LIPPS ist psychisch und physisch ein »Gegensatz der Betrachtungsweisen«. »Derselbe Ton ist ein physisches und ein psychisches Phänomen« (Gr. d. Log. S. 13. vgl. Zeitschr. f. Psychol. 25. Bd., S. 161 ff.). - Nach R. AVENARIUS ist die prinzipielle Unterscheidung eines Physischen und eines Psychischen ein Truggebilde der »Introjektion« (s. d.). »Die ›volle Erfahrung‹ ist erhaben über den Dualismus von Physischem und Psychischem« (Vierteljahrsschr. f. wissenschaftl. Philos. 19. Bd., S. 15). Das Psychische ist nichts als das »amechanische«, »mehr-als-mechanische« Bedeutung habende Geschehen (l. c. S. 4. Weltbegr. S. 26ff.). Psychisch ist eine Erfahrung nur insofern, als sie von einer bestimmten Änderung des »System C« (s. d.) »abhängig« (s. d.) ist (Viertelj. S. 16 f.). ohne diese Relation ist sie physisch (vgl. relativ). So auch R. WILLY, CARSTANJEN, J. KODIS, W. HEINRICH u. a. - Nach KÜLPE ist die Eigenschaft des Psychischen »die Abhängigkeit der Erlebnisse von erlebenden Individuen« (Gr. d. Psychol. S. 2. vgl. Psychologie). - E. MACH bestreitet jede Wesensverschiedenheit zwischen Physischem und Psychischem (Anal. d. Empfind.4, S. V). Die »Empfindungen« sind die gemeinsamen »Elemente« (s. d.) der physischen und psychischen Erlebnisse, die lediglich in der verschiedenen Art der Verbindung dieser Elemente, in deren Abhängigkeit voneinander bestehen (ib.). »Psychisch« sind Elemente in ihrer Abhängigkeit von den Elementen des eigenen Leibes (l. c. S. 12 ff.). »In der sinnlichen Sphäre meines Bewußtseins ist jedes Objekt zugleich physisch und psychisch« (l. c. S. 36). - Die Immanenzphilosophie (s. d.) verlegt den Unterschied des Psychischen und Physischen in das Bewußtsein selbst. Monistisch lehrt auch J. SOCOLIU, Grundprobl. d. Philos. S. 39 ff. - L. DILLES erklärt: »Psychisch nennen wir das, was nicht in der äußeren Erfahrung vorkommt, was wir nicht in unsere Raumesvorstellung verlegen, obwohl dasjenige, was wir dahin verlegen, das von uns danach physisch Genannte, ebensosehr nur psychisch ist« (Weg zur Met. E3. 154). MÜNSTERBERG bestimmt (wie die Neokantianer u. a., s. d.) das Physische als »das für mehrere aktuelle Subjekte gemeinsam gültige Objekt« des Bewußtseins überhaupt (Grdz. d. Psychol. I, 74). Gegenüber dem ausgedehnten Physischen ist das Psychische das Unräumliche (l. c. S. 69). »In dem vorgefundenen Objekt nennen wir psychisch, was nur einem Subjekt erfahrbar ist, physisch, was mehreren Subjekten gemeinsam erfahrbar gedacht werden kann« (l. c. S. 72). Das Psychische ist nichts Wirkliches, sondern ein »Abstraktionsprodukt«, ein Begriffliches (l. c. S. 57, 391), es ist vom Subjekt losgelöst, ist nicht das wahrhaft wirkliche Geistige (s. d.), sondern ein abstraktes, künstliches, inkausales, vom Physischen abhängiges Gebilde (s. Kausalität). - Nach R. GOLDSCHEID (wie nach SCHUBERT-SOLDERN, ZIEHEN u. a.) kam Psychisches nicht aus Physischem erklärt werden (Zur Eth. d. Gesamtwill. I, 10). Das Psychische ist uns gegeben »als Bewußtseinstätigkeit, gebunden an einen Bewußtseinsinhalt«. »Wir können also die Bewußtseinstätigkeit nicht anders erklären als auf Grund des Bewußtseinsinhaltes, den Bewußtseinsinhalt nicht anders als auf Grund der Bewußtseinstätigkeit« (l. c. S. 11). Das Psychische können wir allerdings nicht an sich vom Physischen ableiten, das erst durch unsere Psyche für uns existiert, empirisch aber »Psychisches nur aus Physischem, Physisches nur aus Psychischem herleiten, resp. correcter Psychisches nur aus Psychophysischem und umgekehrt« (l. c. S. 11 f., 16). - Daß auch das Psychische als solches nicht »gegeben« ist, betont P. STERN (Probl. d. Gegebenh. S. 23 u. ff.).
Die biologische (s. d.) Bedeutung der psychischen Vorgänge betonen NIETZSCHE (s. Bewußtsein), G. SIMMEL, O. SCHNEIDER: »Alle psychischen Erscheinungen... sind nur besondere Mittel zur Arterhaltung« (Menschl. Wille S. 39), JERUSALEM (Lehrb. d. Psychol.3, S. 4), UNOLD (Gr. d. Eth. S. 63 f.) u. a. - M. PALÁGYI betont: »Nicht das macht die vitalen Erscheinungen zu psychischen Erscheinungen, daß sie bloß in der Zeit und nicht auch im Raume wären. erst dadurch sind Erscheinungen psychisch, daß die vitalen Vorgänge (die raumzeitlich sind) einen ewigen, also außerräumlichen und außerzeitlichen Sinn enthalten« (Log. auf d. Scheidewege S. 297 f.). Vgl. Seele, Geistig, Identitätslehre, Parallelismus u.s.w.