Intellektualistische Psychologie - Herbart

Gegen die Vermögenspsychologie wendet sich HERBART mit seiner metaphysisch fundierten, intellektualistischen, die Seele (s. d.) als einfaches, sich selbst erhaltendes Wesen auffassenden Psychologie, auf die er Mathematik anwendet (Statik und Mechanik der Vorstellungen, s. d.). Die Psychologie geht aus der allgemeinen Metaphysik hervor (Lehr. zur Einl.5, S. 67. Lehrb. zur Psychol. S. 1). Sie überschreitet, als »Ergänzung der innerlich wahrgenommenen Tatsachen«, notwendig die Erfahrung (Psychol. als Wiss. I, § 11, 14). »Die Psychologie hat einige Ähnlichkeit mit der Physiologie: wie diese den Leib aus Fibern, so konstruiert sie den Geist aus Vorstellungsreihen« (l. c. S. 180). Sie ist »die Lehre von den innern Zuständen einfacher Wesen« (Encykl. S. 240). Ähnlich lehren: STIEDENROTH (Psychol.), SCHILLING (Lehrb. d. Psychol.), nach welchem die Psychologie »das geistige Leben nach seiner Beschaffenheit und Gesetzmäßigkeit und nach seinen Gründen« zu erforschen hat (l. c. S. 3). DROBISCH (Empir. Psychol.), WAITZ, nach welchem die Aufgabe der Psychologie besteht in der »Darstellung des notwendigen Entwicklungsganges, den die Weltansicht des natürlichen Menschen nimmt und nehmen muß« (Psychol. S. 12). VOLKMANN. nach ihm ist die Psychologie »jene Wissenschaft, welche sich die Aufgabe stellt, die allgemeinen Klassen der psychischen Phänomene aus den empirisch gegebenen Vorstellungen und dem spekulativen Begriffe der Vorstellung nach den allgemeinen Gesetzen des Vorstellungslebens zu erklären« (Lehrb. d. Psychol. I4, 33). DRBAL (Empir. Psychol.), LINDNER (Empir. Psychol.) u. a. - Hier sind auch STEINTHAL (Einleit. in d. Psychol.) und LAZARUS (Leb. d. Seel. I2, S. VI ff.), die Begründer der Völkerpsychologie (s. d., vgl. A. BASTIANS Schriften) zu nennen.

An Stelle der Seelenvermögen setzt BENEKE die »Angelegtheiten« (s. d.) und »Grundprozesse« (s. Prozess). Die Psychologie ist »ganz nach der Methode der übrigen Naturwissenschaften zu behandeln« (Lehrb. d. Psychol.3, § 12). »Gegenstand der Psychologie ist alles, was wir durch die innere Wahrnehmung und Empfindung auffassen« (l. c. § 1). Noch halbspekulativ sind die Psychologien von L. GEORGE (Lehrb. d. Psychol.), ULRICI (Leib u. Seele), FORTLAGE (Syst. d. Psychol.), J. H. FICHTE (Anthropol., Psychol.). die Psychologie besteht »in der durchgeführten, bis auf den Grund des eigenen Wesens vordringenden ›Selbsterkenntnis‹ des Geistes« (Psychol. I, 714). E. v. HARTMANN, der seine Psychologie auf das Unbewußte (s. d.) gründet. »Wissenschaft wird die Psychologie erst dann, wenn sie zur Feststellung gesetzmäßiger Zusammenhänge fortschreitet, also über die Erfahrung zu Hypothesen fortschreitet, durch welche die Erfahrung erklärt wird. Hier läßt die Beschreibung völlig im Stich. denn Zusammenhänge werden niemals erfahren, sondern immer nur durch Ausdeutung des Erfahrenen hinzugedacht. Erlebt werden allerdings diese Zusammenhänge, aber nur unbewußt indem die eigene unbewußt psychische Tätigkeit es ist, die sie unbewußt setzt« (Mod. Psychol. S. 23). Die Psychologie ist diejenige Wissenschaft, »welche die gesetzmäßige Abhängigkeit der bewußt psychischen Phänomene von dem jenseits des Bewußtseins Belegenen untersucht« (l. c. S. 25). »Die Psychologie ist wesentlich die Wissenschaft, welche die Ursachen und Gesetze für die Entstehung des Bewußtseins nach Form und Inhalt und für die Veränderungen des Bewußtseinsinhalts aufsucht« (l. c. S. 30. vgl. S. 453 ff.). - In anderer Weise, empirischer, betont das Unbewußte (s. d) LIPPS, nach welchem die Psychologie »die Wissenschaft von dem Getriebe des seelischen Lebens überhaupt, seinen Elementen und allgemeinen Gesetzen« ist (Grundtats. d. Seelenleb. S. 4).


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