A priori (vom Früheren): im vorhinein, vor der Erfahrung, unabhängig von der Erfahrung, selbstgewiß, absolut denknotwendig und allgemeingültig, nicht erst durch Erfahrungen, durch Induktionen aus dieser bedingt, sondern im Gegenteil die möglichen Erfahrungen schon formal im vorhinein, für alle Fälle bedingend, bestimmend, konstituierend. Das a priori der Erkenntnis ist in der allgemeinen synthetischen Natur des Bewußtseins, der Ichheit begründet, es entsteht erst in und mit der Erfahrung, stammt aber nicht aus dem Erfahrungsstoffe, sondern kommt zu diesem als dessen allgemeine, notwendige Form erst hinzu, nicht ohne durch die Erfahrungsinhalte selbst spezifiziert und motiviert in der Anwendung zu sein. Das a priori der Erkenntnis ist als solches subjektiv, setzt aber Objektivität der Bewußtseinsinhalte. Es ist nicht »angeboren«, beruht aber psychophysisch auf ursprünglichen Dispositionen (s. d.). Apriorisch sind nicht Begriffe als solche, sondern synthetische Funktionen und Funktionsnotwendigkeiten. Logisch apriorisch sind die Anschauungsformen (s. d.), die Kategorien (s. d.) und die unmittelbar auf diese sich stützenden Grundsätze (Axiome, s. d.) des Denkens.
Nachtrag: A priori: vgl. THOMAS, »prior in ordine naturae« - »prior quoad nos« (Sum. th. I, 7, 4c). Nach TEICHMÜLLER enthält jede empirische Erkenntnis apriorische Elemente (Neue Grundleg. S. 278). Nach HARMS entstehen die apriorischen Formen ursprünglich mit der Erfahrung (Log. S. 67 ff., 98 ff). O. LIEBMANN betont: »Apriorität ist nicht psychologische Subjektivität« (Anal. d. Wirkl.2, S. 97). »A priori ist nichts anderes, als das für uns und für jede homogene Intelligenz, streng Allgemeine und Notwendige, das Nichtanderszudenkende« (l. c. S. 98 ff.). Nach K. FISCHER kommt Kant zum a priori nicht durch Erfahrung, wie FRIES, APELT, J. B. MEYER u. a. meinen, nach LIEBMANN findet Kant das Apriori durch regressive Schlüsse (Anal. d. Wirkl.2, S. 237). Als Form, Disposition faßt das Apriori FR. SCHULTZE auf. es wird empirisch entdeckt (Philos. d. Naturwiss. II, 21 ff.. vgl. Rationalismus. vgl. P. CARUS, Met. S. 4 f.. Primer of Philos. p. 77). Nach H. COHEN sind die apriorischen Elemente Bedingungen, aus deren Geltung die wissenschaftliche Erkenntnis sich deduzieren läßt (Princ. d. Infin. S. 128). Für F. MAUTHNER ist das Apriori etwas Relatives. die Sprache ist, als Gedächtnis der Menschengattung, das relative Apriori (Sprachkrit. I, 305). Vgl. J. BERGMANN, Met. S. 483 ff.. STEUDEL, Philos. I 1, S. 229 ff.. F. STAUDINGER, Identität u. Apriori, Viertelj. f. w. Ph. XIII, 51 ff., 221 ff., 289 ff.: JANET, Princ. de mét. II, 661 ff.. KROELL, Die Seele, S. 42 f.