HAGEMANN bestimmt: »Das mathematisch Unendliche ist eine Größe, die keine Grenzen hat, also entweder eine unendliche Zahl oder eine unendliche Ausdehnung. Eine solche Größe aber kann niemals in Wirklichkeit existieren, weil Zahl und Ausdehnung immer größer gedacht werden, also niemals unendlich groß sein können. Also ist das mathematisch Unendliche nur in unseren Gedanken real. das Wirkliche, welches ihm entspricht, ist endlich und begrenzt, aber der Möglichkeit nach unendlich, weil es ohne Ende vergrößert werden kann und durch stete Zunahme seine Grenzen immer weiter gerückt werden. Daher ist das mathematisch Unendliche nur das Unendliche der Möglichkeit nach (infinitum potentia oder infinitum, auch das synkategorematisch Unendliche genannt).« »Das metaphysisch Unendliche ist das im Sein schrankenlose Wesen, welches als solches reine Wirklichkeit, die Fülle des Seins oder schlechthin vollkommen ist« (Met.2, S. 35). Den Begriff des Unendlichen gewinnen wir »durch eine doppelte Verneinung, indem wir zunächst in dem, was wir erkennen, Schranken setzen, d.h. es als endlich auffassen, sodann die Schranken dieses Endlichen negieren« (l. c. S. 35 f.). - E. V. HARTMANN erklärt: »In der objektiv realen Sphäre gibt es weder unendliche Ausdehnung, noch unendliche Geschwindigkeit, weil es ein Widerspruch wäre, daß eine vollendete Unendlichkeit existierte. Es gibt nur die potentielle Unendlichkeit als Möglichkeit des endlosen Fortschritts und der endlosen Steigerung.« Zeit und Raum sind aktuell endlich, die Atome reell unteilbar (Kategorienlehre S. 274 f.). Zum mathematisch Unendlichen treibt die »Incommensurabilität des Discreten durch das Kontinuierliche und umgekehrt, und die Nötigung, diese Incommensurabilität wenigstens annähernd zu überwinden« (l. c. S. 275). Das Absolute hat mit Quantität nichts zu tun, ist daher auch nicht unendlich (l. c. S. 276). Gott ist weder quantitativ noch qualitativ unendlich, »weil eine vollendete Unendlichkeit ein Widerspruch und eine qualitative Unendlichkeit ein in keinem Sinne haltbarer Begriff ist«. »Qualitative Unendlichkeit ist unmöglich als unendlicher Grad einer bestimmten Qualität, weil bei unendlicher Intensitätssteigerung jede Qualität die Bestimmtheit einbüßt, in der sie besteht« (Zur Gesch. u. Begründ. d. Pessim.2, S. 311). Nach SCHNEIDEWIN ist Unendlichkeit eine subjektive Kategorie, bezieht sich auf die Möglichkeit im Denken, im Fortschreiten desselben (Die Unendl. d. Welt, so schon L. KUHLENBECK). In diesem Sinne ist der Raum unendlich (l. c. S. 91 ff.), aber er ist nicht als unendlich gegeben (l. c. S. 97). R. HAMERLING betont: »Niemals ist das Endliche aus dem Unendlichen hervorgegangen. es ist noch bis zum heutigen Tage in ihm.« »Das Unendliche existiert nirgends als im Endlichen« (Atomist. d. Will. I, 134). Nach P. CARUS ist es das unerreichbare Ideal des Unendlichkeitsbegriffes, die Unendlichkeit zu erfassen. er ist nicht falsch, wohl aber immer unvollkommen (Metaphys. S. 31). Nach O. LIEBMANN hieße, die Zeit fängt an, so viel wie: in diesem Zeitpunkt ist die Zeit da, während sie in dem vorangehenden noch nicht da war. Da dies sinnlos ist, so ist die Zeit a priori anfangslos und, aus analogen Gründen, auch endlos (Anal. d. Wirkl.2, S. 396). RABIER unterscheidet: »L'infini, c'est ce qui est actuellement sans limites: par exemple, l'espace. L'indéfini, c'est ce qui est actuellement limité, mais dont l'accroissement possible est illimité: par exemple le nombre« (Psychol. p. 457). Nach FOUILLÉE ist das Unendliche »une grandeur sans limites« (Psychol. d. id.-forc. II, 197. vgl. JANET, Princ. de mét. II, 83 ff.). - Nach H. CORNELIUS verschwindet der Widerspruch der »Antinomien« betreffs des Unendlichen, sobald wir »uns darüber klar bleiben, daß u' in dem Begriffe der Welt nur eine Zusammenfassung unserer Erfahrungen besitzen, daß also auch das Dasein der Welt niemals weiter reicht, als die Einordnung unserer Erfahrungen unter die Kategorien unseres Denkens«. Es tritt »an die Stelle des positiven Unendlichkeitsbegriffes der rein negative Begriff der Unbegrenztheit im Fortgange unserer Erfahrungen«. »Die Welt ist zeitlich und räumlich nicht als positiv unendlich gegeben, sondern sie ist nur die zeitliche und räumliche Mannigfaltigkeit unserer Erfahrungen, innerhalb deren dem Fortschreiten unserer Erfahrung und unseres Vorstellens nirgends eine Grenze gesetzt ist.« -