WUNDT unterscheidet das »Infinite« und das »Transfinite« (vgl. G. CANTOR, Grundleg. ein. allgem. Mannigfaltigkeitslehre 1883, S. 13). Ersteres bedeutet das Endlose, die unvollendbare Unendlichkeit, letzteres die vollendete Unendlichkeit, das Überendliche, »was alle Grenzen meßbarer Größen überschreitet«. Der absolute Unendlichkeitsbegriff kann »nur in der Form eines von den erzeugenden Operationen völlig abstrahierenden Postulates gedacht werden«. Die unendliche Totalität ist nie erreichbar, sie kann nur als der letzte Grund der unbegrenzten Synthesis festgehalten werden (Log. II2 1, 153, 461 f.. Ess. 3, S. 70. Syst. d. Philos.2, S. 340 ff.). Der quantitative Unendlichkeitsbegriff entspringt aus dem Denknotwendigkeit, vor jeden Anfang der Zeit noch einmal die Zeit, hinter jede Grenze des Raumes abermals den Raum zu setzen, und dies ist wieder in der Konstanz der Anschauungsformen (s. d.) begründet. Wir müssen die Welt logisch als ein unendlich Werdendes denken. »Da Zeit und Raum konstante Bestandteile aller Erfahrung sind, so kann auch unser Denken in der Verknüpfung der Erfahrungen niemals von ihnen abstrahieren. Wollten wir aber eine Grenze von Raum und Zeit voraussetzen, so würde darin zugleich die begriffliche Funktion einer Zeitund raumlosen Erfahrung oder die Forderung eines Denkens von unvorstellbarem Inhalt gegeben sein« (Ess. 3, S. 62 ff.. Log. II2 1, 463). Die Unendlichkeit der Zeit ist ein begriffliches Postulat, keine vollziehbare Vorstellung (l. c. I2, 486 f.). Bei den Begriffen Materie und Naturkausalität liegt die Möglichkeit vor, relative Grenzpunkte zu finden, über die das Denken aber immer wieder hinaus zu gehen strebt. Wegen der (vielleicht nur vorläufigen) Schwierigkeit, diese Art von Unendlichkeit auszudenken, läßt sich annehmen, - daß »die Dichtigkeit der Materie von einem bestimmten Punkte an allmählich ins unendliche abnehme«. »Die einfachste Voraussetzung würde hier die Abnahme nach dem Verhältnis einer convergierenden unendlichen Reihe sein, so daß zwar die Ausdehnung der Materie unendlich, ihre Masse aber endlich bliebe.« Auch die kausale Veränderung kann als begrenzt gedacht werden, indem die Bewegung der Materie lange Zeit hindurch in einem bloßen Oscillieren der Teilchen um die nämlichen Gleichgewichtslagen bestanden haben kann (Syst. d. Philos.2, S. 356 ff.. Log. II2 1, 466 f.. Ess. 3, S. 82. Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. I, 80 f.. Philos. Stud. II, 537). SCHUPPE erklärt: »Wenn jedes Gegebenen räumliche und zeitliche Bestimmtheit eo ipso Nachbarräume und Nachbarzeiten setzt, so liegt es schon daran, daß nirgend Halt gemacht werden, niemals eine Raumund Zeitgrenze gedacht werden kann, hinter welcher die Raum- und Zeitlosigkeit begänne. Denn die Grenze fällt eben immer in den Raum und in die Zeit, und deshalb ist Begrenztheit des Raumes und der Zeit Überhaupt ein Unding.« »Die Unendlichkeit als gegebene Größe zu denken, ist durch obiges noch nicht verlangt. Denn zur gegebenen Größe gehört die Wahrnehmbarkeit« (Log. B. 83 f.).