SCHELLING erklärt: »Wenn... Begriff und Objekt ursprünglich so übereinstimmen, daß in keinem von beiden mehr oder weniger ist als im andern, so ist eine Trennung beider schlechthin unbegreiflich, ohne eine besondere Handlung, durch welche sich beide im Bewußtsein entgegengesetzt werden. Eine solche Handlung ist die, welche durch das Wort ›Urteil‹ sehr expressiv bezeichnet wird, indem durch dasselbe zuerst getrennt wird, was bis jetzt unzertrennlich vereinigt war, der Begriff und die Anschauung. Denn im Urteil wird nicht etwa Begriff mit Begriff, sondern es werden Begriffe mit Anschauungen verglichen. Das Prädikat ist an sich vom Subjekt nicht verschieden, denn es wird ja eben, im Urteil, eine Identität beider gesetzt« (Syst. d. transcend. Ideal., S. 281). Nach LICHTENFELS ist das Urteil »eine Teilung, welche hinsichtlich ihrer Unmittelbarkeit ›ursprünglich‹ ist« (Gr. d. Psychol. S. 121 f.). Nach HEGEL ist das Urteil »der Begriff, in seiner Besonderheit, als unterscheidende Beziehung seiner Momente, die als für sich seiende und zugleich mit sich, nicht miteinander identische gesetzt sind«. »Die etymologische Bedeutung des Urteils... drückt die Einheit des Begriffs als das erste und dessen Unterscheidung als die ursprüngliche Teilung aus, was das Urteil in Wahrheit ist« (Encykl. § 166). Das ist nämlich »die Direktion des Begriffs durch sich selbst« (Log. III, 68). Die Dinge selbst sind ein Urteil, »d.h. sie sind einzelne, welche eine Allgemeinheit oder eine innere Natur in sich sind. oder ein Allgemeines, das vereinzelt ist. die Allgemeinheit, und Einzelheit unterscheidet sich in ihnen, aber ist zugleich identisch«. Das Urteil ist objektiv (Encykl. § 167). Es ist nicht jeder Satz (s. d.) ein Urteil (l. c. § 167: der Satz sagt nur einzelnes vom Subjekt aus). Das Urteil ist nichts als der »bestimmte Begriff« (l. c. § 171). Zu unterscheiden sind das qualitative, Reflexions-, Notwendigkeits-, Begriffsurteil (l. c. §172 ff.. Log. III, 74 f.). »Der Begriff urteilt. das Allgemeine, der Begriff geht in Scheidung, Diremtion über« (WW. XI, 58). K. ROSENKRANZ erklärt: »Die Beziehung der Momente des Begriffs aufeinander ist die Teilung desselben: das Urteil.« »Der Begriff bestimmt ein Moment durch das andere« (Syst. d. Wissensch. § 194 ff.). Es gibt Urteile der Inhärenz, der Subsumtion, der Relation und modale Urteile (l. c. § 201 ff.). Ähnlich bestimmt das Urteil H. F. W. HINRICHS (Grundlin. d. Philos. d. Log. S. 91 ff.). - Nach J. J. WAGNER ist das Urteil die »Vereinigung oder Trennung von Merkmalen in dem Gegensatze der Sach- und Formvorstellungen« d.h. von Subjekt und Prädikat (Organ. d. menschl. Erk. S. 155). Im Urteil wird das Objekt begriffen (ib.). Nach SUABEDISSEN urteilt man, »so oft man etwas im Denken unterscheidet, d. i. als ein Verschiedenes denkt. dann, so oft man das Verhältnis eines Verschiedenen zueinander denkt«. Das Urteilen ist »eine Tätigkeit, welche teilend verbindet und verbindend teilt. Durch das Zusammenfassen des Gleichartigen und das Scheiden des Ungleichartigen tritt Ordnung in den vorher chaotischen Zustand der Vorstellungen. darum kann alles Urteilen als ein Ordnen begriffen werden.« Geurteilt wird schon »im Erzeugen der meisten Begriffe«. Das Urteilen geht wesentlich »auf das Feststellen der Gedanken« (Grdz. d. Lehre von d. Mensch. S. 116 f.).