Ideale (idea, idea, ideale) sind Musterbilder, Vollkommenheitsbegriffe, die als Ziele eines Wollens fungieren. Ein in seiner Vollkommenheit, d.h. dem Zweckwillen absolut angemessener Seinsweise vorgestelltes, gedachtes, erhofftes erstrebtes Objekt (Person, Ding, Eigenschaft, Zustand, Verhältnis, Beziehung) ist ein Ideal, ein höchstes, letztes Willensziel. Logisches Ideal ist die absolute Wahrheit, ethisches Ideal die vollkommene Sittlichkeit, ästhetische Ideale gibt es in der Vielzahl, u.s.w. Etwas im Sinne einer Idee, eines Ideals darstellen, gestalten heißt es idealisieren.
Zur Zeit KANTS versteht man unter einem Ideal (»ideale«) ein »maximum perfectionis« (De mund. sens set. II, § 9). Ideal ist nach Kant »die Idee nicht bloß in concreto, sondern in individio, d. i. als ein einzelnes, durch die Idee allein bestimmbares oder gar bestimmtes Ding« (Krit. d. r. Vern. S. 452). »Was uns ein Ideal ist, war dem Plato eine Idee des göttlichen Verstandes, ein einzelner Gegenstand in der reinen Anschauung desselben, das Vollkommenste einer jeden Art möglicher Wesen und der Urgrund aller Nachbilder in der Erscheinung« (ib.). »Diese Ideale, ob man ihnen gleich nicht objektive Realität (Existenz) zugestehen möchte, sich doch um deswillen nicht für Hirngespinste anzusehen, sondern geben ein unentbehrliches Richtmaß der Vernunft ab, die des Begriffs von dem, was zu seiner Art ganz vollständig ist, bedarf, um danach den Grad und die Mängel des Unvollständigen zu schätzen und abzumessen« (l.c. S. 453). Ideal bedeutet »die Vorstellung eines einzelnen als einer Idee adäquaten Wesens« (Krit. d. Urt. I, §17). Das Urbild des Geschmacks ist ein Ideal der Einbildungskraft, welches von der »Normalidee« des Schönen (dem Gattungsbilde) zu unterscheiden ist. Das Ideal an der menschlichen Gestalt besteht im Ausdruck der Vernunftidee, des Sittlichen (ib.). Das höchste Wesen, Gott (s. d.), bleibt in rein theoretischer, spekulativer Hinsicht »ein bloßes, aber doch fehlerfreies Ideal, ein Begriff, welcher die ganze menschliche Erkenntnis schließt und krönet, dessen objektive Realität auf diesem Wege zwar nicht bewiesen, aber auch nicht widerlegt werden kann« (Krit. d. r. Vern. S. 501). FRIES versteht unter logischem Ideal die Übereinstimmung der Erkenntnis mit dem Sein (Syst. d. Log. S. 483). Nach HEGEL ist das Ideal »die Idee als ihrem Begriff gemäß gestaltete Wirklichkeit« (Ästhet. I, 96). Nach O. LIEBMANN ist ein Ideal »der Gedanke dessen, was sein soll, was nach bekannten oder unbekannten Normalgesetzen als wertvoll erkannt und daher vom Gewissen postuliert wird« (Analys. d. Wirkl.2, S. 567). Die Ideale des Menschen »entspringen aus der geheimnisvoll-unerforschten Tiefe seines geistigen Naturells, unter Anregung der gegebenen Außenwelt« (ib.). Die sittlichen Ideale haben absoluten Wert, sind Selbstzweck (l.c. S. 568, 571). RIEHL bestimmt: »Sofern die Zwecke unserem Handeln als Musterbegriffe vorschweben, nennen wir sie Ideale« (Philos. Kritizism. II 2, 21). Als sittliches Ideal betrachtet WUNDT die Idee der Humanität (s. d.), schließlich die Idee Gottes (s. d.). Nach H. SCHWARZ sind Ideale »Gedankenbilder eines Besten, das das bezügliche Gefallen am sattesten macht« (Psychol. d. Will. S. 122). Nach R. STEINER sind Ideale »Ideen, die augenblicklich unwirksam sind, deren Verwirklichung aber gefordert wird« (Philos. d. Freih. S. 157). Vgl. Begriff.