Materie (materia, hylê) oder Stoff bedeutet zunächst, allgemein, das Korrelat zur Form (s. d.), den Inhalt derselben, das Geformte, Gestaltete, Formungsfähige in Abstraktion von seiner Form, also alles, sofern es Objekt einer Formung ist oder werden kann, allen Gehalt einer Sache, eines Begriffs, eines Urteils (s. d.), einer Erkenntnis, eines Kunstwerkes. Der absolut ungeformte Stoff ist nur eine Idee, ein abstrakter Begriff; alle konkrete Materie ist nur relativ »Stoff« von oder zu etwas, im Verhältnis zu einer höheren, aktiveren Form, einer Formung. Seit KANT unterscheidet man Form (s. d.) und Stoff des Erkennens (s. d.), der Erfahrung (s. d.). Stoff der Erfahrung ist das noch ungeordnete Chaos der Empfindungen (vgl. KANT, Krit. d. r. Vern., Transcend. Ästhet.). W. ROSENKRANTZ betrachtet (»Materie und Form« als Nebenkategorien der Hauptkategorie »Ursache und Wirkung« (Wissensch. d. Wiss. II, 201). »Soll Überhaupt etwas werden, so muß immer schon etwas vorhanden. sein, das entweder selbst etwas anderes wird, oder woran etwas anderes wird. - Da ferner die Ursache der Wirkung entgegengesetzt ist, so kann jede Ursache das, was sie wirkt, nur an einem andern wirken, was sie nicht selbst ist. - Dasjenige endlich, was dadurch an diesem andern entsteht, erscheint nur der Ursache gegenüber als Wirkung. Im Vergleiche mit dem, woraus es entsteht, erscheint es als etwas, was dieses nicht ursprünglich war, sondern wozu es von außen bestimmt wurde, sohin als Form, zu welcher das hierzu Bestimmte in seinem ursprünglichen Zustande die Materie bildete« (l.c. S. 201 f.). Nach CARNERI ist der Stoff die Identität von Geist und Materie, von Inhalt und Form
Metaphysisch bedeutet die Materie den beharrenden Träger der sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen, die Substanz (s. d.) der Körper, insofern sie räumlich-mechanisch und dynamisch begrifflich bestimmt wird. Die Materie ist nicht ein Ding unter Dingen, sondern das allen gemeinsame Substantielle im Raume und in der Bewegung. Ein Ding ist materiell, insofern es räumlich ausgedehnt, bewegt und widerstandskräftig ist. Die Materie als solche, der Stoff, ist weder ein Ding an sich noch Schein, sondern eine begriffliche Hypostase (s. d.) der Körperlichkeit der Dinge, welche dynamische und energetische (s. d.) Relationen der Dinge untereinander und auf das erkennende Subjekt darstellt. Qualitativ läßt sich die Materie in (aktive und passive, aktuelle und potentielle) Kräfte (s. d.) auflösen, im engeren Sinne ist sie der Inbegriff von Widerständen in räumlicher Form, insofern diese Sitz, Ausgangs- und Angriffspunkte von Bewegungskräften bilden. Die Konstanz der Materie bedeutet die Unzerstörbarkeit derselben, das Postulat des (naturwissenschaftlichen) Denkens, die einmal gesetzte materielle Substanz für alle Veränderung festzuhalten, ein Postulat, das durch die Erfahrung beständig als berechtigt erhärtet wird. Der Materialismus (s. d.) erblickt in der Materie die einzige oder doch eine absolute Realität ersten Ranges. In der modernen Physik besteht teilweise die Tendenz, den Begriff der Materie zu »eliminieren«, ihn durch den Begriff der Energie (s. d.) zu ersetzen. Als Gegensatz der Materie wird oft der Geist (s. d. betrachtet.
Die Materie wird bald als das Seelische einschließend, als belebt (Hylozoismus, s. d.), bald als vom Geiste schroff unterschieden betrachtet, es werden ihr bald innere Kräfte zugeschrieben, bald gilt sie als träge Masse (»rudsi indigestaque moles«), sie wird geometrisch-mechanisch und auch dynamisch bestimmt. (Sittl. u. Darw. S. 95).
Begriff und Definition der Materie:
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