Nach H. MORE besteht die Unmaterie aus gleichartigen Monaden (Enchir. met.). Bildende (plastische) Kräfte (»vires plasticae«) schreibt R. CUDWORTH der Materie zu (Syst. intell.). Nach GLISSON kommt ihr ein Streben zu (Tract. de natur. subst. energ. p. 90 f.). Dynamisch bestimmt die Materie LEIBNIZ. »Materia prima« ist die Widerstandskraft (»antitypia«), die Rezeptivität, die Kraft der Undurchdringlichkeit, eine rein passive Kraft (Erdm. p. 157, 463, 466, 691). Die »materia secunda« ist eine Erscheinung, aber ein »phaenomenon bene fundatum« (l.c. p. 725), die »verworrene« Vorstellung von geistigen Monaden (s. d.), deren Aggregat sich uns als Körper, als »substantiatum«, darstellt (vgl. Gerh. IV, 18; Nouv. Ess. IV, ch. 3). - Nach CHR. WOLF ist Materie »illud, quod determinantur in ente composito« (Ontolog. § 948). Sie ist »extensum vi inertiae praeditum« ( Cosmolog. § 141). »Dasjenige nun, was einem Körper die Ausdehnung gibt mit seiner widerstehenden Kraft, wird die Materie genennet« (Vern. Ged. I, § 607). Sie besteht aus Natur-Monaden (s. d.). RÜDIGER unterscheidet die Materie, deren Wesen die Ausdehnung bildet, von der Körperlichkeit, die in der Elasticität besteht. Die Seele (s. d.) ist materiell, aber nicht körperlich. Nach L. EULER besteht das Wesen der Materie im Trägheitswiderstand. LOCKE definiert die Materie (»matter«) als »an extended solid substance« (Elem. of nat. philos. ch. 1). Die »Materie« ist ein unklarer, problematischer Begriff, sie ist nur eine Abstraktion vom Körper, bezeichnet die überall gleiche und einförmige Dichtigkeit der Körper (Ess. III, ch. 10, § 15). Für sich allein ist die Materie passiv, unbewegt (l.c. IV, ch. 10, § 10). Als bloße Vorstellung faßt die Materie A. COLLIER auf: »All matters, which exist, exist in or dependantly on mind« (Clav. univ. p. 10). BERKELEY bestreitet die Existenz einer Materie. Sie ist nichts als der abstrakte Begriff eines Wesens (»being«) überhaupt (Princ. XVII), existiert weder außer noch in dem Bewußtsein (l.c. LXVII). Die Annahme einer Materie (»Materialismus«, s. d.) nützt nichts, die Erscheinungen der Natur sind direct durch das Wirken Gottes zu erklären (l.c. LXXII). Da alle Qualitäten (s. d.) samt Ausdehnung und Bewegung nur Vorstellungen sind, so hat die Materie keinen realen Sinn (l.c. LXXIII, LXXX). Auch HUME hält den Begriff der Materie für eine bloße Fiction (Treat. IV, sct. 3; vgl. Substanz). - BOYLE definiert die »universal matter« als »an extended, divisible and inpenetrable stubstance« (Works 1738, p. 197).
Die Materialisten (s. d.) halten die Materie, das Materielle für absolut real. Nach PRIESTLEY ist die Materie »a substance possessed of the property of extension and of powers of attraction or repulsion« (Disquls. I, Introd. p. II). HOLBACH erklärt: »La matière en général est tout ce qui affecte nos sens d'une façon quelconque« (Syst. de la nat. I, ch. 3, p. 31). »La matière est éternelle et nécessaire, mais ses combinaisons et ses formes sont passagères et contingentes« (l.c. I, ch. 6). - Nach DIDEROT ist die Materie ewig, in sich selber bestehend, sie hat (in ihren Atomen) Empfindung (Pensées sur l'interprét. de la nat. 175; Sur la matière et sur le mouvement, 1770). Nach D'ALEMBERT ist das Wesen der Materie unbekannt (Mél. T. V). ROUSSEAU nennt Materie alles, was außer uns wahrgenommen wird und was auf unsere Sinne wirkt (Emil IV). BONNET betont: »In n'existe point de matière en général; mais il existe une infinité de corps particuliers, dans lesquels nous remarquons des déterminations communes et des déterminations propres. Nous déduisons de celles-là, par la réflexion, la notion des attributs essentiels des corps, et nous donnons a la collection de ces attributs le nom de matière« (Ess. analyt., préf. p. XXVI f.).
Phänomenalistisch und dynamisch ist der Begriff der Materie bei KANT. Da alle Qualitäten (s. d.) sowie Ausdehnung und Bewegung subjektiver Natur, da ferner die Kategorien (s. d.) des Denkens apriorisch- subjektiv sind, insbesondere auch der Begriff der Substanz (s. d.), so ist die Materie kein Ding an sich (s. d.), sondern die Erscheinung eines solchen ganz in der Form unserer Anschauung und unseres Denkens, als solche aber, empirisch, objektiv real. Sie hat eine Wirklichkeit, »die nicht geschlossen werden darf, sondern unmittelbar wahrgenommen wird« (Krit. d. r. Vern. S. 314). Die Materie der Erscheinung (das Physische) bedeutet ein Etwas, das im Raume und in der Zeit angetroffen wird und der Empfindung korrespondiert (l.c. S. 555). Die Materie ist die Resultierende von Anziehungs- und Abstoßungskräften. Die Abstraktion von der Erfahrung der Undurchdringlichkeit (s. d.) bringt in uns den Begriff der Materie hervor (Träume ein. Geisterseh. I. T., 1. Hptst.). Die Materie hat »eine Kraft der Zurückstößung« (ib.). Materie ist »das Bewegliche im Raume«, »das Bewegliche, sofern es einen Raum erfüllt«, d.h. allem Beweglichen widersteht (Met. Anf. d. Naturw. S. l, 31), und zwar durch eine »besondere bewegende Kraft« (l.c. S. 33). »Die Materie erfüllet ihre Räume durch repulsive Kräfte aller ihrer Teile, d. i. durch eine ihr eigene Ausdehnungskraft, die einen bestimmten Grad hat, über den kleinere oder größere ins Unendliche können gedacht werden« (l.c. S. 36). Alle Materie ist daher ursprünglich elastisch (l.c. S. 37). »Materielle Substanz ist dasjenige im Raume, was für sich, d. i. abgesondert von allem anderen, was außer ihm im Raume existiert, beweglich ist« (l.c. S. 42; vgl. S. 106). Materie ist »das Bewegliche, sofern es, als ein solches, ein Gegenstand der Erfahrung sein kann« (l.c. S. 138). Es kann nur »eine ursprüngliche Anziehung im Conflict mit der ursprünglichen Zurückstoßung einen bestimmten Grad der Erfüllung des Raumes, mithin Materie möglich machen« (l.c. S. 70). »Bei allen Veränderungen der körperlichen Natur bleibt die Quantität der Materie im ganzen dieselbe, unvermehrt und unvermindert« (l.c. S. 116; vgl. dazu die chemischen Versuche LAVOISIERS).
Bei der Mehrzahl der philosophischen Systematiker nach Kant herrscht ein dynamischer Materie-Begriff, der vielfach zugleich phänomenologisch ist, indem die Materie als objektive oder subjektive Erscheinung, auch als Produkt immaterieller Kräfte oder Tätigkeiten betrachtet wird.