Materie - Frohschammer, Wundt

FROHSCHAMMER setzt das Wesen der Materie in die Räumlichkeit (Die Phantas. S. 230), CZOLBE in die Ausdehnung (s. d.). Nach E. DÜHRING ist die Materie der »Träger alles Wirklichen« (Log. S. 201), das »Weltmedium.« als »Inbegriff aller Regungen und Kräfte«, »ein großer Gesamtkörper, der unter sich relativ getrennte Gruppen befaßt« (ib.). Nach Lord KELVIN ist die Materie eine durch Wirbelbewegung entstehende Differenzierung des Äthers, sie besteht aus Wirbelatomen (»vortex atoms«). - MOLESCHOTT betont: »Kein Stoff ohne Kraft. Aber auch keine Kraft ohne Stoff« (Kreisl. d. Leb.4, S. 394). So auch L. BÜCHNER (Kr. u. St. S. 2). Nach Du BOIS-REYMOND sind Kraft und Materie nur Abstraktionen der Dinge ohne isolierten Bestand (Unters. üb. d. tier. Elektric. I, S. XLI). Das Wesen der Materie ist unerkennbar (l.c. I, 105 ff.). - ÜBERWEG erklärt: »Materie und Kraft - bezeichnen die zweifache Auffassung einer untrennbaren Einheit, einesteils durch die Sinneswahrnehmung, anderesteils nach der Analogie der inneren Wahrnehmung von unserer eigenen Willenskraft« (Log. S. 84). Nach Überweg sind Materie und Kraft »nur zwei verschiedene Weisen der Auffassung des nämlichen Seins«. »Materie ist sinnlich angeschaute Kraft.« »Kraft ist die nach der Analogie der innern Wahrnehmung, insbesondere der Wahrnehmung von unserem Wollen, vorgestellte Realität der erscheinenden Materie« (Welt- und Lebensansch. S. 52 f.). Nach HAGELMANN sind Kraft und Stoff nicht zu trennen. »Betrachten wir nämlich die Körper in ihren wirkungslosen Dasein als das Raumerfüllende, Beharrliche, was aus sich nicht zur Bewegung oder zur Ruhe kommt, so nennen wir dieses Stoff oder Materie. Dasjenige hingegen, was den verschiedenen Eigenschaften und Wirkungsweisen der Körper zugrunde liegt, nennen wir die Kräfte derselben« (Met.9, S. 65). ROBINET, GOETHE, L. NOIRÉ, L. GEIGER, E. HÄCKEL, BÖLSCHE, CLIFFORD, ROMANES u. a. (s. Hylozoismus) schreiben der Materie Leben, Trieb, Empfindung zu.

Nach WUNDT ist der Begriff der Materie der Niederschlag der begrifflichen Verarbeitung der äußern Erfahrung, für die allein er Gültigkeit hat; sie ist ein Hülfsbegriff zur Erledigung der naturwissenschaftlichen Aufgaben, der aus dem »Bedürfnis der Kausalerklärung stammt. Hypothetisch ist dieser Begriff insofern, als verschiedene Voraussetzungen über die Eigenschaften der Materie denkbar sind, welche Postulate der Anschauung sind.« Die Materie wird gedacht als »das Substrat der in den äußeren Anschauungen gegebenen Erscheinungen«, als »Sitz der Kräfte oder der Energien«, als System der Ausgangs- und Angriffspunkte der Kräfte. Die Materie ist die Form, unter der unser Denken die ihm gegebenen Objekte apperzipiert, begreift (Log. I2, 537 ff., 548 ff., 626 ff.; II2, 1, 327 ff.; Syst. d. Philos.2, S. 284 ff., 438, 461 ff.; Philos. Stud. II, 187, X, 11 ff., XIII, 80). »Die Materie ist ein Begriff und keine Anschauung. Die letztere hat es nur mit zusammengesetzten Körpern zu tun. Die Erscheinungen, welche an diesen sich darbieten, nötigen uns erst, jenen hypothetischen Begriff zu bilden, der den Zusammenhang der Erscheinungen deutlich machen soll« (Ess.2, S. 36). In den ursprünglichen Bedingungen der Naturerkenntnis liegt die Aufgabe, die Natur als ein System beharrender Substanzelemente zu begreifen, die nur äußere Kausalitätsverhältnisse zueinander darbieten (Syst. d. Philos.2, S. 275). Daher ist die Materie nicht zu eliminieren (ib.). An sich jedoch gibt es keine Materie als Wesen, sondern Tätigkeit, Willen (s. d.). Der Satz von der Konstanz der Materie ist ursprünglich eine Denkforderung, alle Veränderung in das Prinzip der Kausalität aufzunehmen. »Die materielle Substanz bleibt beharrlich, weil ihre Kausalität als ein bloßes Prinzipäußerer Veränderungen angenommen ist. Diese äußeren Veränderungen bestehen in räumlichen Lageänderungen, also in einem bloßen Wechsel der äußeren Relationen der Substanzelemente, wobei die Elemente selbst konstant bleiben.« Auf die äußeren Relationen der Dinge muß sich die Naturwissenschaft beschränken (Syst. d. Philos.2, S. 260 ff.; Philos. Stud. II, 182, 187 f.). UPHUES führt die Materie auf Undurchdringlichkeit zurück (Psychol. d. Erk. I, 85). Nach THOMSON und TAIT ist die Materie »that which can be perceived by the senses«, »that which can be acted upon by, or can exert force« (Natural Philos. 161). KROMAN erklärt: »Die Materie kann nicht aus nichts entstehen oder sich in nichts verwandeln. Dagegen, ist die Behauptung von dem konstanten Quantum der Materie in der Welt mit Unrecht als notwendiges Prinzip aufgestellt« (Unsere Naturerk. S. 289 ff., 296).


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